Mit dem Zug nach Kyaikto

_MG_7633 ordinary classGestern bestellt, heute gefahren. Um 7:00 morgens finde ich mich am Hauptbahnhof von Yangon ein. Reichlich abgeblätterter kolonialer Charme, die Beleuchtungsplanung stammt aus der gleichen Epoche – es ist ziemlich düster. Nach zwei Anläufen finde ich den Übergang zu den Bahnsteigen und meinen Zug: „89up“. Ich habe eine Reservierung in Wagen 2, Sitz 33. Leider haben die Burmesen eine eigene Schrift, die auch andere Ziffern hat. Da bei den meisten relevanten Bereichen die Ziffern auch wie bei uns üblich sind (wie nennen sich die denn? Nach meinem Urlaub im Oman weiß ich, dass wir von den Arabern zwar das Zählsystem mit der 0 übernommen haben, die Ziffern aber auch anders sind), habe ich die Burmesischen Ziffern nicht gerlernt. Offensichtlich sind Wagen- und Sitznummern aber nicht weiter relevant für Ausländer. Ich wende mich an einen Typen mit weißem Hemd und Namensschild. Der ist erst verwirrt, weil die Wagennummer nicht zur ‚Upper Class‘ passt, aber ich habe ‚Ordinary Class‘ gebucht. Alleine wegen der Namensgebung könnte ich mich wegschmeißen. Er nimmt mich ins Schlepptau und führt mich in einen Wagen, und dort an meinen Sitz. (Ich bin froh, dass ich mich nicht entschlossen habe, mich zu Wagen 2 mittels Vergleich mit einem 2oo Kyat Schein durchzubeißen, denn die Sitznummer sind handschriftlich in verwischter Kreide markiert, und Platz 33 von einem burmesischen Mütterchen besetzt. Der Offizielle scheucht das Mütterchen weg (auf den Gangplatz daneben) und geht meinen Gegenüber an, er möge den Karton der unser beider Fußraum blockiert in die Ablage verfrachten. Im Wagen herrscht vollständiges Tohuwabohu. Es ist noch düsterer als im restlichen Bahnhof, Leute drängeln durch den Wagen, alles diskutiert latustark, es ist gesteckt voll. Langsam gewöhnen sich meine Augen an das düstere: Die größte Drängelei und Lautstärke stammt vom Mitropa Team, hier in der Gestalt von fliegenden Händlern, die Früchte, Zeitungen, warme Speisen und eine Probiertüte Toilettenartikel anbieten. Im Wagen entdecke ich ein Europäisches Paar, wir stellen fest, dass wir das gleiche Ziel haben. Ich habe einen Fensterplatz. Um Verschmutzungen vorzubeugen, die das Fotografieren behindert hätten, hat man praktischerweise auf die Scheiben verzichtet. Der Schieberahmen ist mit einem Blech mit Lüftungsschlitzen bestückt. Anwendung wahrscheinlich bei Monsoonregen. Die Bank macht klar, woher der Begriff Holzklasse ursprünglich kommt. Mein Gegenüber versucht derzeit, den Karton auf der Ablage festzubinden. So ein Schmarrn – man muss nicht Ingenieur sein, um zu erkennen, dass der zu zwei Drittel auf der Ablage liegende Karton statisch ausreichend bestimmt ist.

Gleich ist es 7:15, dann verschwinden die fliegenden Händler, und es wird los gehen. Es geht auch los, aber fliegende Händler sind weiterhin an Bord. Ein paar springen während der atemberaubenden Beschleunigung noch ab, andere bleiben bis zur nächsten Station an Bord, wieder andere sind die ganze Fahrt dabei. Noch hat der Zug ein langsames Rangiertempo; im Bahnhofsbereich mit den ganzen Weichen ja auch sinnvoll. Tatsächlich wird er aber während der nächsten Stunde nicht schneller. Das ist auch irgendwie ganz gut so, es schaukelt abenteuerlich. Mir wird auch klar, dass es nicht reicht, wenn der Karton statisch bestimmt ist, er muss tatsächlich gegen sehr dynamische Lastwechsel gesichert sein. Mit dem Beckengurt befestige ich meinen Rucksack ebenfalls an der Ablage, nicht dass er das burmesische Mütterchen neben mir erschlägt.

Mein näheres passagiertechnisches Umfeld: Neben mir die erwähnte burmesische Oma. Gepflegt gekleidet, bietet sie mir sofort von ihren Mandarinen an. Mein Gegenüber ein ca. 50kg Krischperl der bald in Schlaf fällt. Dabei bleiben seine Augen halb geöffnet, man sieht das weiße als genialen Kontrast zur dunklen Haut. Der Mund weit offen, eine Halsentzündung oder Probleme mit den Mandeln ließen sich einfachst diagnostizieren. Vor dem Einschlafen bietet er mir aber noch seine Zeitung an. Lese ich burmesisch? Die Frau schräg gegenüber, und die Vierergruppe über den Gang gehört zusammen. Ich würde schätzen, indischer Abstammung, zwei dicke Muttis, eine kleinwüchsige erwachsene Frau und zwei Mädels so um die elf. Die bieten mir Nüsse, Maiskolben und diverse andere Lebensmittel an. Jetzt wäre eine große Packung Gummibärchen gut gewesen. Auch viele der anderen Mitreisenden muten eher indisch an, als die ursprünglich aus dem mongolischen stammenden Burmesen (Bamar Volk ist glaube ich am präzisesten). Einige starren mich unentwegt an, Kinder sind fasziniert. Hinter meinem Gegenüber schaut immer wieder ein Junge über die Bank, versteckt sich aber wenn ich die Kamera zücke. Hinter mir eine Gruppe Jugendlicher, deren Handy musikalisch gegen das Geratter des Zuges versucht anzukämpfen, und schräg hinter mir Lucas und Judith, mit denen ich ab Ankunftsbahnhof den Tag gemeinsam gestalte.

Die Landschaft zieht vorüber, fruchtbar sieht alles aus, ich versuche freilaufende Schweine und pflügende Ochsengespanne zu fotografieren. Nach ca. einer Stunde, Yangon liegt schon lange hinter uns, beschleunigt der Zug doch noch. Durch ein Astloch im Holzboden sehe ich die Schwellen vorbeirauschen. Ich versuche die Geschwindigkeit zu schätzen. Vielleicht 60 km/h? Aber halt – ein echter Nerd hat doch eine Tacho-App auf dem iphone. Der maximale Ausschlag liegt bei 56 km/h, meist fährt der Zug nur 25. Es sind zwei unterschiedliche Schaukelbewegungen auszumachen, eine dschunkelnde Seitwärtsbewegung, die beim Blick zu dem nächsten Wagen Ausschläge von ca. 50cm verursacht, und eine hüpfende Auf- und Abbewegung. Besonders wenn der Zug schneller wird, bilden sich offensichtlich Resonanzfrequenzen, der Wagen bockt auf und ab, rüde vom Ende des Federweges begrenzt. Die finden auch die Einheimischen witzig, es hebt mich mehrmals aus dem Sitz, die Kinder wippen erfreut mit, und auch bei den Damen wippt es. Großes Gelächter, vielleicht wippt auch mein Augustinertumor?

Im Laufe der Fahrt steigen öfters Leute zu, finden aber keinen Platz. Bereitwillig rücken die Burmesen zusammen, es passen auch drei Leute auf die Bank. Der Boden ist mittlerweile von Sonnenblumenkernschalen übersät, und den Spuren der Betelnusskauerei. Die färbt nicht nur die Zähne rot, sondern auch das Holz des Bodens. Nach fünf Stunden erreichen wir Kyaikto, Ausgangsbasis für den Weg zum goldenen Felsen auf Mount Kyaiktiyo. Den bestreiten wir jeweils auf der Ladefläche von LKWs. Besonders die letzte halbe Stunde ist abenteuerlich. Auf der offenen Ladefläche eines LKWs sind Bänke montiert, ausgelegt für asiatische Normkörper. Für mich ist es ein Gefühl wie eingekeilt auf einem besonders dynamischen Fahrgeschäft auf der Wiesn. Mit 42 Leuten auf der Ladefläche heizt der LKW eine kurvenreiche Bergstrecke hinauf, wir überlegen, ob der Hinweis „Price 2500 Kyat (including life insurance)“ vielleicht einen ernsten Hintergrund hat. Dann sind wir am Ziel: der goldene Felsen, bei dem auch die verkitschte Darbietung und die Besuchermassen ein Teil der Sehenswürdigkeit darstellen.

Fazit: die Zugfahrt für 3 USD bietet ein unschlagbares Erlebnis für’s Geld. Mal sehen, wie’s meinen vom Fahrtwind gereizten Augen morgen geht, ob ich das Erlebnis wiederhole, oder ungefähr das vierfache für einen Luxusbus mit anschließender Taxifahrt in Yangon ausgebe. Upper Class finde ich übrigens keine Option: die einzige Verbesserung dort sind gepolsterte Sitze, Polster die auf ersten Blick so aussehen, als ob auch sie noch Geschichten aus dem Krieg erzählen könnten. Fenster sind auch dort Fehlanzeige, und hupfen wird der Wagen genau so.

Alleine unterwegs

Wieder in Yangon. Meine Reisebegleiter der letzten Woche sind wieder auf dem Weg nach Deutschland, oder auf zu anderen Anschlussurlauben. War sehr witzig, auch das Erlebnis Gruppenreise, und besonders: geführte Reise der etwas gehobenen Klasse. Ich habe in den zwei Wochen meinen Koffer maximal von dem Schränkchen im Hotel bis vor die Hoteltür selber getragen. Ansonsten hat ihn jemand in den Bus gebracht, zum Gruppen-Check-In, zum Flugzeug und wieder an ans Gepäckband (na gut, das ist nix besonderes), aber dann wieder zum Bus, und ins Hotelzimmer. Aber das beschreibe ich dann in den ausstehenden Posts zu den einzelnen Reisezielen.

Heute jedenfalls der erste verspätete Flug, Ankunft Yangon Flughafen, die Gruppe ist auf 13 zusammengeschmolzen, der Rest anderweitig versorgt. Wir haben noch ein edles ‚Tageshotel‘ aber bis wir dort sind, muss noch ein letzte Pagoda besichtigt werden. Ein 500 Tonnen Marmorbuddha, hinter Glas geschützt und deshalb schwer zu fotografieren. Ich mach mich sofort auf die Socken, um meine Weiterreise zu organisieren. Als erstes ein Hotel für die Nacht, die Verlängerung des (sehr guten) Tageshotels wurde mit 240 USD aufgerufen, das sprengt mein Budget. Nach einem Tipp des Reiseleiters versuche ich’s nebenan: 80 USD, das muss gehen. Danach zum Hauptbahnhof laufen, Karte nach Kyaitiko organisieren. An den Ticketschaltern am Bahnhof bekomme ich für morgen keine Karte und werde etwas weiter in die Stadt geschickt. Nach kurzem suchen finde ich das ‚Myanma Railways Booking Office‘, eine düstere Halle. Die vierstündige Zugfahrt morgen früh um 7:00 kostet mich 3 USD, Holzklasse. Aber immerhin, Sitzplatz garantiert. Ich bin gespannt. Durch den Erfolg ermutigt finde ich noch ein Büro, welches mir ein Flugticket verkauft, und lasse dann noch ein Hotelzimmer reservieren. Es läuft.

Dann ist’s schon dunkel, ich mache mich auf ins Ex-Pat-Viertel, endlich wieder Bier zum ‚echten‘ Preis statt Hotelpreis. (1,5 USD statt 5-7USD). Und hier fange ich wieder an, meinen Blog zu schreiben. Es war zwar nicht so, dass ich mit der Gruppe jeden Abend bis in die Puppen gefeiert habe, aber dennoch hatte ich danach nicht mehr den Drive.

Ein paar Bilder aus Myanmar – Pindaya Höhle und Landleben

Die Höhle von Pindaya, mit der Legende des Prinzen, der die Spinne besiegt, dann ein paar Bilder von der Straße, danach der Beweis: Kinderarbeit!
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Das Mädchen zerstampft Maulbeerenbaumrinde zu einem Brei, der dann in Wasser aufgelöst wird, und mit einem Sieb herausgeschöpft wird. In das nasse Maulbeerenpapier werden Blüten- und normale Blätter als Deko gelegt. Derweil kümmert sich der Vater um das Gestell des Schirms.
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Abenstund ist Badestund
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Der alte Segler am Inle-See

_MG_7535 inleWieder früh aufstehen, wieder Ortswechsel: Es geht nach Heho, die nächstgrößere Stadt zum Inle-See. Die Yangon Airways ATR72 (Flugzeuge – die gleichen wie auf den Kapverden) sind mittlerweile wohl bekannt. Der Claim der Airline: „You’re safe with us“. Na dann. Der Flughafen in Heho ist drollig. Vorfeld direkt an der Startbahn, ein lächerlicher Zaun für den Sicherheitsbereich. Das offene Tor zum Parkplatz vervollständigt das Bild. Beim Abflug wird’s noch bunter kommen: Das Gate ist eine offene Tür, und draußen ist es schöner als im Gebäude. Nur wenn man weiter als drei Meter auf das Vorfeld läuft, um eine bessere Aufnahme eines landenden Flugzeugs zu machen, schauen die Offiziellen böse.

Da das Hotel eh noch nicht fertig ist, fahren wir zuerst nach Pindaya, dort gibt es eine Tropfsteinhöhle mit zig-tausenden Buddhafiguren. Zusätzlich eine Legende von einer Prinzessin, die von einem Prinzen vor einer bösen Riesenspinne gerettet wurde. Um Heho herum ist es fruchtbar, und recht ländlich. Es kommen uns mehr Ochsenfuhrwerke vor die Linse, überladene Pickup-trucks, die auf der abenteuerlichen Überladung noch ein paar Extrempassagiere transportieren. Als an einer Baustelle ein havarierter Transporter völliges Chaos verursacht, steigen wir aus und dokumentieren das Tohuwabohu ausgiebig. Der arme Busfahrer muss erkennen, dass wir spinnen. An den golden-leuchtenden Pagodas, die auch abseits der wichtigen Orte überall rumstehen, fahren wir routiniert vorbei, aber bei überladenen Ochsenfuhrwerken schreit der halbe Bus: „Stopp!“ Eine weitere Attraktion für uns: Straßenbauarbeiten (Zweck: die Straße 80cm breiter machen). Da hat man ja in Europa kein richtiges Verhältnis mehr dazu, sie sind dort groß, umfassend abgesichert, werden mit schweren Maschinen bearbeitet, und verursachen Staus. Staus verursachen sie auch hier, aber der Rest ist – ursprünglicher. Es geht wohl so: Irgendwann ist ein LKW mit Schotter vorbeigefahren, und hat alle 100m Schotterhaufen unterschiedlicher Körnung abgeladen. Die feineren Körnungen werden immer mal wieder auf einem Feld aus groben Schotter hergestellt. Von den Haufen wird der Schotter in Wok-ähnlichen Schüsseln von Frauen auf dem Kopf zum Bestimmungsort getragen. Erst grober Schotter, dann immer feinerer, irgendwann fährt eine Walze drüber (das einzige Stück schwere Technik). Damit daraus eine geteerte Straße wird fehlt – Teer. Dazu neben der Straße ein Stück Graben genutzt, verbeulte Teerfässer quer darüber, und dann ein kleines Feuerchen darunter entfacht. Der flüssige Teer wird dann mit einer Art Kehrschaufel über die Schotterstrecke verteilt: fertig ist die Straße. Für Aufregung sorgt, dass manchmal das Feuer unter den Fässern auf den Teer in den Fässern übergreift, und prompt gibt’s was zu sehen. Ganz allgemein freuen sich die Straßenbauarbeiter über unser Interesse, anfangs versuchte ich noch verstohlen aus dem Bus zu fotografieren, mittlerweile freue ich mich über die freundlich winkenden Damen die da einen Knochenjob machen.

Das Hotel am Inle-See ist gigantisch. Ein eigener Luxus-Bungalow nur für mich, mit Galerie, eine Badelandschaft, und alles in sehr ansprechender Umgebung eingebettet. Schade, dass der Tag immer so voller Programm ist, dass wir erst um 17:00, in der Dämmerung, ankommen.

Am nächsten Morgen geht’s auf den See. Jeweils zu fünft bekommen wir eines der hier üblichen Langboote als Transportmittel, und das Abenteuer beginnt. Der See ist nicht tief, verlandet zusehend, und nebenbei gibt es jede Menge schwimmender Inseln, die sich mit Wasserhyazinthen auch immer weiter ausbreiten. Die Boote werden von einem lärmenden Einzylindermotor angetrieben, der eine ca. 1,50m lange frei befestigte Propellerwelle antreibt. Die Welle kann seitlich geschwenkt werden um zu steuern, und aus dem Wasser gehoben werden, wenn zu viele Wasserpflanzen im Weg sind. Wer mal in Thailand war, kennt das Prinzip. Malerische Bilder der Fischer auf dem See, die auf einem Bein stehen, um mit dem anderen zu rudern, werden folgen. Pagode, Lotusseidenweberei, Markt (leider nicht schwimmend) und eine rustikale Schmiede werden besichtigt. Zwei Tage später besuchen wir einen Zufluss des Sees und fahren diesen ca. fünf Kilometer flußaufwärts. Da ich „Apocalypse Now“ gesehen habe bin ich psychisch jederzeit auf Feuergefechte gerüstet, doch wir bleiben unbehelligt (außer am Zielort von Souvenirverkäufern). Eigentliches Ziel ist eine Pagode mit vielen Ruinen von Stupas (Das sind die drolligen Kegeltürmchen, die’s von drei bis 100 Meter hoch gibt). Malerisch. Von vielen ist nur noch der Ziegelunterbau zu sehen, teilweise klammern sich noch aus Stein gehauenen Wächterfiguren daran fest, fast alle leicht überwachsen, aus manchen wachsen Bäume. So schön, so ursprünglich. Das finden die Buddhisten nicht. So ’ne Stupa gehört verputzt und ornamentiert, vergoldet, mit einem kleinen Krönchen oben drauf. Uns so werden nahe der Hauptstupa die Ruinen restauriert, also neu verputzt, mit modernen Materialien, die auch viel besser zu verarbeiten sind und dem Wetter trotzen. Aus europäischer Sicht als würde man eine Römertherme flugs mit Stahl und Glas restaurieren, und dabei auch eine neue Saunalandschaft einbauen, um die Nutzbarkeit zu optimieren.

Insgesamt zeigt sich bei den Ausflügen die perfekte Organisation im Hintergrund. Kaum kommt man irgendwo mit dem Boot an, steht das nächste Transportmittel schon bereit (Mal ein gerudertes Nussschalenboot, mal ein Tuc Tuc, das uns zu einem Weingut fährt). An einem Tag fahren wir auch noch nach Kekku, zu den Ah Oh Völkern. (wirkliche Schreibweisen liefere ich noch nach – später vielleicht). Ab 17:00 freuen wir uns dennoch auf unser Hotel, und ein Myanmar Bier auf der Terrasse. In diesem Sinne – Prost!

Ein paar Bilder aus Myanmar – Bagan

Die Tempel von Bagan. Vor- und Zuname aller Pagoden, Baujahr usw. werden auch hier nachgereicht. Bestimmt.
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Und los geht’s mit der Ballonfahrt
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Geräuchert hält länger
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Ein Ausflug zum heiligen Berg. Im Dorf ein freundlicher Bewohner, der gerne Betelnüsse kaut.
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Eine Ölmühle und eine Schnapsbrennerei
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Der heilige Berg, und seine kackenden Makakken
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Sicherheit beim Motorradfahren anschaulich illustriert
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Sonnenuntergang über dem Irrawaddyfluss
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Der Himmel über Bagan

_MG_6215 baganDie alten Könige im heutigen Myanmar waren irgendwie komisch. Alle paar Herrscher haben sie die Hauptstadt verlegt. Deshalb ist der Begriff ‚ehemalige Königsstadt‘ hier nicht besonders exklusiv – alle möglichen Dörfer können das behaupten. Herausragend dabei ist aber Bagan, mit einer Blütezeit so um 1100 n.Chr. wurden hier über 4000 Pagoden und Tempel gebaut, von den heute noch ca. 2000 (mehr oder weniger) erhalten sind. Die weniger gut erhaltenen sind nicht mehr vergoldet. Irgendwie erfrischend nach der ersten Woche, die nicht minder beindruckenden Ziegelbauten der alten Tempel zu sehen. Auf einem ca. 36km² großen Gebiet kann man praktisch keine 100 Meter laufen, ohne über eine Pagodenruine zu stolpern. Yan beruhigt uns, wir müssen nicht alle besichtigen. Nur die größte, die schönste, die heiligste, die älteste, die für Sonnenuntergänge am geeignetste, die höchste, die für zwei Prinzessinnen. Und dann noch die Pagode am Mount Popa, heiliger Berg…

Ein besonderer Höhepunkt in Bagan ist die Fahrt in einem Heißluftballon. Auf Monate hinaus ausgebucht, man hat keine Chance wenn man erst im Oktober bucht – es wird einem nicht mal mehr vom Reisebüro angeboten. Meine Frage danach in Mandalay wird mit herzlichem Gelächter quittiert. Schade, aber Geld gespart. Zwei Tage später wird überraschend doch noch Platz frei. Zwei aus der Gruppe und ich dürfen mit, wenn wir noch wollen. Also am zweiten Tag wieder um 4:30 aufstehen, 250€ auf den Tisch des Hauses, und los geht’s. Auf einem Fußballfeld nördlich des Pagodenfeldes liegen in der Dunkelheit zu erahnen ein paar Ballonhüllen. Leicht verfroren werden wir aus dem Bus geworfen, bekommen etwas warmen Tee. Sicherheitseinweisung, Aufteilung auf die Ballons. Mein naiver Glaube, dass so eine Kanzel vielleicht vier Personen fasst, wird bald zerstört. Sechzehn Passagiere und Pilot passen in das putzige Körbchen, 2,5 Tonnen wiegt das gesamt Ensemble. Mit aufkommender Dämmerung offenbaren sich langsam neun gigantische Ballons auf dem Feld. Als erstes wird die Hülle mit zwei benzingetriebenen Ventilatoren mit etwas trockenem Gras und Luft gefüllt, dann setzt die Stichflamme des Brenners ein. Langsam richtet sich die Hülle auf, der Korb ist nebenbei noch am Bus festgebunden. Wir steigen ein. Unser Fahrer, Nobby aus England, trödelt rum, wir kommen fast als letztes weg. Wir gewinnen kaum genug Höhe, um den ersten Baum zu überfliegen, streifen noch ein paar Äste. Das kann heiter werden. Alle anderen Ballons sind schon viel weiter. Wir gewinnen einfach nicht an Höhe, dabei habe ich mein Gewicht ehrlich angegeben. Weitere Bäume und Palmen werden von unserem Korb durchpflügt. Nobby klärt uns auf: die weiter oben fliegenden Ballons sind in einer Windschicht, die eher nach Süden bläst; das findet Nobby blöd, weil er erst nach Westen will, da kommt man an mehr oder schöneren Pagoden vorbei. Und der Ostwind ist halt auf Baumwipfelhöhe, und deshalb fahren wir auch noch durch die nächste Palme. Und tatsächlich, wir fahren nach Westen, nur wenige Meter an der Dingenskirchenpagode vorbei. Auch an der Schlag-mich-tot-Pagode kommen wir perfekt vorbei, offensichtlich ist der Fahrer glücklich, wenn er den Schatten des Ballons direkt über die Pagode bringt. Sieht auch wirklich beeindruckend aus. Meilenweit von den anderen acht Ballons ziehen wir unsere Bahn. Dann meint Nobby, dass wir jetzt die Richtung ändern müssen, und steigt. Geht ja doch. Nach kurzer Zeit sind wir der höchste Ballon, die acht Loser-Ballons unter uns geben ein tolles Fotomotiv ab. Erstaunlicherweise (für mich) landen alle Ballons nebeneinander auf einem anderen Feld. Richtig eingeparkt. Während ca. 10 Burmesen unseren Ballon bändigen und zusammenpacken bekommen wir ein ‚Champagne Breakfast‘ mit Prosecco Rosé. Ich bin restlos begeistert, stelle aber nach der Fahrt fest, dass ich meine Kamera nicht perfekt eingestellt hatte (Autofocus aus wegen der Fotos in der Dämmerung). Auf dem Display sehen wie dennoch gut aus, mal sehen wie’s auf dem großen Bildschirm wird.

In Bagan kommt auch die Situation mit den Souvenirverkäufern auf einen neuen Höhepunkt. Beim Besuch eines Tempels, und besonders danach beim Einsteigen in den Bus, werden wir von Souvenirverkäufern umringt. Sobald der Bus anfährt, schwingen sich die Verkäufer aufs Moped und folgen uns zur nächsten Pagode. Ich kaufe zwar immer noch nichts, aber einer besonders hartnäckigen Verkäuferin mit bezauberndem Lächeln drücke ich am Ende einfach so einen Schein in die Hand „2 points for effort“.

Insgesamt ist Bagan ländlicher, und wir unternehmen einen ca. 70km langen Ausflug mit dem Bus. Dabei ändert sich langsam unser Foto-Schwerpunkt. Statt goldener Pagoden oder andere kulturhistorisch wertvollen Monumente rückt das Leben der einfachen Bevölkerung in den Vordergrund. Ochsenkarren sind hoch im Kurs, weibliche Straßenarbeiterinnen, die Schotter in Körben auf dem Kopf tragen, sich im schlammigen Wasser waschenden Burmesen (der Longhi, also Wickelrock, bleibt dabei an) und die improvisierten Tankstellen wo Treibstoffe in Liter-Plastik-Wasserflaschen verkauft wird (am letzten Tag schaffen wir es noch für eine entsprechende Szene für unseren Videofilmer zu provozieren: 1000 Kyat spendiert, der Sohn der Tankstellenbesitzerin schnappt sein Moped, fährt um’s Haus, verhandelt mit seiner Mutter, übergibt ihr den Tausender, und schüttet fotogen einen Liter Benzin in seinen Tank.)

The Road to Mandalay

_MG_5928 teakbridgeMandalay. Für mich war alleine der Name Magie. Mandalay. Es gibt ein Gedicht von Rudyard Kipling (der das Junglebuch schrieb), welches im Refrain (oder wie auch immer das bei Gedichten heisst) the Road to Mandalay zum festen Begriff erhob. Auch George Orwell (der während der Kolonialzeit hier Polizist war) hat es verewigt. Robbie Williams hat auch ein Lied dieses Titels, aber ich hab noch nicht ganz kapiert was es mit der Stadt zu tun hat. Für uns ist die Road to Mandalay erst einmal ein Stück Autobahn, denn der Flughafen liegt weit ausserhalb. Autobahn weil zwei getrennte Fahrspuren je Richtung, keine Autobahn wegen der Fahrräder und Ochsenkarren, die sie auch benutzen. Wie es sich für den Rest der Reise ergeben wird, war der Flug früh am morgen, mitten in der Nacht nach meiner Lesart. Deshalb werden die Hotelzimmer nicht fertig sein, die übernächtigte Gruppe besucht zuerst:

Einen Markt: abenteuerlich dargebotenes Fleisch (wer braucht schon Kühlung?), Gemüse, zweifelhafte fertige Gerichte aus Garküchen, Gewürze (Knoblauch und Chili findet man häufig), billiger chinesischer Plastikhaushaltsschund, Souvenirs. Wenn nur ein paar der Fotos was geworden sind….

Eine Pagode: Manuhani oder so ähnlich. Die Besonderheit hier: ein besonders heiliger Buddha, der ständig mit Blattgold beklebt wird. Seit Jahrzehnten, dadurch erkennt man die ursprüngliche Form kaum noch – die Gruppe tauft ihn ‚Warzenbuddha‘, ‚Klumpenbuddha‘ oder ‚Pockenbuddha‘.

Ein Teakholzkloster: Der ehemalige Palast der Königsstadt Mandalay wurde im zweiten Weltkrieg durch einen Feuerbrand (O-Ton: Yan) nach Bombardierung zerstört. Es müssen wunderschöne Anlagen aus Teakholz gewesen sein, die da ihr Ende fanden. Ein kleines Fragment wurde verschont: das Gebäude, in dem ein vorheriger König starb, wurde abgebaut, Mönchen als Kloster gespendet und anderswo in Mandalay wieder aufgebaut. Als wir den Bus verlassen, merken wir dass auf der anderen Straßenseite gerade eine Hochzeit gefeiert wird. Rowdys, wie wir sind, greifen wir mit Kameras an, und machen ähnlich viele Fotos wie der offizielle Hochzeitsfotograf. Als wir wieder über dir Straße wollen, um das historisch wertvolle Kloster anzusehen, hastet uns der Bräutigam hinterher – wir mögen doch bitte mitfeiern. Die ca. 30cm hohen Tische zum Am-Boden-Sitzen sind nicht für alle pensionierten Knie das Ideale. Auch das dargebotene Essen (von dem wir vor allen anderen Gästen bekommen) ist nicht jedermanns Geschmack. Mir hat einiges gut geschmeckt – wen wundert’s? Am Ende ist nicht klar, ob wir mehr Fotos von denen gemacht haben, oder die Hochzeitsgesellschaft von uns. Das Teakholzkloster danach ist zwar auch schön, aber die Hochzeit war eine super-schöne spontane Einlage.

Danach Verteilung auf die Hotelzimmer. Da ich ca. neun Monate nach den meisten anderen gebucht habe, war für mich in dem Gruppenhotel kein Platz mehr, und ich bin 20 Minuten entfernt in der Stadt untergebracht. Das stinkt mir ernsthaft, denn das Mandalay Hill Resort Hotel ist Klassen besser (mit romantischer Poollandschaft) als meine Bettenburg. Ich schaffe es, Yan zu überzeugen, dass ich selber in einem Hotel einchecken kann, er möge sich um die anderen nicht-im-Ausland-Lebensfähigen kümmern. Prompt fährt mich der Bus zum falschen Hotel, und bis meine fehlende Reservierung durch Hotelwechsel geklärt ist vergeht noch etwas Zeit.

Danach noch eine Pagode (wo ich mein einziges Souvenir der Reise bislang kaufe – ich gebe es zu, dass Lächeln der ca. 14-jährigen Verkäuferin hat mich rumgekriegt), Sonnenuntergang vom Mandalay Hill (als Adventure-Programm werden wir vom klimatisierten Bus auf die Ladefläche von Pickups verfrachtet, die hier als Sammeltaxi dienen), gemeinsames Abendessen.

Die nächsten zwei Tage volles Programm: Flußfahrt auf dem Irrawaddy zur noch älteren Königsstadt Mingon, Kutschfahrt zu anderen Ruinen, Handwerksbesichtigungen, Teakholzbrücke – irgendwann in den nächsten Wochen versuche ich ein paar Fotos hochzuladen. Was findet sich nicht auch im
Reiseführer? In Mandalay gibt es einen Straßenzug, in dem viel Marmor bearbeitet wird. Hunderte von Buddhas, die meisten mit unvollendetem Gesicht (das ist wohl das letzte, bevor sie verschickt werden). Die Arbeitsplätze haben nichts mit dem gemein, was ich so als ‚acceptable social practice and health&safety standards‘ kennengelernt habe. Mit der Flex oder Schmiergelpapier am Marmor – Mundschutz oder Schutzbrille sind Fehlanzeige. Irgendwann kommen wir an einem ca. 8-jährigen vorbei, der einen Wasserschlauch auf die Steinfräse seines Vaters halten muss, dass diese nicht ausglüht – Kinderarbeit!!! Kinderarbeit ist ja wohl das schlimmste, was einem bezüglich sozialer Nachhaltigkeit unterkommen kann. Doch man fühlt sich sehr hilflos. Wahrscheinlich sind bei relativ vielen der feilgebotenen Souvenirs Kinderhände mit im Spiel gewesen. Das kann man ja gar nicht unterstützen! Oder? Der Familie vor Ort hilft Verweigerung auch nix. Im Laufe der nächsten Tage kommen uns öfters seeeehr junge Verkäufer(innen) unter, einige davon tragen sogar noch Schuluniformen, verdienen der Familie nach oder vor der Schule noch ein Zubrot – sind teilweise fünfsprachig: „Mingalabar! Voulez-vos Chapeau? Ist nicht teuer! Only four thousand Kyat! Prego? Vielleicht später?“ Durch meine geplante weitere Tour kann ich keine Souvenirs kaufen (ich hätte einen Schrankkoffer voll bekommen, hätte ich den Platz gehabt), aber die Gruppe kauft im Durchschnitt bis zum Ende wahrscheinlich pro Person 2 Kilo, viel von Kindern. Seele im Zwiespalt.