Auch wenn die Woche Segeln um Ostern herum toll war, und man als Segler nicht nur schönstes Wetter erwartet, in einigen Momenten dachte ich mir schon, dass sich das nicht wie Urlaub anfühlt, sondern wir einem Freund beim Umzug helfen. Aber Ramsi hatte uns auch angeboten, im Sommer bei schönerem Wetter nochmal eine Woche Segeln zu gehen, denn schließlich sollte die Peer Gynt bis zum Herbst in Berlin sein. Ich hatte um Pfingsten herum noch geholfen, mit Karin, Ramsi und der Familie das Schiff von Rendsburg nach Fehmarn zu bringen, mal ein anderer Urlaub für den kinderlosen Chris. Jedenfalls fahren Frank und ich am 22. Juli mit der Bahn nach Großenbrode und treffen spät am Abend Ramsi wieder auf der Peer Gynt.
Die eigentlich zu bewältigende Strecke hätte man auch in zwei Tagen schaffen können, deshalb haben wir einen Umweg über die dänische Südsee geplant. Eine schöne Woche mit Stopps in:
- Orth auf Fehmarn, wo wir das Schiff an der Kaimauer direkt vor dem griechischen Restaurant anlegen.
- Langeland, mit sauteurem dänischem Bier und Pasta mit Krabben
- Femø, einer kleinen runden Insel mit gefühlten 100 Einwohnern (eine abendliche Wanderung zu einer Kirche in the middle-of-nowhere inklusive)
- Stubbekøbing, wo das beste Restaurant lt. Trip Advisor ein Thailänder ist, mich ein leckeres Laap an meine Reise durch Laos erinnert und zu einem baldigen Kochabend inspiriert.
- Klintholm, ein ziemlich überfüllter Hafen mit einem sehr guten Italiener.
Am Ende der Woche legen wir in Sassnitz auf Rügen an. Doch so schön wie die Woche war – in Erinnerung wird sie mir auch bleiben, weil wir in der Zeit viel über Schiffe sprachen. Ramsi hat sich schon viel länger und intensiver als Frank und ich mit Yachten befasst. Ich habe mittlerweile Werftnamen verinnerlicht, über die mal als Charterer nicht häufig stolpert. Da gibt es drei hochwertige schwedische Werften – Najad, Hallberg-Rassy und Malö, aber auch Namen wie Comfortina, Swan, Oyster, X-Yachts – und Reinke. Zu Reinke kommen wir später. Der Yacht-virus hat Frank und mich mittlerweile infiziert, das Pflichtenheft wird etwas konkreter. Wir wollen Platz für vier nicht-kuschelnde Erwachsene, tendieren immer mehr zu einer Yacht mit Mittelcockpit, und wollen mindestens ein 40 Fuß großes Schiff, welches wir auf 39 Fuß korrigieren, weil eine Najad 391, die wir sahen, schon seeeehr schick war. Mehr als 45 Fuß sollten es aber auch nicht sein, die Größe wäre in der Ostsee unpraktisch. Ein Teak-Deck ist zwar nicht besonders praktisch, aber sehr klassisch; da wir keinen seelenlosen Joghurtbecher fahren wollen, nehmen wir auch das in den Anforderungskatalog auf. So streifen wir in jedem Hafen über die Stege, lassen die Beneteaus, Jeaneaus und Bavarias verächtlich links liegen, und diskutieren über Schiffsrisse, praktische Details. In Orth liegen vier Najads, in Stubbekoebing sehen wir zum ersten Mal in echt eine Hallberg-Rassy 42 E, auf der Fahrt nach Klintholm – im Grønsund – diskutieren wir darüber was ein Schiff ’schnell‘ macht. Ramsi kennt sie alle, und bringt immer wieder eine Reinke ins Spiel. Reinke ist ein deutscher ‚Typ-Yacht‘ Konstrukteur. Er verkauft Konstruktionspläne für diverse Schiffsmuster, und man lässt sie sich in einer beliebigen Werft bauen. Meist werden sie aus Alu gebaut, sind unheimlich stabil, haben einen Twinkiel (also zwei Kleine, auf denen man das Schiff bei Ebbe gut abstellen kann). Eigentlich das perfekte Schiff für eine Expedition. Das Internet hat uns erzählt, dass hier auf Rügen eine Reinke 13M zu verkaufen sei. Da wir für die Rückfahrt nach München einen Mietwagen haben, rufen wir den Verkäufer an und vereinbaren einen Termin – unsere erste Schiffsbesichtigung! Diese Reinke ist eine Katastrophe. Hässlich wie die Nacht finster, ein fieser Kunststoffbelag auf Deck, vermooste Leinen, Fenster mit massiven Schrauben und Unmengen Dichtmasse eingebaut. Der Verkäufer räumt ein, dass man das Polster vom Navigations-Sitz neu machen müsste. Stimmt, aber am besten alle anderen Textilien auch. Sinnbildlich für dieses Schiff bleibt aber die Tüte mit verschimmelten Brot unter dem Esstisch – auch wenn man das sehr schnell hätte ändern können. Wir kaufen dieses Schiff also nicht, und fahren zurück nach München. Aber die Besuche auf den diversen Portalen für gebrauchte Schiffe nehmen zu.
Auch wenn München zweifelsohne die schönste Stadt der Welt ist, zum Schiffsgucken ist sie unpraktisch gelegen. Wir würden zwar schon mal eine Reise auf uns nehmen, aber wir stellen auch keine Häufung von Angeboten fest, dass man mal an einem Wochenende mehrere Schiffe abklappern könnten. Ich bin mittlerweile fast überzeugt, dass ich eine Najad 391 haben möchte, aber versuche auch noch etwas rechts und links zu gucken.
Mittlerweile ist es Winter geworden, wir haben keine weiteren Schiffe angesehen, und fahren erst einmal zur Boot (Messe in Düsseldorf). Ein witziger kleiner Ausflug, wir übernachten in Köln, trinken Kölsch im Gaffelbräu und am nächsten Abend Altbier im Füchschen in Düsseldorf. Auf der Messe schauen wir uns die neuesten Modelle unserer Lieblingswerften an, informieren uns über Nebenkosten wie Versicherung, Liegeplätze und Instandhaltung. Danach glauben wir, einen Überblick über die ganzen Nebenthemen zu haben, die Signale stehen auf grün. Bei der Planung des Messebesuchs ist mir aufgefallen, dass dort eine Firma MGM ausstellt. An den Namen erinnere ich mich aus dem Internet. Die verkaufen eine Najad 440 in Dublin, und im Vergleich zu manch anderen fast günstig. Wir bummeln an dem Stand vorbei, und reden mit Josh. Josh kennt das Schiff gut, räumt ein, dass es nicht mehr ganz taufrisch wäre, aber versichert uns, dass man es sicherlich für deutlich weniger als den ‚Asking Price‘ bekäme, und es dann ein Schnäppchen wäre. Er zeigt auf seinem Rechner noch ein paar Fotos aus der Kategorie ’schonungslos‘, aber vermag nicht, uns damit abzuschrecken. Der Köder ist geschluckt.
Natürlich fliegen wir nicht nur wegen eines Schiffes nach Dublin, wir sind ja nicht verrückt. Aber die Synapsen im Hirn beginnen sich zu verbinden. Dublin – do wohnt doch Caroline. Und auch wenn unsere Beziehung (wenn man sie so nennen will) während der langen Reise recht kompliziert war, mal wieder ein Bier – ein Guiness sogar – mit Caroline zu trinken wäre doch nett. Das Schiff liegt in Dun Laoghaire (für die von Euch, die den Blog Kindern wegen der einschläfernden Wirkung laut vorlesen: das wir ‚Dun Leary‘ ausgesprochen), das ist der Fährhafen von Dublin. Wäre also kultig, mit der Fähre dort anzukommen, und dazu muss man in England starten, und in Süd-England liegen auch ein paar Schiffe, die man sich ansehen könnte, und dass ist doch alles nicht so weit auseinander (siehe Größenvergleich) – sounds like a plan, oder?