Meine Spuren im Sand ??

Schon etwas peinlich, das Lied. Aber ich kann nix dafür, sobald ich Spuren im Sand sehe, ist es sofort da. Ähnlich ging’s mir in Griechenland, immer wenn ich dort den Wein in der Blechkaraffe gesehen hab. Die Spuren im Sand, das sind übrigens meine, deshalb auch der etwas angepasste Titel. Sie befinden sich am Strand der Insel Espalmador, zwischen der Südspitze Ibizas und Formentera. Wahrscheinlich sind sie heute nicht mehr da – so wie es das Lied prophezeit ‚?die ich gestern noch fand…?‘. Hier auf Espalmador gibt es eine Bucht – etwas hochtrabend „Puerto el Espalmador“ genannt, eine weite Sichel mit Sandstrand, von Wellen aus Nord bis Südost geschützt. Groß ist die Insel nicht, ein paar Dünen noch, und zwei, drei Häuser – scheinbar ist die Insel in Privatbesitz.

In Sant Antoni haben wir –endlich- die neuen Ruderdollen (das sind die Dinger am Boot, wo die Riemen befestigt werden, dass man tatsächlich rudern kann, und nicht nur Paddeln) an unser Beiboot geklebt, 48 Stunden später ist der Kleber abgebunden und ein Testlauf war fällig. Ergebnis: sie halten. Die Dünen der Insel sind geschützt, ganz allgemein scheint das hier ein Nationalpark zu sein, steht zumindest in manchen Führern. Jedenfalls ist es hier ein Posidonia Schutzgebiet, und das, das erfordert einen eigenen Absatz, weiter unten. Ich gehe ein wenig auf der Insel spazieren, liege ein wenig faul im Sand.

Posidonia ist ein Seegras, auf Deutsch Neptungras, welches sich immer mehr in unser Bewusstsein gedrängt hat in den letzten Wochen. Seegras in Ankerbuchten war schon immer ein Thema: da hält der Anker nicht so gut, deshalb vermeidet man es. Allerdings hat man mittlerweile festgestellt, dass Posidonia ein wichtiges Element einer gesunden Meeresökologie ist: bindet CO2, schützt den Boden vor Erosion und bietet diversen Tieren ein wichtiges Nahrungs- und Fortpflanzungsumfeld. Entsprechend ist es mittlerweile in verschiedenen Formen geschützt. In Italien war häufiger im Revierführer zu lesen ‚anchor, taking care not to damage the Posidonia grass‘, hier auf den Balearen, isb. auf Ibiza, findet sich häufig auf der elektronischen Seekarte der Hinweis ‚prohibited, see BOIB decree 25/2018‘. Der Hinweis findet sich leider nur, wenn man dann weit in die Karte hineinzoomt, und ist in unserem (Papier-)Revierführer noch nicht enthalten. Also plant man seine Tagesetappe, entscheidet sich für diese oder jene Bucht, und erst, wenn man so weit kommt, dass man den nahen Zoom braucht fällt einem der Hinweis auf. Wir haben dann mal gegoogelt, und am Ende ein 48-seitiges Dokument gefunden (der Gesetzestext auf Katalanisch), mit ein paar Lageplänen am Ende. Es gibt rote und gelbe Zonen, und bestimmt würden sich auf den ersten 30 Seiten auch herauslesen lassen, was das bedeutet, würde man katalanisch können. Irgendwann war ein Hinweis gefunden, dass rot Ankern verboten bedeutet, und gelb irgendwas wie ‚bei Vorhandensein von Ankerbojen kein wildes Ankern‘. Jedenfalls sind wir nun in einer gelben Zone, und haben peinlichst genau darauf geachtet, in der Mitte eines großen Sandflecks zu ankern, so dass weder Anker noch dessen Kette Schaden anrichten kann. Die anderen Boote in der Bucht scheint das weniger zu interessieren, einige davon pflügen weiter fröhlich durch’s Seegras. Das Seegras ist übrigens auch für die sogenannten ‚Seebälle‘ verantwortlich. Die sieht man manchmal auch in Häfen treiben, und bislang hielt ich die Bollen meist für … was Anderes.

Café del Mar

Synthesizer, etwas Papageiengeschrei im Hintergrund, Bum Bum Bum, dub dub dub, Papagei, Kathedraleneffekt, dub-di-dub-di-dub, Sternschnuppensound, etwas Holzxylophon, noch ein paar Dschungelgeräusche dub-di-dub-di-dub. Ich gestehe, Trance und wie auch immer das Zeug genannt wird ist nicht so wirklich meins. Frank kennt sich besser aus, ich frage ihn dann immer wieder: „und wann fängt das Lied AN?“. Gibt’s da einen Text, worum geht’s? („Well now I’m no hero that’s understood / All the redemption I can offer, girl, is beneath this dirty hood / With a chance to make it good somehow / Hey what else can we do now? / Except roll down the window and let the wind blow back your hair“ – Da habe ich einen Bezug dazu. Gut, ich würde das Auto waschen, bevor ich Mary versuche damit rumzukriegen, aber egal). Aber, aber wir sind in Ibiza, und was fällt mir dazu ein? Irgendwelche Leute, viel cooler als ich, die zu Café del Mar Sounds grooven, oder was auch immer halt coole Leute tun. Also Ibiza = Café del Mar. Interessanterweise ist das Café ein tatsächlicher Club, und er ist hier, in Sant Antoni de Portmany, wo wir heute Abend in die Marina fahren. Google meint, das Café ist ab 17:00 geöffnet, der fünf Jahre alte Revierführer meint, dass die Saison spätestens im Oktober zu Ende ist. Der freundliche Marinero, der uns empfängt, ist neu in dem Job, es dauert recht lange, bevor er unsere Daten aufgenommen hat, sie fünfmal laut wiederholt hat, und uns am Ende glaubt, dass wir den richtigen Preis ermitteln konnten: 2x 25,16 = 50,32€. Gut, offensichtlich hat dabei die spanische Mehrwertsteuer gefehlt, aber egal, wir haben eine Quittung. Wir hasten in Richtung West-Strand, um noch den Sonnenuntergang mitzubekommen.

Machen wir’s zusammen? Ihr sucht schnell in Spotify, Amazon unlimited, oder im CD Regal eurer Geschwister oder wo auch immer nach „Cafe del Mar“ sounds. Dann macht Ihr Euch ein Cocktail. Ich denke, ein Kaffee ist nicht angemessen, aber sicher bin ich mir nicht. Vielleicht geht auch eine Dose Bier oder ein Glas Wein. Dann sehr Ihr Euch die Fotos an. Und jetzt das wichtige: Ihr lasst den Cocktail in der Küche stehen, und dreht die Lautstärke auf NULL (das Café hat ja zu). Dann betrachtet Ihr in aller Ruhe den Sonnenuntergang, der jahreszeitbedingt nicht über dem Meer, sondern über einer Insel stattfindet.

Wenn er fertig ist, könnt Ihr gerne klatschen – so wäre es wohl Usus, wenn hier außer uns noch Tausende andere wären. Wenn Ihr genug habt, wendet Euch ab, und geht in die Küche, um den Cocktail zu trinken. Gerne könnt Ihr dann auch im dunkeln Trance oder Deep House hören. So unser Café del Mar Erlebnis. Jetzt wollen wir mal ehrlich sein – wären hier tausende coole, groovende Menschen, würde ich sofort einen Corona-Super-Spreader-Event wittern, und hätte wahrscheinlich sowieso keine Lust. Unser Café del Mar Erlebnis, also:

In der ersten Nacht in Sant Antoni gehen wir aus Faulheit in ein thailändisches Lokal in der Nähe der Marina, in der zweiten – ein Montag – finden wir kaum noch eine Alternative. Nachsaison und Corona verwirrt auch Google (mittlerweile rufen wir bei jedem potenziellen Lokal an, ob sie tatsächlich offen hätten. Häufig heißt es: „lo siento, estamos cerrado“, was sich praktisch mit ’nein‘ übersetzten lässt). Dabei erfahren wir auch witziges: die Corona Regeln in Ibiza erlauben keine Bewirtung in geschlossenen Räumen. Darauf weist uns ein Lokal ab, dessen Terrasse proppevoll ist, aber das zehn leere Tische direkt hinter den offenen Terrassenfenstern hat. Der Thailänder hingegen hat einen hermetisch abgeschlossenen Wintergarten, und erfüllt so wohl die Auflagen. *Face-Palm*.

Nach der Cala Salada aus dem letzten Beitrag haben wir noch eine Nacht auf der Isla Conejera verbracht, unterhalb eines Leuchtfeuers, welches die westlichsten Vor-Inseln von Ibiza bezeichnet. In Sant Antoni kostet der Liegeplatz für einen Monat nur noch den Gegenwert einer 1 ½ Zimmer Wohnung in München, falls es also in die Grütze geht, würden wir das Schiff vielleicht hier liegen lassen. Heute sind wir an die Südspitze von Ibiza gefahren, morgen geht’s auf nach Formentera.

Ey, Palma, Palma auf Malle, ey

Huch, da hat’s geblitzt. Jedenfalls war das Vorsegel kurz etwas heller erleuchtet – aber von Gewitter war nirgendswo die Rede. Da, schon wieder. Ich schaue mich um – könnte es tatsächlich von dem Leuchtturm kommen? Der Leuchtturm auf Sa Dragonera – am westlichsten Ende von Mallorca – ist ca. sieben Meilen entfernt, aber zaubert doch etwas Licht an unser Segel. Das Leuchtfeuer – sagt unser Navi auf Anfrage – ist 130m über dem Meeresspiegel, blinkt alle 7,5 Sekunden auf, und hat eine Tragweite von 21 Seemeilen. Also bei guter Sicht wäre das Licht aus ca. 40 Kilometern zu sehen. Was gibt’s sonst noch zu sehen? An Steuerbord ist ein helles Licht, welches zu dem AIS Target der „Sara y Thesa“ passt, ein Fischerboot. Etwas daneben ein einsames rotes Licht – das wäre dann wohl ein Segelboot, dessen linke Seite wir sehen. Ziemlich direkt hinter mir blinkt es viermal auf, dann bleibt’s etwas dunkel, das ganze wiederholt sich nach 20 Sekunden. Das ist der Leuchtturm auf dem Cap de Cala Figuera (mit unserem Hafen von vor 1,5 Wochen weder verwandt noch verschwägert). An dem sind wir sehr nah vorbei gefahren, als wir so gegen 21:30 aus unserer Abendessen-Bucht gestartet sind. Interessanterweise hat der Leuchtturm geschielt – die vier Lichtkeulen waren nicht auf die gleiche Höhe ausgerichtet, zwei davon gingen tiefer. In der Zeit bevor man ein präzises GPS Navigationsgerät hatte, waren diese Leuchtfeuer das A und O der Navigation. Die Leuchttürme heben sich immerhin recht gut ab von den Lichtern der Stadt. Üblicherweise saß damals einer unter Deck an der Karte, und einer war mit Fernglas an Deck. Man sieht das Leuchtfeuer, man versucht die Kennung zu beschreiben. Hmmm – es blinkt viermal, dann bleibt es dunkel. Nochmal. Dann fängt man beim ersten Blinken zu zählen. Einundzwanzig, zweiundzwanzig… fünfunddreißig. Gibt das runter an den Navigator. Der sucht, findet etwas ähnliches (der kennt das schon, Chris zählt zu langsam) „Könnten es auch 20 Sekunden sein?“. Ich zähle etwas zügiger – einundzwanzig, zweiundzwanzig… einundvierzig. Ja, das ist er wohl. Dann würde man die Richtung zu dem Leuchtturm ermitteln, einen Strich auf die Karte machen – irgendwo auf dem Strich, da ist jetzt das Schiff. Dann sucht man sich ein zweites Leuchtfeuer, same procedure, und wo die beiden Striche sich kreuzen, da ist jetzt das Schiff. Wahnsinn, wenn man daran zurückdenkt. Heute drückt man ein wenig auf seinem Navi-gerät, eine gepunktete Linien zeigt den Weg zu dem nächsten Wegpunkt, die grüne Linie zeigt den aktuellen Kurs des Schiffes an, und parallel errechnet das Ding, dass man in 10h 35m 17s an dem Wegpunkt ankommen wird – der Puerto de San Miguel an der Nordküste Ibizas. Das natürlich nur wenn man genauso weiterfährt wie bisher (Wind, Welle, Kurs), also eigentlich sicher nicht in 10h und 35m. Stimmt, meint das GPS, 11 Stunden, oder doch nur 9?

Wieder ein langer Rundumblick: der Fischer hat sein Licht ausgemacht, der Segler ist wohl abgebogen, Sa Dragonera ist zwar noch gut zu sehen, erleuchtet aber nicht mehr das Segel, und die Lichter von Mallorca hinter uns tauchen langsam hinter den Horizont. Vor uns: Nur Dunkelheit, und ca. 40 Meilen weiter, Ibiza. An vielen Stellen, wo die Seestern das Meer aufwühlt (also im wesentlichen in der Bugwelle) ist Photoplankton zu beobachten. Das gibt kleine Lichtblitze von sich, wenn es ‚erregt‘ wird. Sieht man natürlich nur bei ordentlich Dunkelheit, aber davon kann man ja jetzt sprechen. Es ist 01:30 morgens. Die Gesamtstrecke zu unserem Ziel war ca. 60 Meilen, bei dem vorhergesagten Wind mehr als 12 Stunden. Wir haben uns entschieden einen ‚late check-out‘ in Palma zu machen, kurz in einer Bucht zum Abendessen zu halten, und dann weiter zu fahren. So sind wir irgendwann am Vormittag da.

Nach Cabrera waren wir wieder drei Tage auf Mallorca selber. Die erste Nacht in der Cala Pi – eine enge und beeindruckende Bucht mit nahem Ferienort. Wie üblich hat Trip-Advisor einem mit leckeren Restaurants den Mund wässrig gemacht, die Nachsaisonsrealität führte zu einem dunklen Spaziergang durch ein gänzlich ausgestorbenen Ort, vorbei an verrammelten Kneipen mit 4,7 Sternen als Bewertung und dem Hinweis ‚opens at 19:00‘. Man will sein Handy anbrüllen – guck hin, es hat nicht auf!!! Also doch mal wieder Spaghetti Pesto am Schiff. Am Tag drauf ausschlafen, etwas baden gehen, etwas in der Sonne sitzen, und das Leben genießen. Uns fällt wieder auf, wie schön das Deck von der Seestern ist, wenn mal das Dinghy neben dem Schiff im Wasser dümpelt. Auf der freien Fläche wäre noch Platz ?. Später am Tag fahren wir nach Palma – ein riesiger Hafen, einige Marinas, wir haben uns die günstigste ausgesucht. Wir könnten das Schiff auch länger hier lassen, falls es einen Lockdown geben würde. Der Liegeplatz (also eine 13×3,8m große Pfütze) kostet für einen Monat so viel wie eine Zwei-Zimmer-Wohnung in München, wir haben auch schon andere Angebote für knapp 2000€ bekommen – in der Nebensaison. Die spinnen. 

Tatsächlich sind wir im „Real Club Nautico Palma“ untergekommen. Das Real hat hier eine ganz andere Bedeutung als zB in @RealDonaldTrump, hier in Spanien heißt das königlich – wäre DeppenDonald wahrscheinlich auch ganz lieb gewesen; keine nervige Wahl deren Verlust einem noch diverse Gerichte erklären müssen. Was macht den Club ‚königlich‘? Ist es der Dieselfilm auf dem Wasser, der etwas purpurner schimmert als anderswo, oder Zigarettenstummel der Marke „Lord“? Nein, tatsächlich war Don Juan Carlos I, der abgedankte spanische König hier Mitglied, er war ein begeisterter Segler. Juan Carlos hat sich gegen Ende seiner Regentschaft in einiger Hinsicht etwas disqualifiziert – Affären, Korruptionsvorwürfe, und eine teure Safari mit Elefantenjagd als Spanien 2009 unter der Finanzkrise litt. Ich mag ihn trotzdem. Ich lebte ja in Spanien anfangs in einer absoluten Diktatur – gut, das hat mich als fünfjährigen noch nicht so arg getroffen, aber ich erinnere mich noch dunkel, den Trauerzug für Francisco Francos Begräbnis im damaligen Schwarz-Weiß-Fernseher zu sehen, und dass sich meine Eltern fragten, was denn nun in Spanien sein würde. Don Juan Carlos drehte das Land zu einer Demokratie um. Wenn ich jetzt Wikipedia lese, hat er das vielleicht nicht sofort und alleine gemacht, aber war sicherlich eine treibende Kraft.

In Palma folgen wir der Empfehlung von einer von Franks Arbeitskolleginnen, und bekommen leckere Tapas und ein T-Bone Steak, was – in mundgerechte Streifchen geschnitten – auch als Tapas durchgeht. Wir schaffen es mit dem Taxi gerade noch vor Beginn der Ausgangssperre auf’s Schiff zurück. Obwohl wir eigentlich nur eine Nacht bleiben wollten, sind wir dann doch zwei geblieben. Am zweiten Abend waren wir dann indisch essen und ich bin danach – ungewöhnlich – früh ins Bett, während Frank noch mit einem Stegnachbarn mit einem ähnlichen Schiff ein paar Bierchen getrunken hat. Was uns wieder auffällt – wie schön Mallorca ist, auch in Palma (wo wir natürlich nicht in der berüchtigten Bier- und Schinkenstraße waren) – passt also gar nicht zu der prolligen Überschrift ;-).

Eigentlich war der Eintrag damit fertig. Es war drei Uhr morgens, meine Schicht zu Ende, und am nächsten Tag auf Ibiza wollte ich alles veröffentlichen. Wie üblich – kleine Verzögerungen. Wir hatten uns eine Bucht für’s ankommen ausgesucht – die Erfahrung zeigt, dass man nach einer durchfahrenen Nacht erstmal nur eines will: schlafen. Tatsächlich war der Schlaf während der Freiwache nicht sehr erholsam – bis dahin gab es eine aufgebaute Welle von hinten, die jetzt nicht wirklich schlimm war (nicht „puh!“), aber doch das Schiff kräftig geschaukelt hat. Einigen von Euch ist aus einem vorherigen Beitrag noch die optimale Schlafstellung in Erinnerung, und auch wenn mittlerweile fast nichts mehr sich selbstständig über den Fußboden verteilt – in den Schränken hört es sich dennoch an, als wären am Ende der Reise nur noch Scherben über. Leider ist die ausgewählte Bucht so geeignet wie gedacht – der optimal geschützte Arm der Bucht mittlerweile aus Naturschutzgründen zum Ankern gesperrt, und in dem anderen Art – dort wo es für uns optimal zum Ankern gewesen wäre (4-8m, über Sand) liegen lauter kleine Bojen, die wir ungern einfach nutzen (vielleicht auf Spielzeugboot ausgelegt), und einfach mittendrin en Anker werfen gibt wahrscheinlich am nächsten Morgen einen bösen Leinensalat. Also fahren wir noch zwei Stunden weiter, liegen jetzt in einer wunderschönen Bucht, aber leider – kaum Internetempfang. Vielleicht morgen.

Praktischer Tipp des Beitrags: Der Supermarkt (na gut, Markt) in dem RCNP hat selbst in der Nebensaison auf, und das Café hat realistische Preise.

Praktischer Techniktipp: ab und zu die Anschlüsse an der Trenndiode daraufhin prüfen, dass sie noch vernünftig angezogen sind, besonders bevor die Lichtmaschine 80 Ampere in die Batterie füttern will (Details kommen mal im Reboot von ‚things that go bump in the night‘).

Das Gewinnspiel – reloaded

Treue Leser meines Blogs kennen es schon: Das Gewinnspiel. Wer von Euch ein Mail an Gewinnspiel@torfprogramm.de mit dem Betreff „Gewinnspiel“ – oder so ähnlich – schickt, kann an der Auslosung eines fabelhaften (jedenfalls gebe ich mir Mühe) Tapas-Abend bei mir teilnehmen. Die Details:
-Teilnahmeschluss ist der 23.11. 23:59 (das theoretische Ende der Reisebeschränkung nach Andalusien). Mutwillige, kurzfristige Verlängerungen durch den Spielleiter (mich) sind möglich.
– Ausgelost werden drei Teilnehmer, die jeweils mit Begleitung zum Essen eingeladen sind.
– Erfüllungsort und -zeit: München, Zeit: mal sehen. Corona macht ja einiges unplanbar. Spätestens sollte es im September 2021 sein.
– Nur eine Mail pro Teilnehmer kommt zur Auslosung. Falls zwei Personen gewinnen, die sich gegenseitig als Begleitung wählen würden, gibt es Nachrücker.
– Auslosung unter unabhängiger Aufsicht.
– Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Linke Touren übrigens auch.
– Batteries not included, some assembly required.
Warum das Ganze? Ich will wissen, wer das hier liest. Einige von Euch schreiben Kommentare – Danke! – bei anderen erfährt man’s irgendwann beiläufig aus einer Mail („Wir wissen, dass es Dir gut geht, denn wir lesen Deinen Blog“), aber es hilft mir echt, mir mein Publikum vorzustellen, wenn ich schreibe. Also ist das Gewinnspiel ein perfider Trick, dass Ihr Euch alle melden müsst (außer Ihr mögt halt nicht zum Essen eingeladen werden).

Edit: es werden neben Email auch alternative Kommunikationsformen anerkannt. Kommentare, Telefonate, Postkarten, Whatsapp – aber der Wunsch auf Teilnahme sollte erkennbar sein 🙂

In 80 Tagen um Mallorca

Das mit Covid-19 wird irgendwie nicht besser. Jedenfalls nicht bei den Spaniern. Da könnte man jetzt schimpfen, über die mangelnde Disziplin auf der iberischen Halbinsel, aber viel besser sieht die Entwicklung wohl auch in Deutschland nicht aus. Die spanische Antwort, vor einer guten Woche, war unter anderem Reisebeschränkungen von Provinz zu Provinz. Als Konsequenz mussten wir bis zum 9.11. auf den Balearen bleiben; ja, es gibt schlimmeres. Zumindest Andalusien hat die Beschränkung heute um zwei Wochen verlängert. Wir witzeln: Hmm, es sieht so aus als würden wir jetzt 10 Monate im Kreis um Mallorca fahren. Vielleicht auch nur 80 Tage, um dem Roman von Jules Verne Tribut zu zollen…

Nun ja, auch da gibt’s schlimmeres. Mallorca in der Nebensaison ist sehr entspannt, und die Insel wirklich schön. Allerdings haben wir etwas Angst, da auch hier die Zahlen steigen, und sollten sie hier die Bewegungsfreiheit so einschränken, dass wir nicht mehr aus dem Hafen können, was machen wir dann? Wir werden wohl oder übel mal ein paar Fall-Back Szenarien überlegen müssen, nicht dass wir plötzlich aus Versehen in einer Edel-Marina hängen bleiben. Wir könnten auch in einer Gewalt-Aktion direkt auf die Kanarischen Inseln segeln, aber das ist etwas heftig – außerdem wollte ich schon einmal in Malaga vorbeischauen.

Ich halte euch auf dem Laufenden.

Macht das Licht aus, wenn Ihr geht

Eigentlich stimmt das nicht – so freundlich wurden wir gar nicht verabschiedet. Um 20:30 beginnt der Wirt, sehr subtile Signale zu senden, dass er jetzt gerne zumachen würde. Er schaltet das Außenlicht aus, unter dem wir auf der Terrasse sitzen. Er macht die Fensterläden der Kneipe zu (dazu müssen Frank und ich jeweils ein wenig vorrücken, damit der Laden hinter unserem Rücken geschlossen werden kann. Er kommt vorbei, und fragt ob er unsere (halbvollen) Weingläser mitnehmen kann. Wir bieten an, dass wir sie einfach stehen lassen, aber er murmelt etwas von Wind, und so verhandeln wir 7,5 Minuten (Als Durchschnitt von unserem Angebot von 10 Minuten und seinem von 5 Minuten). Um kurz vor neun sind unsere Gläser leer, er räumt sie ab, sperrt den Laden ab, und springt in seinen Truck. Wir sind alleine in der größten Ortschaft der Insel, Puerto Cabrera, fünf Außenlaternen an irgendwelchen Häusern beleuchten die Kulisse. Wir laufen noch 10 Minuten umher, dann machen wir unser Dinghy klar und fahren wieder zu Seestern.

Wir sind auf Cabrera, für Boaties jeder Art eines der Highlights beim Urlaub in Mallorquinischen Gewässern. Der Parque Nacional del Archipelago de Cabrera befolgt im Sommer die Regel „willst Du gelten, mach Dich selten“. ‚Wildes‘ Ankern ist verboten, man kann eine der wenigen ausgelegten Bojen in der großen Bucht der Hauptinsel online reservieren. In der Saison kommen Ausflugsboote aus Mallorca, es gibt eine blaue Grotte, und die Insel ist ansonsten wirklich relativ unberührt. Man kann dann die Bojen maximal für einen Tag reservieren. In 200x war ich hier schonmal, mit einem Charterschiff, da hatten wir uns glücklich geschätzt, dass wir auch für eine zweite Nacht nochmal spontan reservieren. Aktuell ist die Lage etwas entspannter. Bei geschätzten 30 ausgelegten Bojen sind wir nun alleine.

Am Dienstagmorgen haben wir Cala Figuera verlassen. Der Hafen ist nach Osten offen, der Wind für die nächsten Tage ist aus Osten angesagt, da würde es mit einlaufenden Wellen dort sehr ungemütlich. Wir verziehen uns auf die andere Seite des Südzipfels von Mallorca. Nahe der Colonia di Sant Jordi ist eine riesigen Strandbucht mit geschlossenem Hotel. Das Wetter ist leider etwas trüb geworden, und deutlich kühler. Wir hatten kurz überlegt, eine Marina aufzusuchen, aber warum eigentlich? Wir haben genug zu Essen und Trinken, Strom erzeugen wir auch selbst, und Wasser ist auch noch genug da (in Flaschen und im Tank). In der Bucht haben wir noch gutes Internet, und das ist heute und vielleicht noch morgen essenziell. In den USA wird gewählt, und wir wollen live erleben, wie die amerikanische Bevölkerung Deppen-Donald in hohem Bogen aus dem Amt wählt. Da auch Ihr nicht unter einem Stein lebt, seht Ihr das Problem: a) es dauert viel länger und von b) hohen Bogen ist nichts zu spüren. So bleiben wir bis Freitagmorgen in der Bucht, aktualisieren in regelmäßigen Abständen die Wahlprognosen, und sind ansonsten etwas antriebslos. Draußen ist es nicht einladend, und bei dem kühlen Wind ins Wasser gehen? Brrrr. Die US Wahl bringt mich auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Ich bleibe am Dienstag (also dann Mittwochmorgen) bis nach 4:00 wach; keine Entscheidung. Um 7:30 am Morgen gucke ich wieder ins Schlaukasterl: Die aktuelle Prognose zeigt zwar mehr Wahlleute für Biden, aber bei den aktuellen Zwischenergebnissen in den anderen Staaten wird er es nicht schaffen. Echt jetzt?!? Ich such mir schon mal ein paar Memes mit dem Zitat von Max Liebermann „Ick kann gar nicht so viel fressen, wie ick kotzen möchte“, die passen zu der Situation und meiner Stimmung, dann drehe ich mich nochmal um und schlafe weiter. So geht es den Mittwoch und Donnerstag weiter. Aktuell (während ich das schreibe, Freitagabend MEZ) wird Biden in genügend Staaten mit jeweils hauchdünnen Mehrheiten gewinnen, um im Electoral College mit einem komfortablen Vorsprung zu gewinnen, und Trump wütet vor sich hin. Meine Gedanken (und sie sind nicht originell): Krass wie unglaublich gespalten diese vereinigten Staaten weiterhin sind; und knapp die Hälfte der Wähler in den USA finden die Performance von Donald in den letzten vier Jahren nicht so unterirdisch, dass sie ihn tatsächlich wieder wählen. 20.000 Lügen – that’s my man? Wer weiß, vielleicht sind zwei Monate einfach nicht genug Abstand. Immerhin – sowohl Colorado als auch Arizona werden für Biden gezählt – ich habe nicht bei den größten Deppen gewohnt.

Anyway, für Freitagmorgen haben wir uns dann vorgenommen – unabhängig von der US-Wahl – die Bucht zu verlassen, und nach Cabrera zu fahren. Vielleicht morgen ein wenig auf der Insel umherlaufen, mal sehen, und irgendwann weiter nach Westen, erst Ibiza und Formentera, dann Festland-Spanien – wenn’s bis dahin erlaubt ist. Der Wind ist ideal dafür, direkt von der Seite, wir fahren mit über sieben Knoten Richtung Cabrera. Kurz nach 13:00 legen wir an der Boje an, trinken ein Bier, kochen Spaghetti mit Thunfisch, und machen ein kleines Nickerchen. Der Nationalpark hat mir auf Anfrage erklärt, dass eine Kantina/Bar im Hafen aufhätte, also machen wir unser Beiboot (Dinghy) klar, und fahren so um 18:30 rüber. Aus Gründen, die ich selber nicht genau erklären kann, liebe ich dieses ‚End of the world‘ feeling. Der Hafenkai eher verlassen. Ein paar Schautafeln, und Gebäude, die in der Saison sicher eine Funktion hätten – aber nur hinter einer Tür ist etwas Licht zu vermuten, als wir ankommen. In der Bar sind Anfangs vier Gäste; wie stören deutlich, weil sie sich nicht sicher sind, ob wir die Masken tragen, weil es die Regel ist, oder weil wir überzeugt sind, und schlimmer noch – würden wir petzen? Ein einsames Ankerlicht in der Bucht markiert die Seestern, ein rot blinkendes Licht das Ende der Mole, fünf Außenlichter die Gebäude des Ortes, und die Beleuchtung der Hafekneipe – aber die ist nun ja aus.

Things that go bump in the night – die Seestern lebt

Seefahrer waren schon immer abergläubisch – klar, dass wir uns in diese Tradition einreihen müssen. Bekannte Aberglauben sind: „wenn man eine Zigarette an einer Kerze anmacht, dann stirbt ein Seemann“ oder „Ein Schiff umzubenennen bringt Unglück“. Woher kommen diese Aberglauben? Das mit der Kerze liegt daran, dass Seeleute in ihrer Freizeit Streichhölzer herstellten, nutzte man zum Anzünden der Kippe eine Kerze dann machte der Seemann keinen Umsatz und verhungerte irgendwann. Der Schnack mit dem Umbenennen kommt davon, dass ein Seemann immer wissen wollte, wo er anheuerte. Wenn die letzte Fahrt der „SY Unglück“ unter Käptn Prügelpeitsch das Leben der Hälfte der Mannschaft gefordert hatte, wollte da niemand mehr mitfahren, so lag der Gedanke nah, das Schiff in „SY Alles Super“ umzubenennen, und so das Arbeitgeberstanding auf dem HR-Markt für Matrosen zu verbessern. Wenn der Matrose den Namenswechsel aber spitz bekam, so war er sofort misstrauisch. Beides trifft auf uns nicht zu – wir schnitzen Abends keine Zündhölzer, und unsere Namensänderung ist nachvollziehbar und mit allen Voodoo-Tricks begleitet worden.

Wo wir langsam abergläubisch werden, das sind andere Sachen:

  • Das unsere Leinen, Kabel und Schläuche leben. Jedesmal, wenn wir sie aufräumen werden sie ordentlich ‚aufgeschossen‘ (sorgfältig in Schlaufen gelegt, der so gebildete Ring ordentlich zusammengehalten). Aber jedesmal wenn man die Leine braucht und hervorholt hat sie sich auf übernatürliche Weise verknotet – wir vermuten Paarungsversuche in der Backskiste. Ich hatte mal ein nettes Bild gesehen, welches ich aus Copyright-Gründen nicht hier zeigen möchte. Was aussah wie eine klassische Knotentafel entpuppte sich bei näherem Hinsehen als jeweils verknotete Kopfhörer für’s Handy – „Kannst Du diese Knoten? Deine Hosentasche schon.“
  • Überhaupt ist so ein Schiff laut, da muss man sich erstmal dran gewöhnen (Gut, wenn man ehrlich ist, so kann’s auch daheim laut sein – Autobahn, feiernde Nachbarn, streitende Nachbarn, Martinshorn, Regen an der Scheibe), aber das kann man mit jahrzehntelanger Erfahrung besser einordnen. Eine kleine Auswahl am Schiff: Der Wind, wie er durch die Takelage pfeift – noch beeindruckender im Hafen, wenn er das bei vielen Schiffen tut. Klappernde Fallen – das sind Leinen (meist die Falle, mit denen die Segel hochgezogen werden), die vom Mast weggeweht werden, und dann zurückklappern. Das Knistern am Rumpf, als würden kleine Fische unser Schiff wegknabbern – dazu gibt’s wilde Theorien im Internet, u.a. das dieses durch Knallkrebse  https://de.wikipedia.org/wiki/Knallkrebse verursacht wird. Das Knarzen wenn – im Hafen – Zug auf die Festmacher kommt, und sowohl die Taue als auch die Klampen auf dem Schiff stöhnen. Das Rumpeln des Ankers, wenn sich beim Schwojen (Pendeln des Schiffes) die Kette etwas anders legt. Das leise Klatschen der Wellen an dem Rumpf. Und dann auch gerne noch – Autobahn, feiernde Nachbarn, streitende Nachbarn, Martinshorn, das prasseln von Regen auf den Luken, und die Geräusche der Stadt im Hafen. Das alles, wenn das Schiff liegt. In Fahrt, da gibt’s dann ganz andere Geräusche (vgl. Puh! – Rev 2). Das sind übrigens alles Geräusche, die man mittlerweile erwartet.
  • Dazu kommt noch die Kategorie ‚unerwartetet Geräusche‘, bei denen man aus dem Schlaf auffährt und sich mit Frank im Salon trifft. Das kann dann alles mögliche sein – eine Boje rumpelt an den Rumpf, oder die Wasserflasche auf dem Esstisch ist bei einem Wellen-Schaukler umgefallen. Wenn man nicht durch das Geräusch selber aufwacht – die Seestern hat ein gewisse Ähnlichkeit mit japanischen Palästen von paranoiden Samurais – auch wir haben im Schiff einen Nachtigallenboden (jap. 鴬張り, uguisubari), der bei jeder Bewegung des anderen knarzt. So kann sich keiner anschleichen.
  • Die Wein-Geister auf dem Schiff – hier haben wir verschiedene. Einmal die Trink-Geister, die unsere ganzen Weinflaschen leeren; wir sind das bestimmt nicht. Und als Gegenpol der Heidegeist in der Flasche – dieser war ein Geschenk von Karin und Ramsi, übertragender Aberglaube von der Peer Gynt und unserem Ostertörn – Ramsi ist überzeugt, dass unser Dieselpest-Unglück darauf zurückzuführen ist, dass wir den Heidegeist beim Trinken aus der Flasche ließen.
  • Der Datendieb – ein mystisches Gerät verfuttert unser Datenvolumen. Das, so glaube ich allerdings, ist mein iPhone, welches gerade versucht meine Fotos in die iCloud zu sichern.
  • Unser Kartenplotter im Cockpit – dessen Funktionsbereitschaft schien sehr von der Mondphase abzuhängen. Hier hat Frank allerdings einen Exorzismus betrieben (Komplett zerlegen, alles trocknen lassen, korrodierte Kontakte gereinigt, leitende Ausblühungen mit der Zahnbürste entfernt, viel Kontaktspray, wieder zusammenbauen), seitdem geht er wieder zuverlässiger.
  • Unser Leck- und Lukenkobold – verzieht die Luken, und lässt Wasser an verschiedenen Ecken des Schiffes reintropfen.

Cala Figuera

Ich war vorher baden, jetzt kommt Frank zurück. Es ist Sonntag, der 1. November – ein ungerader Tag – da ist Frank Skipper. Als er sich fast abgetrocknet hat, fragt er wie spät es ist. Oh oh, denke ich mir, jetzt ist Aktivität gefordert, wahrscheinlich müssen wir weg. Dennoch antworte ich wahrheitsgemäß mit 12:03. Ahhhh, gut, meint Frank, dann können wir ja ein Bier trinken. Whoosh – schnell bin ich beim Kühlschrank, dos Cervezas San Miguel, voilá. Wieder ein harter Tag.

Wir sind noch immer in Cala Mitjana. Wir überlegen – waren wir in all unseren Segeljahren jemals in einer schöneren Bucht? Frank und mir fällt nichts ein. Die Cala hat uns ein SUP-paddelnder Engländer empfohlen, in unserer ersten Bucht auf Mallorca. Er meinte, die eine Hälfte der Bucht gehörte dem reichsten/drittreichsten Mann von Mallorca/Spanien. Das mag sein – auf einer Seite gepflegter Rasen und Beete, und ein ebenfalls gepflegtes aber aktuell wohl ungenutztes Ferienhaus. Auch die andere Seite der Bucht (dann vielleicht nicht im Privateigentum) scheint sich der Pflege eines Gärtners zu erfreuen. Vielleicht hat der Mäzen auf der anderen Seite hier etwas springen lassen, damit sein Blick auch schön ist. Nennen wir die Bucht also natürlich sehr schön, mit etwas Disney Politur die es dennoch vermeidet kitschig zu sein. Allerdings – trotz ausgeprägter Nebensaison füllt sich die Bucht ab späten Vormittag mit allen möglichen Booten. Gut, es ist auch Wochenende, und das Wetter gigantisch. Offensichtlich erreicht man die Bucht auch von Land, immer wieder tauchen Leute an dem kleinen Strand auf. Einige baden textilfrei. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie’s hier in der Hauptsaison abgeht – da ist man wahrscheinlich am besten mit einem Stahlschiff bedient, vielleicht ein altes Schlachtschiff?

Übernachtet haben wir hier wieder alleine, vor Anker und mit einer Landleine an einen der beiden Poller, die irgendjemand mal ans Ufer betoniert hat. Leider wird’s nachts schon eher zapfig, also kein gemütlicher Wein im Cockpit, sondern Niedergang zu und Socken an. Mit einigen Fotos habe ich euch ja schon in „ohne Worte“ erfreut/gequält, alle mit dem iphone gemacht. Vielleicht lohnt sich die große Kamera? Aber ehrlich gesagt, bei der habe ich Schiss, sie in einem hoffentlich wasserdichten Beutel an Land zu schwimmen. Am Ende lassen wir etwas Ankerkette raus, verkürzen die Landleine, und ich kann trockenen Fußes an Land. Allerdings – das Schiff liegt nun zu nah am Land um die ’schwebenden‘ Fotos des letzten Tages zu wiederholen. Oh well. Nach der Fotosession gebe ich die Kamera zurück ans Schiff, und mache die Landleine los, muss dem Schiff hinterherschwimmen, aber vorher noch ein paar Runden in der Bucht. Nach dem Bier kochen wir – heute probieren wir eine Fleisch-Paella, aber ich glaube, da wäre die große Küche daheim doch zuträglich. So wird’s halt einfach Reis mit Sch****, Paella Style. Lecker, aber nicht authentisch.

Am Vorabend hat uns ein großes Unglück ereilt. Unsere italienische unlimited Data SIM Karte glaubt offensichtlich nicht so an’s EU roaming, quittiert den Dienst mit einer beleidigten SMS über die zusätzlichen Kosten. (Frank hat einen Router gebaut/angepasst, der unser Schiff mit WLAN aus mobilen Daten versorgt, damit kann man auch in der Bucht abends einen Tatort streamen) (konnte). So reifte der Entschluss – egal wie schön’s hier ist, wir brauchen einen Mobilfunk-Shop, um uns eine neue SIM-Karte zu organisieren. Also verlassen wir um 15:30 die Cala Mitjana, und machen uns auf den Weg in die Cala d’Or Marina.

Ein unangenehmer Nebeneffekt der Nachsaison – die Büros in Marinas sind nur noch Wochentags besetzt. So scheitern wir damit, telefonisch einen Preis zu erfragen. Wir fahren also in die Marina, fragen per Funk, werden aber immer hingehalten – jetzt legt halt erstmal an. Als wir dann in Rufweite des Stegs sind, rückt der Marinero mit dem Übernachtungspreis raus – 91, äh, doch nur 69€. Hust, hust, wie bitte – es ist doch Nachsaison? Es ist jetzt zwar nicht so, dass wir uns das nach zwei kostenlosen Nächten in der Bucht nicht leisten könnten, aber es geht ums Prinzip. Ich rufe dem Marinero zu „lo siento, es demasiado“, was hoffentlich ‚tut mir leid, das ist zu viel‘ bedeutet. Wir verlassen den Hafen wieder. Langsam erkennen wir ein Muster: es gibt mehrere Betreiber von Marinas, einmal der „Club Nautico“ (wie in Cala d’Or), der offensichtlich zu jederzeit eine Exklusivität durch hohe Preise herstellen möchte, und auf der anderen Seite „Ports IB“ (die scheinbar der Regierung der ‚Islas Baleares‘ gehören), die noch etwas öffentlichen Auftrag haben. Schon in Porto Christo ist uns das aufgefallen, sehr moderate 25€ die Nacht, während Club Nautico einen Hafen weiter auch 60€ haben wollte. Wir tuckern aus dem Hafen, überlegen Alternativen (das Wetter würde ohne weiteres eine kostenlose Buchtübernachtung erlauben, aber eben ohne Mobilfunkladen am nächsten Morgen). Irgendwann gucken wir auf die Website von Ports IB – Cala Figuera wird von denen betrieben. Sieh an, da geht sogar jemand ans Telefon, Sonntagnachmittag um 17:00. Auch hier kostet es nur 25€, und wir ergattern einen der fünf Gästeplätze in dem winzigen Hafen. NB: Es hätte auch noch Platz für weitere vier Yachten, wir liegen Solitär an der „Moll Transit“.

Cala Figuera ist eine kleine Stadt, ein ehemaliger Fischerort. Er versucht den Charakter zu erhalten, in dem auf der Hafenmole Netze geflickt werden, was der ganzen Umgebung einen deutlich fischigen Geruch gibt – very authentic.

Abends streifen wir noch durch die Stadt, wollen etwas zu Essen erlegen. Mittlerweile wissen wir, dass die ganzen ‚aktuell geöffnet‘ oder ’schließt bald‘ oder auch ‚zur Zeit geschlossen‘ auf Google oder Trip Advisor nicht viel zu bedeuten haben. Als erstes versuchen wir’s in der ‚Bon Bar‘. Der angenehmste Nebeneffekt wäre: WLAN, welches es auf’s Schiff schafft. Alle Schilder sagen, geöffnet täglich außer Montag bis 24:00, die Absperrketten und geschlossenen Türen behaupten das Gegenteil. Am Ende winkt am Ende der Straße, in dem das fälschlicherweise als geöffnet geführte französische Restaurant liegt, das fälschlicherweise als geschlossen geführte „El Momento“. Vorsichtig frage ich, ob sie wirklich auf haben, und die Wirtin meint ‚Nein, wieso? Ich stehe hier, die Musik läuft, wie kommen wir drauf?‘ Sarkasmus – schon lange nicht mehr außerhalb der Seestern gehört. Eine Karte hat sie nicht, aber meine Frage nach Essen wird mit Schnitzel oder Currywurst mit Pommes beantwortet – auf Deutsch; offensichtlich ist mein Spanisch nicht so überzeugend. Mandy, die Wirtin, erklärt sich dann aber doch bereit, auch spanische Tapas in beschränkter Auswahl für uns zu machen, aber die meisten Leute kämen halt wegen Fußball und ihrer Schnitzel her.

Am Ende ein Kompromiss – ein geteiltes Schnitzel für uns beide, und Pimentos al Padron und Kartoffelecken mit Aijoli als spanische Komponente. Das mit dem Schnitzel auf Mallorca ist mir zwar peinlich, aber es war sehr lecker. Als die anderen beiden Gäste neben uns sich auf den Weg machen, laden wir Mandy ein, sich zu uns zu setzen. Mal aus erster Hand hören, wie sich Corona in einer klassischen Tourismus-Destination auswirkt. Wir schnacken bis 23:30 (die Ausgangssperre auf den Balearen wurde von 23:00 auf 24:00 verlängert, aber Mandy muss noch aufräumen und heimfahren). Cala de Figuera ist touristisch eher von Deutschen geprägt, aber von denen mit FeWo Eigentum – Mandy’s Stammkundschaft, die auch normalerweise zum Rudelgucken kommen. Sie erzählt von Wirten, denen es richtig beschissen geht, aber auch von gegenseitiger Kooperation. Sie wirkt nicht total deprimiert, sie wünscht uns ein schönes Segeljahr und wir ihr ein gutes nächstes Geschäftsjahr. Und eine Botschaft an die Welt: „El Momento“ hat offen, egal was Trip-Advisor sagt, und ihr könnt kommen.

Am Tag drauf, ein Montag, leihen wir uns mal wieder ein Auto. Vordringlich um die Insel anzusehen, aber eigentlich brauchen wir die Mobilfunk-Datenkarte. Am Ende landen wir in einer fetten Shopping Mall zwischen Palma und dem Flughafen. Der Parkplatz ist rammelvoll – Leute, ihr habt Nachsaison. Am Ende ergattern wir die Karte direkt vor dem Carrefour. Praktisch: wir wollten eh noch ein paar Lebensmittel kaufen, Zwiebeln fallen uns ein. Beim Streifzug durch den Markt (ein paar andere Sachen sind uns noch eingefallen) werde ich vom Traktor-Strahl der Schinken-Theke eingefangen: bestimmt 10 Regalmeter, nur spanische Schweinebeine. Der Bediener erklärt ein wenig, er kann ‚Castellano‘, also Hochspanisch, oder ‚Catalan‘, welches sehr zu meinem Leidwesen hier gerne gesprochen und geschrieben wird – ich kann halt kein Katalanisch aus meiner Kindheit. Die preiswerten Beine sind so um die 100€ zu haben, die höchste Qualität kostet 600€. Leider reicht mein Spanisch noch nicht dafür, was denn genau die Unterschiede an Qualität wären. Mei – wenn Ihr uns nur besuchen kommen würdet, ich wäre da sofort dabei. Aber alleine, da siegt selbst bei mir die Vernunft. Geschäftsidee: Makeln zwischen den Tapas-Bars und Kleinverbrauchern wie uns zum Verkauf von 2/3 ausgezehrten Schweinebeinen – die Bars haben immer einen frischen, attraktiven Schinken, und wir hätten unser Bein mit nur 1,5kg zum Vertilgen…

Den Rest des Tages verbringen wir bei einem Burgerladen in Palma, und dann mit einer schnellen Tour von der Nordseite der Insel – Port Sóller, Passstrasse in Richtung Pollenca, am Ende Kap Formentor (da war’s aber leider schon seeeeehr dunkel). Rückkehr über Santanyi, wo wir am Ende nur ein einziges offenes Restaurant finden (Google spuckte mindesten zehn aus), und dann zurück zum Schiff. Mandy hat Montag Ruhetag – wirklich! – deshalb gibt es nur ein Wein am Schiff.

Beobachtungen:

Café Mistral, 9:45 morgens: Frank und ich gönnen uns in der warmen Morgensonne einen Café con Leche und ein Croissant. Dabei merken wir, dass wir in Sachen „relaxed“ noch Anfänger sind. Zwischen den Café Cortados der Arbeiter steht eine halbleere Flasche Whisky, und später kommen noch Oma und Opa und bestellen sich erstmal ganz gepflegt ein Glas Rotwein und ein Bier.

Mallorca – Image und Wirklichkeit: Reflexartig denke ich bei „Malle“ an den Ballermann – schlimmster deutscher Pauschaltourismus (im nächsten Ort das gleiche für Engländer). Natürlich wissen wir alle, müssen es uns aber bewusstmachen, dass das nicht Mallorca ist. Die Insel ist vielfältig und in vielen Ecken traumhaft schön. Die Fahrt durch die Berge, die etwas stilleren Buchten ohne Hotelburgen – ich könnte es hier auch länger aushalten. Aber was schon krass ist: wie Deutsch die Insel teilweise ist. Komisch, ist mir total unangenehm – wenn ich im Ausland auf eine ‚Lingua Franca‘ umsteige, dann hat das Englisch zu sein. Hier wird man immer wieder auf Deutsch angesprochen. Dabei reißt es mich jedesmal. Das Plakat an der Autobahn, das Umzugsunternehmen („Umzüge in Mallorca leicht gemacht“), der Kellner im Burgerladen, die Frau vom Mietwagen, offensichtlich sind meine Spanischversuche von einem deutschen Akzent geprägt. Aber dass unser Peugeot 208 als Menüsprache Deutsch hat, der eingestellte Radiosender „Inselradio Mallorca – mit den neuesten Nachrichten“ ist, und man an Läden vorbeikommt, wo die Werbung NUR auf Deutsch ist –das finde ich verstörend.

Praktischer Tipp:

Frank meint, dass ich mehr Traffic für meinen Blog generieren könnte, wenn ich praktische Tipps gaben würde, also versuche ich das jetzt umzusetzen: die linke Männerdusche in Cala Figuera ist besser – besserer Wasserdruck.