The Road to Mandalay

_MG_5928 teakbridgeMandalay. Für mich war alleine der Name Magie. Mandalay. Es gibt ein Gedicht von Rudyard Kipling (der das Junglebuch schrieb), welches im Refrain (oder wie auch immer das bei Gedichten heisst) the Road to Mandalay zum festen Begriff erhob. Auch George Orwell (der während der Kolonialzeit hier Polizist war) hat es verewigt. Robbie Williams hat auch ein Lied dieses Titels, aber ich hab noch nicht ganz kapiert was es mit der Stadt zu tun hat. Für uns ist die Road to Mandalay erst einmal ein Stück Autobahn, denn der Flughafen liegt weit ausserhalb. Autobahn weil zwei getrennte Fahrspuren je Richtung, keine Autobahn wegen der Fahrräder und Ochsenkarren, die sie auch benutzen. Wie es sich für den Rest der Reise ergeben wird, war der Flug früh am morgen, mitten in der Nacht nach meiner Lesart. Deshalb werden die Hotelzimmer nicht fertig sein, die übernächtigte Gruppe besucht zuerst:

Einen Markt: abenteuerlich dargebotenes Fleisch (wer braucht schon Kühlung?), Gemüse, zweifelhafte fertige Gerichte aus Garküchen, Gewürze (Knoblauch und Chili findet man häufig), billiger chinesischer Plastikhaushaltsschund, Souvenirs. Wenn nur ein paar der Fotos was geworden sind….

Eine Pagode: Manuhani oder so ähnlich. Die Besonderheit hier: ein besonders heiliger Buddha, der ständig mit Blattgold beklebt wird. Seit Jahrzehnten, dadurch erkennt man die ursprüngliche Form kaum noch – die Gruppe tauft ihn ‚Warzenbuddha‘, ‚Klumpenbuddha‘ oder ‚Pockenbuddha‘.

Ein Teakholzkloster: Der ehemalige Palast der Königsstadt Mandalay wurde im zweiten Weltkrieg durch einen Feuerbrand (O-Ton: Yan) nach Bombardierung zerstört. Es müssen wunderschöne Anlagen aus Teakholz gewesen sein, die da ihr Ende fanden. Ein kleines Fragment wurde verschont: das Gebäude, in dem ein vorheriger König starb, wurde abgebaut, Mönchen als Kloster gespendet und anderswo in Mandalay wieder aufgebaut. Als wir den Bus verlassen, merken wir dass auf der anderen Straßenseite gerade eine Hochzeit gefeiert wird. Rowdys, wie wir sind, greifen wir mit Kameras an, und machen ähnlich viele Fotos wie der offizielle Hochzeitsfotograf. Als wir wieder über dir Straße wollen, um das historisch wertvolle Kloster anzusehen, hastet uns der Bräutigam hinterher – wir mögen doch bitte mitfeiern. Die ca. 30cm hohen Tische zum Am-Boden-Sitzen sind nicht für alle pensionierten Knie das Ideale. Auch das dargebotene Essen (von dem wir vor allen anderen Gästen bekommen) ist nicht jedermanns Geschmack. Mir hat einiges gut geschmeckt – wen wundert’s? Am Ende ist nicht klar, ob wir mehr Fotos von denen gemacht haben, oder die Hochzeitsgesellschaft von uns. Das Teakholzkloster danach ist zwar auch schön, aber die Hochzeit war eine super-schöne spontane Einlage.

Danach Verteilung auf die Hotelzimmer. Da ich ca. neun Monate nach den meisten anderen gebucht habe, war für mich in dem Gruppenhotel kein Platz mehr, und ich bin 20 Minuten entfernt in der Stadt untergebracht. Das stinkt mir ernsthaft, denn das Mandalay Hill Resort Hotel ist Klassen besser (mit romantischer Poollandschaft) als meine Bettenburg. Ich schaffe es, Yan zu überzeugen, dass ich selber in einem Hotel einchecken kann, er möge sich um die anderen nicht-im-Ausland-Lebensfähigen kümmern. Prompt fährt mich der Bus zum falschen Hotel, und bis meine fehlende Reservierung durch Hotelwechsel geklärt ist vergeht noch etwas Zeit.

Danach noch eine Pagode (wo ich mein einziges Souvenir der Reise bislang kaufe – ich gebe es zu, dass Lächeln der ca. 14-jährigen Verkäuferin hat mich rumgekriegt), Sonnenuntergang vom Mandalay Hill (als Adventure-Programm werden wir vom klimatisierten Bus auf die Ladefläche von Pickups verfrachtet, die hier als Sammeltaxi dienen), gemeinsames Abendessen.

Die nächsten zwei Tage volles Programm: Flußfahrt auf dem Irrawaddy zur noch älteren Königsstadt Mingon, Kutschfahrt zu anderen Ruinen, Handwerksbesichtigungen, Teakholzbrücke – irgendwann in den nächsten Wochen versuche ich ein paar Fotos hochzuladen. Was findet sich nicht auch im
Reiseführer? In Mandalay gibt es einen Straßenzug, in dem viel Marmor bearbeitet wird. Hunderte von Buddhas, die meisten mit unvollendetem Gesicht (das ist wohl das letzte, bevor sie verschickt werden). Die Arbeitsplätze haben nichts mit dem gemein, was ich so als ‚acceptable social practice and health&safety standards‘ kennengelernt habe. Mit der Flex oder Schmiergelpapier am Marmor – Mundschutz oder Schutzbrille sind Fehlanzeige. Irgendwann kommen wir an einem ca. 8-jährigen vorbei, der einen Wasserschlauch auf die Steinfräse seines Vaters halten muss, dass diese nicht ausglüht – Kinderarbeit!!! Kinderarbeit ist ja wohl das schlimmste, was einem bezüglich sozialer Nachhaltigkeit unterkommen kann. Doch man fühlt sich sehr hilflos. Wahrscheinlich sind bei relativ vielen der feilgebotenen Souvenirs Kinderhände mit im Spiel gewesen. Das kann man ja gar nicht unterstützen! Oder? Der Familie vor Ort hilft Verweigerung auch nix. Im Laufe der nächsten Tage kommen uns öfters seeeehr junge Verkäufer(innen) unter, einige davon tragen sogar noch Schuluniformen, verdienen der Familie nach oder vor der Schule noch ein Zubrot – sind teilweise fünfsprachig: „Mingalabar! Voulez-vos Chapeau? Ist nicht teuer! Only four thousand Kyat! Prego? Vielleicht später?“ Durch meine geplante weitere Tour kann ich keine Souvenirs kaufen (ich hätte einen Schrankkoffer voll bekommen, hätte ich den Platz gehabt), aber die Gruppe kauft im Durchschnitt bis zum Ende wahrscheinlich pro Person 2 Kilo, viel von Kindern. Seele im Zwiespalt.

Ein Gedanke zu „The Road to Mandalay

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