Der alte Segler am Inle-See

_MG_7535 inleWieder früh aufstehen, wieder Ortswechsel: Es geht nach Heho, die nächstgrößere Stadt zum Inle-See. Die Yangon Airways ATR72 (Flugzeuge – die gleichen wie auf den Kapverden) sind mittlerweile wohl bekannt. Der Claim der Airline: „You’re safe with us“. Na dann. Der Flughafen in Heho ist drollig. Vorfeld direkt an der Startbahn, ein lächerlicher Zaun für den Sicherheitsbereich. Das offene Tor zum Parkplatz vervollständigt das Bild. Beim Abflug wird’s noch bunter kommen: Das Gate ist eine offene Tür, und draußen ist es schöner als im Gebäude. Nur wenn man weiter als drei Meter auf das Vorfeld läuft, um eine bessere Aufnahme eines landenden Flugzeugs zu machen, schauen die Offiziellen böse.

Da das Hotel eh noch nicht fertig ist, fahren wir zuerst nach Pindaya, dort gibt es eine Tropfsteinhöhle mit zig-tausenden Buddhafiguren. Zusätzlich eine Legende von einer Prinzessin, die von einem Prinzen vor einer bösen Riesenspinne gerettet wurde. Um Heho herum ist es fruchtbar, und recht ländlich. Es kommen uns mehr Ochsenfuhrwerke vor die Linse, überladene Pickup-trucks, die auf der abenteuerlichen Überladung noch ein paar Extrempassagiere transportieren. Als an einer Baustelle ein havarierter Transporter völliges Chaos verursacht, steigen wir aus und dokumentieren das Tohuwabohu ausgiebig. Der arme Busfahrer muss erkennen, dass wir spinnen. An den golden-leuchtenden Pagodas, die auch abseits der wichtigen Orte überall rumstehen, fahren wir routiniert vorbei, aber bei überladenen Ochsenfuhrwerken schreit der halbe Bus: „Stopp!“ Eine weitere Attraktion für uns: Straßenbauarbeiten (Zweck: die Straße 80cm breiter machen). Da hat man ja in Europa kein richtiges Verhältnis mehr dazu, sie sind dort groß, umfassend abgesichert, werden mit schweren Maschinen bearbeitet, und verursachen Staus. Staus verursachen sie auch hier, aber der Rest ist – ursprünglicher. Es geht wohl so: Irgendwann ist ein LKW mit Schotter vorbeigefahren, und hat alle 100m Schotterhaufen unterschiedlicher Körnung abgeladen. Die feineren Körnungen werden immer mal wieder auf einem Feld aus groben Schotter hergestellt. Von den Haufen wird der Schotter in Wok-ähnlichen Schüsseln von Frauen auf dem Kopf zum Bestimmungsort getragen. Erst grober Schotter, dann immer feinerer, irgendwann fährt eine Walze drüber (das einzige Stück schwere Technik). Damit daraus eine geteerte Straße wird fehlt – Teer. Dazu neben der Straße ein Stück Graben genutzt, verbeulte Teerfässer quer darüber, und dann ein kleines Feuerchen darunter entfacht. Der flüssige Teer wird dann mit einer Art Kehrschaufel über die Schotterstrecke verteilt: fertig ist die Straße. Für Aufregung sorgt, dass manchmal das Feuer unter den Fässern auf den Teer in den Fässern übergreift, und prompt gibt’s was zu sehen. Ganz allgemein freuen sich die Straßenbauarbeiter über unser Interesse, anfangs versuchte ich noch verstohlen aus dem Bus zu fotografieren, mittlerweile freue ich mich über die freundlich winkenden Damen die da einen Knochenjob machen.

Das Hotel am Inle-See ist gigantisch. Ein eigener Luxus-Bungalow nur für mich, mit Galerie, eine Badelandschaft, und alles in sehr ansprechender Umgebung eingebettet. Schade, dass der Tag immer so voller Programm ist, dass wir erst um 17:00, in der Dämmerung, ankommen.

Am nächsten Morgen geht’s auf den See. Jeweils zu fünft bekommen wir eines der hier üblichen Langboote als Transportmittel, und das Abenteuer beginnt. Der See ist nicht tief, verlandet zusehend, und nebenbei gibt es jede Menge schwimmender Inseln, die sich mit Wasserhyazinthen auch immer weiter ausbreiten. Die Boote werden von einem lärmenden Einzylindermotor angetrieben, der eine ca. 1,50m lange frei befestigte Propellerwelle antreibt. Die Welle kann seitlich geschwenkt werden um zu steuern, und aus dem Wasser gehoben werden, wenn zu viele Wasserpflanzen im Weg sind. Wer mal in Thailand war, kennt das Prinzip. Malerische Bilder der Fischer auf dem See, die auf einem Bein stehen, um mit dem anderen zu rudern, werden folgen. Pagode, Lotusseidenweberei, Markt (leider nicht schwimmend) und eine rustikale Schmiede werden besichtigt. Zwei Tage später besuchen wir einen Zufluss des Sees und fahren diesen ca. fünf Kilometer flußaufwärts. Da ich „Apocalypse Now“ gesehen habe bin ich psychisch jederzeit auf Feuergefechte gerüstet, doch wir bleiben unbehelligt (außer am Zielort von Souvenirverkäufern). Eigentliches Ziel ist eine Pagode mit vielen Ruinen von Stupas (Das sind die drolligen Kegeltürmchen, die’s von drei bis 100 Meter hoch gibt). Malerisch. Von vielen ist nur noch der Ziegelunterbau zu sehen, teilweise klammern sich noch aus Stein gehauenen Wächterfiguren daran fest, fast alle leicht überwachsen, aus manchen wachsen Bäume. So schön, so ursprünglich. Das finden die Buddhisten nicht. So ’ne Stupa gehört verputzt und ornamentiert, vergoldet, mit einem kleinen Krönchen oben drauf. Uns so werden nahe der Hauptstupa die Ruinen restauriert, also neu verputzt, mit modernen Materialien, die auch viel besser zu verarbeiten sind und dem Wetter trotzen. Aus europäischer Sicht als würde man eine Römertherme flugs mit Stahl und Glas restaurieren, und dabei auch eine neue Saunalandschaft einbauen, um die Nutzbarkeit zu optimieren.

Insgesamt zeigt sich bei den Ausflügen die perfekte Organisation im Hintergrund. Kaum kommt man irgendwo mit dem Boot an, steht das nächste Transportmittel schon bereit (Mal ein gerudertes Nussschalenboot, mal ein Tuc Tuc, das uns zu einem Weingut fährt). An einem Tag fahren wir auch noch nach Kekku, zu den Ah Oh Völkern. (wirkliche Schreibweisen liefere ich noch nach – später vielleicht). Ab 17:00 freuen wir uns dennoch auf unser Hotel, und ein Myanmar Bier auf der Terrasse. In diesem Sinne – Prost!

Ein paar Bilder aus Myanmar – Bagan

Die Tempel von Bagan. Vor- und Zuname aller Pagoden, Baujahr usw. werden auch hier nachgereicht. Bestimmt.
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Und los geht’s mit der Ballonfahrt
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Geräuchert hält länger
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Ein Ausflug zum heiligen Berg. Im Dorf ein freundlicher Bewohner, der gerne Betelnüsse kaut.
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Eine Ölmühle und eine Schnapsbrennerei
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Der heilige Berg, und seine kackenden Makakken
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Sicherheit beim Motorradfahren anschaulich illustriert
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Sonnenuntergang über dem Irrawaddyfluss
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Der Himmel über Bagan

_MG_6215 baganDie alten Könige im heutigen Myanmar waren irgendwie komisch. Alle paar Herrscher haben sie die Hauptstadt verlegt. Deshalb ist der Begriff ‚ehemalige Königsstadt‘ hier nicht besonders exklusiv – alle möglichen Dörfer können das behaupten. Herausragend dabei ist aber Bagan, mit einer Blütezeit so um 1100 n.Chr. wurden hier über 4000 Pagoden und Tempel gebaut, von den heute noch ca. 2000 (mehr oder weniger) erhalten sind. Die weniger gut erhaltenen sind nicht mehr vergoldet. Irgendwie erfrischend nach der ersten Woche, die nicht minder beindruckenden Ziegelbauten der alten Tempel zu sehen. Auf einem ca. 36km² großen Gebiet kann man praktisch keine 100 Meter laufen, ohne über eine Pagodenruine zu stolpern. Yan beruhigt uns, wir müssen nicht alle besichtigen. Nur die größte, die schönste, die heiligste, die älteste, die für Sonnenuntergänge am geeignetste, die höchste, die für zwei Prinzessinnen. Und dann noch die Pagode am Mount Popa, heiliger Berg…

Ein besonderer Höhepunkt in Bagan ist die Fahrt in einem Heißluftballon. Auf Monate hinaus ausgebucht, man hat keine Chance wenn man erst im Oktober bucht – es wird einem nicht mal mehr vom Reisebüro angeboten. Meine Frage danach in Mandalay wird mit herzlichem Gelächter quittiert. Schade, aber Geld gespart. Zwei Tage später wird überraschend doch noch Platz frei. Zwei aus der Gruppe und ich dürfen mit, wenn wir noch wollen. Also am zweiten Tag wieder um 4:30 aufstehen, 250€ auf den Tisch des Hauses, und los geht’s. Auf einem Fußballfeld nördlich des Pagodenfeldes liegen in der Dunkelheit zu erahnen ein paar Ballonhüllen. Leicht verfroren werden wir aus dem Bus geworfen, bekommen etwas warmen Tee. Sicherheitseinweisung, Aufteilung auf die Ballons. Mein naiver Glaube, dass so eine Kanzel vielleicht vier Personen fasst, wird bald zerstört. Sechzehn Passagiere und Pilot passen in das putzige Körbchen, 2,5 Tonnen wiegt das gesamt Ensemble. Mit aufkommender Dämmerung offenbaren sich langsam neun gigantische Ballons auf dem Feld. Als erstes wird die Hülle mit zwei benzingetriebenen Ventilatoren mit etwas trockenem Gras und Luft gefüllt, dann setzt die Stichflamme des Brenners ein. Langsam richtet sich die Hülle auf, der Korb ist nebenbei noch am Bus festgebunden. Wir steigen ein. Unser Fahrer, Nobby aus England, trödelt rum, wir kommen fast als letztes weg. Wir gewinnen kaum genug Höhe, um den ersten Baum zu überfliegen, streifen noch ein paar Äste. Das kann heiter werden. Alle anderen Ballons sind schon viel weiter. Wir gewinnen einfach nicht an Höhe, dabei habe ich mein Gewicht ehrlich angegeben. Weitere Bäume und Palmen werden von unserem Korb durchpflügt. Nobby klärt uns auf: die weiter oben fliegenden Ballons sind in einer Windschicht, die eher nach Süden bläst; das findet Nobby blöd, weil er erst nach Westen will, da kommt man an mehr oder schöneren Pagoden vorbei. Und der Ostwind ist halt auf Baumwipfelhöhe, und deshalb fahren wir auch noch durch die nächste Palme. Und tatsächlich, wir fahren nach Westen, nur wenige Meter an der Dingenskirchenpagode vorbei. Auch an der Schlag-mich-tot-Pagode kommen wir perfekt vorbei, offensichtlich ist der Fahrer glücklich, wenn er den Schatten des Ballons direkt über die Pagode bringt. Sieht auch wirklich beeindruckend aus. Meilenweit von den anderen acht Ballons ziehen wir unsere Bahn. Dann meint Nobby, dass wir jetzt die Richtung ändern müssen, und steigt. Geht ja doch. Nach kurzer Zeit sind wir der höchste Ballon, die acht Loser-Ballons unter uns geben ein tolles Fotomotiv ab. Erstaunlicherweise (für mich) landen alle Ballons nebeneinander auf einem anderen Feld. Richtig eingeparkt. Während ca. 10 Burmesen unseren Ballon bändigen und zusammenpacken bekommen wir ein ‚Champagne Breakfast‘ mit Prosecco Rosé. Ich bin restlos begeistert, stelle aber nach der Fahrt fest, dass ich meine Kamera nicht perfekt eingestellt hatte (Autofocus aus wegen der Fotos in der Dämmerung). Auf dem Display sehen wie dennoch gut aus, mal sehen wie’s auf dem großen Bildschirm wird.

In Bagan kommt auch die Situation mit den Souvenirverkäufern auf einen neuen Höhepunkt. Beim Besuch eines Tempels, und besonders danach beim Einsteigen in den Bus, werden wir von Souvenirverkäufern umringt. Sobald der Bus anfährt, schwingen sich die Verkäufer aufs Moped und folgen uns zur nächsten Pagode. Ich kaufe zwar immer noch nichts, aber einer besonders hartnäckigen Verkäuferin mit bezauberndem Lächeln drücke ich am Ende einfach so einen Schein in die Hand „2 points for effort“.

Insgesamt ist Bagan ländlicher, und wir unternehmen einen ca. 70km langen Ausflug mit dem Bus. Dabei ändert sich langsam unser Foto-Schwerpunkt. Statt goldener Pagoden oder andere kulturhistorisch wertvollen Monumente rückt das Leben der einfachen Bevölkerung in den Vordergrund. Ochsenkarren sind hoch im Kurs, weibliche Straßenarbeiterinnen, die Schotter in Körben auf dem Kopf tragen, sich im schlammigen Wasser waschenden Burmesen (der Longhi, also Wickelrock, bleibt dabei an) und die improvisierten Tankstellen wo Treibstoffe in Liter-Plastik-Wasserflaschen verkauft wird (am letzten Tag schaffen wir es noch für eine entsprechende Szene für unseren Videofilmer zu provozieren: 1000 Kyat spendiert, der Sohn der Tankstellenbesitzerin schnappt sein Moped, fährt um’s Haus, verhandelt mit seiner Mutter, übergibt ihr den Tausender, und schüttet fotogen einen Liter Benzin in seinen Tank.)

The Road to Mandalay

_MG_5928 teakbridgeMandalay. Für mich war alleine der Name Magie. Mandalay. Es gibt ein Gedicht von Rudyard Kipling (der das Junglebuch schrieb), welches im Refrain (oder wie auch immer das bei Gedichten heisst) the Road to Mandalay zum festen Begriff erhob. Auch George Orwell (der während der Kolonialzeit hier Polizist war) hat es verewigt. Robbie Williams hat auch ein Lied dieses Titels, aber ich hab noch nicht ganz kapiert was es mit der Stadt zu tun hat. Für uns ist die Road to Mandalay erst einmal ein Stück Autobahn, denn der Flughafen liegt weit ausserhalb. Autobahn weil zwei getrennte Fahrspuren je Richtung, keine Autobahn wegen der Fahrräder und Ochsenkarren, die sie auch benutzen. Wie es sich für den Rest der Reise ergeben wird, war der Flug früh am morgen, mitten in der Nacht nach meiner Lesart. Deshalb werden die Hotelzimmer nicht fertig sein, die übernächtigte Gruppe besucht zuerst:

Einen Markt: abenteuerlich dargebotenes Fleisch (wer braucht schon Kühlung?), Gemüse, zweifelhafte fertige Gerichte aus Garküchen, Gewürze (Knoblauch und Chili findet man häufig), billiger chinesischer Plastikhaushaltsschund, Souvenirs. Wenn nur ein paar der Fotos was geworden sind….

Eine Pagode: Manuhani oder so ähnlich. Die Besonderheit hier: ein besonders heiliger Buddha, der ständig mit Blattgold beklebt wird. Seit Jahrzehnten, dadurch erkennt man die ursprüngliche Form kaum noch – die Gruppe tauft ihn ‚Warzenbuddha‘, ‚Klumpenbuddha‘ oder ‚Pockenbuddha‘.

Ein Teakholzkloster: Der ehemalige Palast der Königsstadt Mandalay wurde im zweiten Weltkrieg durch einen Feuerbrand (O-Ton: Yan) nach Bombardierung zerstört. Es müssen wunderschöne Anlagen aus Teakholz gewesen sein, die da ihr Ende fanden. Ein kleines Fragment wurde verschont: das Gebäude, in dem ein vorheriger König starb, wurde abgebaut, Mönchen als Kloster gespendet und anderswo in Mandalay wieder aufgebaut. Als wir den Bus verlassen, merken wir dass auf der anderen Straßenseite gerade eine Hochzeit gefeiert wird. Rowdys, wie wir sind, greifen wir mit Kameras an, und machen ähnlich viele Fotos wie der offizielle Hochzeitsfotograf. Als wir wieder über dir Straße wollen, um das historisch wertvolle Kloster anzusehen, hastet uns der Bräutigam hinterher – wir mögen doch bitte mitfeiern. Die ca. 30cm hohen Tische zum Am-Boden-Sitzen sind nicht für alle pensionierten Knie das Ideale. Auch das dargebotene Essen (von dem wir vor allen anderen Gästen bekommen) ist nicht jedermanns Geschmack. Mir hat einiges gut geschmeckt – wen wundert’s? Am Ende ist nicht klar, ob wir mehr Fotos von denen gemacht haben, oder die Hochzeitsgesellschaft von uns. Das Teakholzkloster danach ist zwar auch schön, aber die Hochzeit war eine super-schöne spontane Einlage.

Danach Verteilung auf die Hotelzimmer. Da ich ca. neun Monate nach den meisten anderen gebucht habe, war für mich in dem Gruppenhotel kein Platz mehr, und ich bin 20 Minuten entfernt in der Stadt untergebracht. Das stinkt mir ernsthaft, denn das Mandalay Hill Resort Hotel ist Klassen besser (mit romantischer Poollandschaft) als meine Bettenburg. Ich schaffe es, Yan zu überzeugen, dass ich selber in einem Hotel einchecken kann, er möge sich um die anderen nicht-im-Ausland-Lebensfähigen kümmern. Prompt fährt mich der Bus zum falschen Hotel, und bis meine fehlende Reservierung durch Hotelwechsel geklärt ist vergeht noch etwas Zeit.

Danach noch eine Pagode (wo ich mein einziges Souvenir der Reise bislang kaufe – ich gebe es zu, dass Lächeln der ca. 14-jährigen Verkäuferin hat mich rumgekriegt), Sonnenuntergang vom Mandalay Hill (als Adventure-Programm werden wir vom klimatisierten Bus auf die Ladefläche von Pickups verfrachtet, die hier als Sammeltaxi dienen), gemeinsames Abendessen.

Die nächsten zwei Tage volles Programm: Flußfahrt auf dem Irrawaddy zur noch älteren Königsstadt Mingon, Kutschfahrt zu anderen Ruinen, Handwerksbesichtigungen, Teakholzbrücke – irgendwann in den nächsten Wochen versuche ich ein paar Fotos hochzuladen. Was findet sich nicht auch im
Reiseführer? In Mandalay gibt es einen Straßenzug, in dem viel Marmor bearbeitet wird. Hunderte von Buddhas, die meisten mit unvollendetem Gesicht (das ist wohl das letzte, bevor sie verschickt werden). Die Arbeitsplätze haben nichts mit dem gemein, was ich so als ‚acceptable social practice and health&safety standards‘ kennengelernt habe. Mit der Flex oder Schmiergelpapier am Marmor – Mundschutz oder Schutzbrille sind Fehlanzeige. Irgendwann kommen wir an einem ca. 8-jährigen vorbei, der einen Wasserschlauch auf die Steinfräse seines Vaters halten muss, dass diese nicht ausglüht – Kinderarbeit!!! Kinderarbeit ist ja wohl das schlimmste, was einem bezüglich sozialer Nachhaltigkeit unterkommen kann. Doch man fühlt sich sehr hilflos. Wahrscheinlich sind bei relativ vielen der feilgebotenen Souvenirs Kinderhände mit im Spiel gewesen. Das kann man ja gar nicht unterstützen! Oder? Der Familie vor Ort hilft Verweigerung auch nix. Im Laufe der nächsten Tage kommen uns öfters seeeehr junge Verkäufer(innen) unter, einige davon tragen sogar noch Schuluniformen, verdienen der Familie nach oder vor der Schule noch ein Zubrot – sind teilweise fünfsprachig: „Mingalabar! Voulez-vos Chapeau? Ist nicht teuer! Only four thousand Kyat! Prego? Vielleicht später?“ Durch meine geplante weitere Tour kann ich keine Souvenirs kaufen (ich hätte einen Schrankkoffer voll bekommen, hätte ich den Platz gehabt), aber die Gruppe kauft im Durchschnitt bis zum Ende wahrscheinlich pro Person 2 Kilo, viel von Kindern. Seele im Zwiespalt.

Gruppenreise

Heute ist es so weit: Das Gruppenreisenabenteuer kann beginnen. Ich verlasse meine Air B’n’B Unterkunft und bringe meinen Koffer in das für die Gruppe gebuchte Hotel. Dann eine Taxifahrt zum Acacia Tearoom, dort werde ich die Gruppe treffen. Das Lokal versprüht kolonialen britischen Charme, die Preise haben locker mit denen in Großbritannien mitgehalten, 4$ für eine Tasse Tee (in einer Kneipe in Yangon kostet das Bier 1,50$). Um kurz nach 11:00 hält ein Bus hält dem Laden, und Yan sammelt mich ein. Die restliche übernächtigte Gruppe wartet im Bus. Mein erster Schreck: zum Einstieg in den Bus stellt ein Burmese einen kleinen Schemel vor die Tür, um die Schritthöhe von Straße zum Einstieg zu halbieren… Wie soll ich da jetzt mit meinem Rollstuhl raufkommen?

Es geht zur ersten Pagode: ein liegender Buddha möchte besichtigt werden. Der ist vielleicht 60m lang, und wird von einer entsprechenden sakralen Halle überdacht. Die Halle ist in dem Fall tatsächlich einfachster Industriebau – Eisenfachwerk mit Wellblechdach. Eigentlich fehlt nur der Laufkran für schwerere Werkstücke. Wie in allen Pagoden muss man dazu die Schuhe ausziehen; die meisten haben noch schwere Wanderschuhe von der Reise an, da bin ich mit meinen Flipflops besser dran. Überraschenderweise bleiben im Laufe der nächsten Tage viele bei unpraktischem Schuhwerk.

Danach wieder in den Acacia Tearoom, ein erster Mittagssnack mit kennenlernen. Leider ist die Gruppe in zwei Räume getrennt. Da ich als letzter dazu gestoßen bin, versuche ich den Informationsrückstand über die Gruppenmitglieder mit einer gegenseitigen Vorstellungsrunde aufzuholen. Gute Idee, war noch keiner drauf gekommen. Immerhin hat sich damit unser Raum mal gegeneinander vorgestellt. Darf ich vorstellen, meine Mitreisenden für die nächsten zwei Wochen: Yan, der Reiseleiter, Karin, Brigitte, Ilse, Uschi, Anne, Günther, Karin, Stefan, [Heidi, Jens, Hilde, Klaus-Peter, Annerose, Norbert, Ilse, Alfred – die lerne ich erst später kennen]. Ich bin nicht der jüngste, senke aber dennoch den Altersdurchschnitt. Wie die meisten arbeite ich nicht. Es gibt neben mir einige andere ohne Partner, aber bei den meisten ist diese aufgrund Verwitwung. Wer mehr wissen will, muss fragen. Danach kurz ins Hotel. Das Parkroyal in Yangon ist ein Fünf-Sterne-Haus, nach der letzten Woche schwelge ich im Luxus, und einer relativ schnellen Internet Verbindung.

Danach geht’s zur Shwe Dagon Pagode, einer der größten in Myanmar. Gold, wohin das Auge blickt. Teilweise echtes Blattgold, teilweise eine Goldfarbe. Die Krone der Pagode ist mit Diamanten und Edelsteinen besetzt. Wie sonst in einem so bitterarmen Land. Wir umkreisen die Pagode im Uhrzeigersinn, es gibt alle möglichen zusätzlichen Schreine rundherum. Gold wohin man blickt. Langsam geht die Sonne unter, von einer Seite ist die Pagode glitzernd angestrahlt, von der anderen Seite gibt’s effektvolle Gegenlichtaufnahmen. Erwähnte ich: Gold wohin man blickt?

Der nächste Tag führt uns zur Sule-Pagode. Da diese etwas kleiner ist, konnte nicht ganz soviel Gold verbaut werden, aber auch hier: Gold wohin man blickt (OK, das wiederholt sich jetzt – denkt Euch einfach bei jeder Pagode Gold, Gold, Gold). Auch an sonstigem Kitsch wird nicht gespart. In den meisten Schreinen stehen Buddha-Figuren. Um deren göttliche Ausstrahlung zu unterstreichen, werden hinter deren Köpfen gerne LED-Scheiben montiert. Die Möglichkeiten moderner Lichtsteuerungstechnik ausnutzend strahlen dort bunte LEDs in ständig bewegten, bunten Mustern. Dazwischen noch ein paar Spiegelkacheln um das Gold zu reflektieren, welches in diesen Pagoden im Überfluss vorhanden ist. Danach eine alternativ-esoterische Einlage, wir fahren in einen Außenbezirk von Yangon, wo wir die Heilpraxis von Dr. U Shein, MD (MA) besuchen. Der alte Mann ist Schamane und Wunderheiler, hat sein Titel von der Universität von Colombo, Sri Lanka und ist Mitglied im wissenschaftlichen Beirat von „Schamanismus und Heilen e.V.“ in München. Wer mich kennt, kann sich vorstellen, wie überzeugend das auf mich alles wirkt. Komischerweise bleibe ich skeptisch, auch als er an einer seiner Assistentinnen demonstriert: Hand vor die Brust: Assistentin hustet dreimal. Hand von oben nach unten: Assistentin fällt in tiefen Schlaf, in die Armen einer zweiten Assistentin. Nochmal Hand auflegen, Assistentin wacht auf. Dr. U Shein verkauft auch Gold-Asche-Medizin, hilft gegen alles. Danach sitzen wir bei ihm und trinken Tee, er verteilt Mappen mit den Geschichten von ihm geheilten Menschen, manche davon auch mit deutschen Briefen und e-mails. Jetzt bin ich restlos überzeugt, da mir aber gerade nix fehlt, nehme ich vom Kauf der Gold-Asche-Medizin Abstand. [Um meine Skepsis zu relativieren: ich glaube durchaus, dass der Mensch erhebliche Selbstheilungsfähigkeiten hat, vielleicht weckt das kleine Krischperl die halt besonders gut. Und wer glaubt, wird seelig.] Wie die meisten meiner Mitreisenden habe ich aber die Fahrt zu der Klinik und den kurze Spaziergang dorthin genossen. Dabei stellen sich aber die kleinen Unterschiede bei der Beobachtungen der fremden Kultur heraus. Ich gucke verstohlen durch die offenen Türen der ärmlichsten Behausungen, wage ab und zu ein Foto aus der Hüfte. Andere haben da weniger Schamgefühl, oder sind mutiger – wie man’s sieht. Wie würden die sich fühlen, wenn plötzlich eine japanische Reisegruppe an deren Zaun in Hannover stehen würde, und Fotos der dort lebenden Familie machen würde. Mit kräftigem Zoom kann man auch durch’s Küchenfenster fotografieren – ihhh, es wurde ja seit mindestens zwei Tagen nicht abgespült…

Danach ein Besuch im Nationalmuseum von Myanmar. Ich schließe mich der Lonely Planet Beschreibung an: appallingly lit and labeled, aber mit ein paar Ausstellungsstücken, die wir im Laufe der kommenden Reise besser einordnen können. Dann weiter zu Scott’s market, wo die Frauen in der Gruppe verzückt Wickelröcke und Jadeschmuck kaufen. Ich selber werde fast schwach bei einer vergoldeten Teakholzschnitzerei für 20€, die mit roten und grünen Glasscherben (sollen sicher Rubine und Smaragde sein) dekoriert ist. Wiegt leider ca. 8 Kilo und ist ungefähr DIN A2 groß. Mal sehen, was der Versand kosten würde…

Danach eine weitere Pagode, einzigartig weil innen begehbar, dort ist ein Schrein mit zwei Haaren von Buddha – wie auch bei katholischen Reliquien so in einem Gefäß mit staubigen Scheiben eingebettet, dass man mir alles erzählen über den Inhalt erzählen könnte. Danach noch ein Foto-Stop an der größten katholischen Kathedrale von Yangon, ein drive-by foto-shooting an einer Moschee, und dann wieder zurück ins Hotel. Der Abend wird kurz, aufstehen morgen früh um 3:45 für den Weiterflug. Gut dass ich nicht noch in die Bar gegangen bin, per mail erfahre ich, dass Herr Chalampalyam aus Indien meine Wohnung mieten will. Wir einigen uns im Laufe des Abends, nun habe ich bis zum 1.6.2014 keine Wohnung in München mehr, dafür eine erhebliche Kostenbeteiligung an meiner Reise – mal sehen, ob ich’s schaffe, meine Übernachtungskosten damit zu decken.

Touchdown in Yangon

Touchdown in Yangon. Das erste echte Ziel dieser Reise – Istanbul war ja mehr eine spontane (und rückblickend betrachtet sehr gute) Verlegenheitslösung weil ich sonst mehr als die Hälfte des Novembers in München gewesen wäre, und das, wo ich doch eigentlich Anfang November hatte fahren wollen. Ein entspannter Fluhafen mit einer Startbahn, Terminalgebäude mit etwas Gold-Pagoden-Stil und drei Gates mit Fingern. Als erstes sehe ich ein gigantisches Schild Visa-On-Arrival. Ich grummle. Warum hab ich den Aufwand mit Visa-Service in Berlin auf mich genommen, wenn’s hier einfach so gegangen wäre. Ein erster Blick bestätigt: Deutschland ist auf der Liste. Ich grummle. Ein zweiter Blick zeigt immerhin: gilt nur für Geschäftsvisa mit Einladung. Doch nicht umsonst, der Aufwand. Jetzt noch die letzte Sorge ausräumen: in Istanbul hat der Typ beim Check-In nach meinem Rückflugticket gefragt, und es zu meiner Verantwortung gemacht, ohne ‚confirmed ticket leaving Myanmar‘ die Einreise zu wagen. Die Einreise Kontrolleurin weiß davon offensichtlich nichts, also bin ich drin!
Noch schnell nur wenig Geld wechseln (der Kurs am Flughafen soll beschissen sein)(ein Tag später bekomme ich beim informellen Geldwechsler in einer Seitenfasse den gleichen), und Taxi besorgen. Meine Gastgeber haben mir eingebläut, nicht mehr als 7.000 Ks (~7 US$) zu zahlen, also verhandle ich für 7.000. 30 Sekunden dafür, wäre wohl mehr drin gewesen. Das Taxi ist ein Rechtslenker, ich stelle mich also auf britische Verhältnisse ein. Aber nein, es fahren alle auf der rechten Seite wie ich’s gewohnt bin. Na gut, das kenne ich von anderen etwas weniger entwickelten Ländern, die nehmen Gebrauchtwagen egal von woher, Hauptsache 5 Räder, da ist es egal ob das 5. links oder rechts angeschraubt ist. Aber überraschenderweise sind alle Autos, die ich sehe, rechtsgelenkt, auch die neuesten. Wikipedia meint, seit 1970 herrscht Rechtsverkehr. Wahrscheinlich stammen halt dennoch die meisten Autos aus dem Gebrauchtmarkt von Thailand, Malaysia, Singapur oder Indien, und was neu gekauft wird, wird dann halt auch so bestellt, dass es zu den restlich Autos passt.
Meine ersten Eindrücke:
– Gegenüber ist ein K-Mart. Mit der gleichnamigen amerikanischen Kette hat der Laden wenig gemein.
– Die Straßenentwässerung in Yangon wird über einen Graben im Bürgersteig gewährleistet, der mit Betonplatten abgedeckt ist. Wartungsfreundlich, aber manche der Abdeckplatten sind halt kaputt – man sollte hingucken, wohin man tritt.
– Ich finde den Hauptbahnhof, es gäbe einen Zug nach Mandalay. Leider ist das Reisen per Zug bei meiner (jetzt für Myanmar) gebuchten Reise nicht vorgesehen. Sonst wäre ich sofort dabei, so 14 Stunden durch’s Land zu gondeln. Das muss ich mir für Vietnam aufheben.
– Im Hauptbahnhof hängt ein Fahndungsplakat der Polizei. Faszinierend, wie schwer ich mich als Europäer tue, die Leute irgendwie zu unterscheiden. Ich könnte schwören, dass ich an all den Verbrechern in der letzten halben Stunde vorbeigelaufen bin.
– Auf der Brücke über die Gleise sitzt eine bettelnde Familie, der kleine Junge springt auf, überholt mich kurz, um vor mir eine demütige Verbeugung zu machen, auf seinen Bauch zu deuten, etwas von food please zu murmeln. Ich gebe nichts, irgendwie aus Prinzip, und weil’s vielleicht auch nicht so schlau ist, nachts in einer unbekannten Großstadt sein Geldbeutel zu zücken und nach etwas Kleingeld zwischen den großen Scheinen zu suchen. Der Junge überholt mich mehrmals, jedesmal die Demutsgeste, und ich komme mir total beschissen vor. Bin ich geizig? Sollte ich meine Spendenstrategie überdenken? Wo fängt man an, wo hört man auf? Was meint Ihr denn, wie haltet’s Ihr mit Bettlern? Ernst gemeinte Frage.
– Die Straßenbeleuchtung offenbart, dass hier noch Potenzial für meinen ehemaligen Arbeitgeber ist. Also ein ständiger Wechsel zwischen Verkaufsständen auf der Straße, die von einem hellen Gebäude dahinter oder einer der seltenen Laternen profitieren, und denen die fast vollständig im Dunklen liegen. Dazwischen wird man von einer modernen Samsungreklame geblendet, im Kopf reihen sich die Eindrücke surreal aneinander.
Danach in der Kneipe um die Ecke ein Bier mit Ruben, meinem Gastgeber. Die Wirtschaft hat sich einen witzigen, auf mich passenden, englischen Namen gegeben. Das Myanmar-Beer hat gerade eine Aktion, wo im Kronkorken Preise versteckt sein können. Der Kellner freut sich diebisch, das Plastik aus dem Kronkorken zu puhlen, und den gewonnenen Gewinn zu verkünden. Es gibt Barpreise in Wert von 0-33% des Kneipenpreises der Flasche Bier zu gewinnen, ich komme auf durchschnittlich 20%, die das ‚Fat Man‘ auch sofort gegen die aufgelaufene Rechnung gutschreibt. Weder Ruben noch ich verstehen den Hintergrundgedanke dieses Systems, aber offensichtlich gibt es einiges an diesem Land, was man nicht sofort versteht. Neben dem Lokal spielen zwei fette Ratten ‚Feigling‘ mit dem Licht was aus der Kneipe strömt; meine Mutter würde schreiend davonlaufen. Um kurz nach zehn macht das Fat Man zu, und ich kämpfe einen längeren Kampf mit dem burmesichen Internet, den Beitrag von gestern zu veröffentlichen. Zwar bieten viele Orte kostenloses Wi-Fi, aber das Problem ist die Bandbreite. So tippe ich diese Texte auf einem Netbook, aber die Website auf der sie sich veröffentlichen lassen ist insgesamt einfach zu groß, weil jedesmal Logo und alle Buttons neu geladen werden – Probleme, die man in Deutschland kaum noch kennt. Die App auf dem iPhone wäre schlanker im Sinne von verursachten Datenverkehr, aber das alles werde ich nicht auf einem Touchscreen versuchen zu tippen. Und wie bekommt man Text von einem PC auf das daneben liegende iPhone? (Tipps, die kein itunes und kein Internet brauchen, und auch keine großen Programme zum runterladen werden gerne akzeptiert). Am morgen löse ich dass Problem, indem ich mit der einfachen Website meines uralten gmx-accounts mir den Text auf’s iPhone maile, und es dann veröffentliche. Bin gespannt, ob’s diesmal schnell klappt.
Nach erholsamer Nachtruhe und somit kuriertem Jetlag erst einmal einen ‚easy day‘. Etwas im klimatisierten Appartement lesen, und nach der Mittagshitze hinaus in die Stadt. Ich komme durch einige Märkte, und rege mich innerlich über den Konsumwahnsinn auf. Ich versuche da meine Gedanken in einem der nächsten Texte mal etwas genauer zu fassen. Ich mache mich weiter auf in Richtung Sule Pagode, da soll man günstig Geld wechseln können. Durch die Differenz zum Kurs am Flughafen spare ich tatsächlich 50 Kyat, umgerechnet 4 Eurocent. Immerhin kann ich so die Pagode schnell besichtigen. Als erstes werde ich für eine Donation für die Verwahrung meiner Schuhe gebeten. Die 100Ks werden entrüstet zurückgewiesen, man erwartet von ordentlichen Touristen 1000 (1 USD). Na gut, das Eintrittsgeld ist ja bestimmt ein guter Zweck. 10 Meter weiter klärt mich eine weitere Dame auf, dass das nur für die Schuhe war, der Eintritt selber wäre für Ausländer 2 USD. Als mich nach weiteren 20 Metern jemand wieder mit Donation anspricht ignoriere ich ihn einfach, und komme ungeschoren weiter. Die Sule-Pagode ist eher mittelprächtig, ein echtes Urteil werde ich mir erst mit etwas mehr Erfahrung erlauben. Fotos würde ich gerne posten, aber bei diesem Internet wird das wohl erst später was.
Danach wieder nach Hause, 10% der Istanbul Fotos aussortieren, und noch einen Absacker mit Ruben und einen Bürokollegen von ihm, der US-Burmese Zam. Das ist aus meiner Sicht auch der größte Vorteil von AirBnB – man ist schnell im Kontakt mit den (semi-)locals. Jedenfalls lernet man so einiges über das Land, und wie es ist hier zu leben. Morgen früh um 11 treffe ich meine restliche Reisegruppe – gespannt ist noch untertrieben.

(Fliegender) Schmelztiegel der Kulturen

Last day in Istanbul. Zum Anlass des Tages gibt’s nochmal Sonnenschein, endlich kann ich des Hotels Dachterrasse nutzen und mit Blick auf die blaue Moschee frühstücken. Dann Krempel zusammenpacken (es wird nicht weniger), in der Lobby unterstellen und nochmal mit Kamera bewaffnet in die Stadt. Schon auf der Terrasse war mir aufgefallen, dass in der Stadt was los ist. Lautsprechergequäke, Applaus war zu hören. Ich tippte auf eine politische Veranstaltung, aber es entpuppt sich als der Istanbul Marathon. Neben der blauen Moschee ist die Zielgerade, verschwitzte Läufer sehen glücklich aus, ihnen wird zugejubelt als sie diesen letzten Hügel erklimmen, letzte Reserven werden mobilisiert. Zeitweise ist im Zieleinlauf eine Katze unterwegs, eine von tausenden die ich in Istanbul gesehen habe, aber sie behindert die Läufer nicht sondern interessiert sich eher dafür, ob die Zuschauer ihr was abgeben. Die Katzen sehen übrigens fast alle gesund und wohl genährt aus. Ein paar haben besonders ihre charmante Seite entdeckt, sehen professionell süß aus. Andere sehe so aus, als kämen sie ganz gut alleine klar, halten wahrscheinlich die Nagetierpopulation in Grenzen. Ich muss an Nermal denken, der hier bessere Chancen hat als Garfield. Dem Sonnenschein geschuldet umrunde ich noch mal die wichtigsten Baudenkmäler, um sie auch von der beschienenen Seite abzulichten.
Dann mache ich mich weiter zum großen Bazar auf, dem Kapalı Çarşı. A) weil’s einfach dazu gehört und B) weil ich meinen AirB’n’B Gastgebern in Aussicht gestellt habe, Ihnen aus Europa Käse mitzubringen. Aber je näher ich dem Bazar komme, um so ruhiger wird’s. Schließlich stehe ich vor einem eindrucksvollen Tor, eindeutig beschriftet. Aber auch genauso eindeutig zu. Ein Sicherheitsmensch von der Moschee erklärt mir, dass Sonntags hier zu ist. Warum denn das? Wenn auch weitestgehend modern, so ist das doch ein Islamisch geprägtes Land. Warum machen die also am Sonntag zu, wenn der Freitag der viel heiligere Tag ist? Nun ja, in der Nähe meines Hotels gibt’s auch ein paar kleine Kramerläden, irgendwo wird’s wohl noch einen Käse geben. Dann noch den Topkapi Palast den hätte ich fast vergessen. Da das Wetter noch immer mitspielt zeigen sich die alten Gemäuer von der Zuckerseite. Ich löse auch die Zusatzkarte für den Harem, aber hier wird man von der Tourismusbehörde richtig über’s Ohr gehauen. Lauter prachtvolle Räume, aber alle leer (die Touris und Wachleute machen’s auch nicht wett). Enttäuscht beschließe ich, Istanbul zu verlassen – ich lasse mir doch nicht alles bieten.
Meine freundliche Anfrage sichert mir für den Flug nach Dubai einen Platz am Notausgang, aber erst trinke ich noch ein Bier mit Doug. Der Kanadier ist auf dem Weg zu der Segelweltmeisterschaft im Oman in der Laser-Klasse und hat durch einen verpassten Anschlussflug 23h in Istanbul gewonnen. Restlos begeistert hat er eine ganze Tüte voller Gewürze eingekauft, Eulen nach Athen wenn man danach im Oman unterwegs ist. Im Flieger kann ich mein Glück kaum fassen – eine Dreierreihe am Notausgang alleine für mich! Bitte bitte lass es so bleiben. Das Boarding ist auch schon ziemlich am Ende… aber nein. Fast zeitgleich mit der Durchsage ‚boarding completed‘ kommen noch zwei möglicherweise reizvolle Damen und setzen sich neben mich. Die beiden sind Araberinnen, da lässt sich das nicht so eindeutig feststellen. Aber eine grüßt freundlich beim Hinsetzen, vielleicht eine Gelegenheit Brücken zwischen den Kulturen zu schlagen? Es kommt eher anders. Die Reihe mit dem Notausgang hat ja so ein paar Sonderregeln, zusätzlich zu den üblichen Flugzeugregeln. Die sind ja total unnötig, davon sind jedenfalls meine Sitznachbarinnen überzeugt. Als ein Steward sie bittet Handtaschen in die Fächer zu verstauen statt auf dem Boden vor der Tür liegen zu lassen, und auch das Handy auszumachen, endet die Geduld der Damen. Lautstark diskutieren sie, gehen den sachlichen Steward an, er möge sich nicht so aufführen – Drama an Bord noch vor Beginn des Entertainmentprogramms. Man muss dazu sagen, dass Emirates das Personal sehr bunt gemischt einsetzt. Diversity gelebt. Stolz werden auch am Anfang die Sprachen aufgezählt, die an Bord seitens des Personals verfügbar sind. Gilles der Steward ist Senegalese, und so sieht er auch aus. Und arabisches Geld will sich jetzt mal nicht von so einem vollpigmentierten Mensch aus Sub-Sahara Afrika was sagen lassen. Ich versuche Gilles zu unterstützen „Madam, the steward was being quite reasonable and not shouting“, aber im Rahmen der Deseskalation tauscht Gilles zum Start mit dem spanischen José, der schließlich einen Kompromiss erreicht: Das Telefon wird ausgeschaltet, und die offensichtlich mit Dollarnoten gefüllte Handtasche kommt auf den Schoß. Am Ende trug’s doch zur Völkerverständigung bei – Gilles serviert mir gleich zwei Miniaturflaschen Rotwein, und gesteht mir etwas später in der Galley, wie sehr er Flüge nach Deutschland schätzt – so diszipliniert, die Teutonen.
Nachts um drei in Dubai, mittags drauf dann in Bangkok – sahen Flughäfen schon immer so gleich aus? Überall die gleichen, teuren Läden – wer kauft das Zeug eigentlich? Lässt sich mit dem schlechten Gewissen gegenüber daheimgebliebenen (und evtl. betrogenen) Partnern wirklich so viel Geld verdienen? Von Bangkok nach Yangon merkt man dann die ersten Zeichen von Asien – die Bordküche ist eindeutig Thailändisch, eine willkommene Abwechslung zu dem Hühnerschnitzel mit Pasta was sonst bis auf Vegetarier eigentlich jedem recht sein müsste. Dafür hat der O-Saft den Namen nicht verdient. Yangon setzt als Flughafen immerhin einen kleinen lokalen Akzent: Das Hauptgebäude ist teilweise der burmesischen Blattgoldarchitektur nachempfunden. Das Abenteuer geht in die nächste Phase.

Technische Anmerkung: das Internet ist hier wirklich laaaangsam. Da wartet man schonmal 20 Minuten bis sich ’ne Website aufgebaut hat. Das Veröffentlichen von Blogs kann also auch mal dauern.