Rauch im Schiff

Es gibt Sätze, die möchte man nicht hören, wenn man auf einem Schiff ist. Gut, „Das Bier ist alle“ gehört auch zu den unbeliebten Sätzen an Bord, aber „Rauch im Schiff“ schlägt ihn um Längen. Besonders wenig möchte man den Satz hören, wenn man ein frischgebackener Schiffseigner ist. Ich stürze nach hinten, um mich dem flammenden Inferno zu stellen. Dabei gehen mir allerlei Gedanken durch den Kopf – von „och nee, nicht schon wieder Schiff suchen“ zu „na immerhin gut, dass die Feuerlöscher neu sind“. So flink wie es mir möglich ist, turne ich runter ins Schiff, welches von beißendem Plastikqualm durchzogen ist. Gar nicht so schlau, die häufigste Todesursache bei Bränden ist ja wohl Rauchvergiftung; immerhin reiße ich sofort die Luken auf. Wo ist der Brandherd? Ein Blick in die Kabinen, nirgendwo lodern Flammen. Als nächstes untersuche ich die Schapps (bootisch für Schrank), auch hier keine Flammen, aber es stinkt noch immer. Ich fange an, mit Schnüffeln die Problemquelle zu suchen. Ich wäre kein guter Hund. Jedenfalls wird’s nicht schlimmer mit dem Rauch, und so gehen wir etwas ruhiger auf Fehlersuche.

Wir wollten gerade in Porto Palermo ankern, das ist in Albanien. Ich stehe mit Step an der Ankerwinsch, und freue mich darauf, deren Leistungsfähigkeit zu demonstrieren – die kann wirklich viel mehr als was wir von Charterbooten gewohnt sind. Normalerweise. Heute quält sie sich schon beim Anker ablassen. Am Ende hält der Anker nicht, und wir müssen wir ihn wieder aufholen. Die Ankerwinsch bewegt sich kaum. Na toll, denke ich mir, was kostet wohl eine Neue? Da kommt der Schrei von hinten.

Hinten hat Frank beim Fahren des Ankermanövers bemerkt, dass bei der Benutzung der Ankerwinsch alle Instrumente verrücktspielen, und beim Versuch des Ankerbergens komplett ausgegangen sind. Er schickte JUB runter, um nach der Elektrik zu sehen, und JUB verkündete die Hiobsbotschaft. Elektrisch stellte sich heraus, dass der Hauptschalter der Service-Batterien ausgeschaltet war.

Fehlersuche: jetzt wo der Hauptschalter an ist, funktioniert auch die Ankerwinsch wieder normal – wir holen den Anker auf und überlegen unsere Optionen. Auf der zweiten Seite der Bucht scheint ein verlassener Pier für Fischerboote zu sein – eher unattraktiv, aber wer weiß was alles kaputt ist, ob wir Hilfe brauchen. Wir tuckern dort hin, machen an dem maroden Betonbauwerk fest, spannend wie wir das Schiff gegen die scharfkantige Pier abfendern. Unsere Vermutung: irgendwo hat der chaotische Vorbesitzer (Bennie) den Batteriekreis des Motors mit dem Servicekreis verbunden. Wir schicken JUB und Step an Land (wo sie Salbei für eine leckere Pasta mit Salbeibutter sammeln), und schrauben die Verkleidung am Schaltpanel ab – dahinter riecht es immer noch sehr streng nach verbranntem Plastik. Schnell findet Frank dort ein ausgeglühtes Stück Draht (für Techniker: ca. 1,5mm²), an dem nur noch Fetzen der verkohlten Isolierung hängen. Frank entfernt den Draht, plötzlich schaltet der Batteriehauptschalter das Schiff tatsächlich stromlos. Wir vermuten, dass Bennie die Hupe für einen Alarm nutzen wollte, auch wenn der Rest des Schiffes ausgeschaltet ist. Blöd nur, dass über diese Brücke alle Kreise des Schiffes versorgt sind, und sich der Strom nicht an die Intention des Vorbesitzers hält. Wir sind also in Sarande losgefahren, ohne den Hauptschalter einzuschalten, und die Navigationsgeräte holten sich ihren Strom über das dünne Kabel. Das hat solange geklappt, bis sich auch die Ankerwinsch ihren Strom (für Techniker: 1500W, also ca. 125A) über das Kabelchen holen wollte. Wir probieren noch ein wenig weiter, aber jetzt scheint alles zu funktionieren, die Seestern scheint keine bleibenden Schäden davon getragen zu haben.

Was ist dazwischen passiert? (September ’18 – April ’19)

Irgendwann versuche ich auch die Geschichten zwischendrin zu erzählen – wenn ich mal Zeit hab…

Deshalb hier ein paar der Ereignisse zwischendrin. Kurz geschildert, vielleicht werden daraus mal ‚echte Artikel‘

  • Ende September fahren wir mit der Seestern erst nach Albanien, fackeln dort das Schiff fast ab, und treten dann die Fahrt nach Süden an. Unser Plan ist es, in diesen zwei Wochen das Schiff nach Kalamata zu fahren, und etwas später zur Überwinterung nach Athen. Dabei haben wir auch Olympia besucht.
  • Die Überführung nach Athen gegen Ende Oktober hat wegen Terminschwierigkeiten nicht geklappt. Also bleibt die Seestern über den Winter in Kalamata.
  • Im Laufe des Winters besuchen wir die Seestern mehrmals, stellen beim Versuch, den Motor zu warten fest, dass wir ihn doch besser ersetzen sollten, und basteln an allem Möglichen.

Preveza – Lefkas – Korfu

Wir schwimmen. Unser Schiff. Wir liegen vor Anker zwischen der Stadt Preveza und der Landspitze Aktio, wo es die letzte Zeit verbracht hat. Schon bei der Probefahrt hatten wir festgestellt, dass der Motor die Batterie nicht lädt – um sicher zu gehen, lassen wir den 220V Generator etwas laufen, damit unsere Motorbatterie auch sicher geladen ist. Allerdings – in der Verkaufsbeschreibung der Giggles war die Rede von einer Ersatz-Lichtmaschine, diese haben wir mittlerweile aufgestöbert, und bei der nächsten Gelegenheit bauen wir sie ein.

Am nächsten Morgen machen wir uns auf den Weg nach Süden – jetzt geht die Erprobung los. Noch während wir in der Kneipe saßen, und die Entscheidung für unser jetziges Schiff trafen, haben wir einen groben Entwurf unserer nächsten zwei Jahre skizziert – schließlich ist es etwas anderes, von Portugal aus loszufahren als von Griechenland. Ein Bestandteil des Planes war es, erst über Kroatien in die Nordadria zu fahren, um dann – in Autofahr-Entfernung von München – einiges am Schiff machen zu lassen. (Spoiler: den Plan haben wir nicht umgesetzt). Erster realistischer Schritt nach Norden wäre die Marina Gouvia in Korfu. Da es aber direkt von Preveza nach Korfu keine besondere Strecke ist, machen wir noch einen touristischen Abstecher nach Lefkada – auf der Fahrt um die Insel aus „Irgendwann bleib ich dann dort“ haben wir die Bucht Geni südlich von Nydri gefunden, und dort die Taverne Elena. Dort haben wir den Schriftzug der Seestern entworfen, und uns gedacht, wie genial es wäre, in genau dieser Bucht zu liegen und hier – wie die anderen Boote – mit dem Schlauchboot hier direkt an der Terrasse anzulegen. Gedacht – getan.

Die Insel Lefkas ist vom Festland durch eine kleine Meeresenge getrennt – so eng, dass eine ‚Fähre‘ gleichzeitig am Festland und an der Insel festmacht – eigentlich eine schwimmende Brücke. Die Einwohner von Lefkas legen aber wert darauf, dass es eine Fähre ist, denn sonst würden sie diversen Inselprivilegien verlieren. Diesmal warten wir darauf, dass die Fähre zur Seite fährt, was an sich spannend ist: erst einmal fährt man unter Motor so, dass man definitiv rechtzeitig dort ist, und danach versucht man möglichst langsam zu fahren, um noch etwas steuerfähig zu sein, und anderen Schiffen ausweichen zu können. Spannend besonders dann, wenn man sein Schiff noch nicht wirklich kennt.

Am nächsten Morgen machen wir uns daran, die Lichtmaschine auszutauschen – auch wenn wir etwas skeptisch sind, dass das die Lösung sein kann, der vorherige Besitzer hätte sie doch schon eingebaut… Wie bei solchen Projekten üblich, dauert die Hauptleistung nicht besonders lange – das Aggregat ist schnell getauscht. Nochmal so lange dauert das Anschließen des unteren Kabelschuhs. Wir lassen den Motor an – die Batterie wird geladen. Es läuft. Wir fahren ein wenig in dem Golf östlich von Lefkas umher, und wenn der Wind weht, freuen wir uns dass wir Segeln können. Der Plan, mal alle Segel auszuprobieren, das hat doch Zeit. Für die Nacht finden wir Unterschlupf in einer Bucht in der Nähe einer Fischfarm (keine Super Idee: ein Generator läuft die ganze Nacht im die Fische zu beleuchten.) Auf dem Schiff sind noch einige abgelaufene Automatik-Rettungswesten gewesen – man könnte sie zwar wieder warten, aber aufgrund ihres Alters wird das immer teurer, und eigentlich haben wir auch so genug. Also probieren wir sie aus – alte Weste angelegt, Ohnmachtsanfall vorgetäuscht, vom Schiff gefallen – alle blasen sich noch automatisch auf. Egal – es ist eh zu viel Krempel auf dem Schiff.

Danach wieder zurück nach Norden – wir halten nochmal bei Preveza an, bringen etwas ins Auto, werfen die alten Rettungswesten weg, und fahren mit dem Dinghi in die Stadt, damit Udo noch was einkaufen kann. Dabei stellen wir Licht und Schatten bei unserem Beiboot fest – es ist ein sogenanntes „RIB“, ein (Rigid inflatable boat), hat also einen festen Boden, und einen 10 PS Außenborder. Wenn der Motor läuft, geht da richtig was – alleine schaffe ich es, dass Schiff ins Gleiten zu bekommen (Das ist, wenn ein Motorboot so eher über’s Wasser hüpft, als darin zu schimmen). Allerdings geht der Motor aus, als ich versuche Udo wieder abzuholen. Schatten. Zwischen Preveza und Aktio gibt es etwas Strömung, und alleine paddelt sich das Beiboot nicht besonders gut. Ich rette mich an die Ankerkette eines anderen Bootes und versuche Frank auf dem Handy anzurufen. So werde erst ich gerettet, und dann Udo abgeholt. Weiter geht’s.

Im Laufe der Woche probieren wir noch ein paar Sachen aus (rückwährts fahren, zum Beispiel), aber insgesamt sind wir eher glücklich. Eine Nacht in Paxos, eine Nacht vor Petri im südlichen Korfu. Jetzt müssen wir unsere Rückfahrlogistik umsetzen. Wir wollen Udo nach Igoumenitsa bringen, er nimmt den Bus nach Preveza zum Auto, und fährt dann damit mit der Fähre nach Korfu. Also fahren wir im Fahrwasser der großen Fähren (beeindruckend, wenn so ein Monster einen überholt) an den Kai von Igoumenitsa, lassen Udo von Bord, und fahren dann weiter nach Korfu. Dort hat die Seestern für den nächsten Monat einen Schlafplatz. Dort angekommen, stellen wir fest, dass die nächste preiswerte Fähre nach Italien in dieser Nacht, also morgen um zwei fährt. Die Abfahrt wird deshalb etwas hektisch, aber Montag abend sind wir wieder in München.