Japanese Food Porn

Nach dem Ausflug nach Miyajima bin ich erstmal platt. Ein kurzes Nickerchen, und dann mache ich mich auf den Weg, etwas zum Abendessen zu erlegen. Ich finde auf Google Maps das „Kushifune“, ein Yakitori Restaurant. Yakitori ist mein neues Go-To Essen, besonders wenn es keine andere Empfehlung gibt. Gegrillte Fleischspießchen, what’s not to like? Der Weg vom Hotel lässt sich besser in Sekunden messen als Minuten. Es riecht lecker. Ich trete ein, und frage „Konishiwa, do you have an english menu?“ Ich bin mir nicht sicher, ob sie „No“ sagten, oder es anders zu verstehen geben. Ich überlege kurz. Nee, nee, die können mich mal. Damit halten sie mich nicht ab. Die Speisekarte hängt an der Wand. Ich widerstehe der Versuchung, einfach wild auf einige der Kacheln zu deuten (in Kanazawa gab es auch alles mögliche exotische an Innereien, das muss nicht sein), und füttere Zwei Fotos in Google-Translate. Natürlich hilft das der Bedienung nicht. Ich merke mir also: die vier Kacheln hinter der leeren (Rind, Rind, Schweinebauch, Hühnerflügel), und die vorletzte (Bier). Ich deute der Bedienung: „one, one, one, one, one“. Irgendwas passt aber nicht; mit Händen und Füßen lässt es sich nicht klären. Aber sie spricht geduldig in Google-Translate, und da steht dann: „price is for one stick, but we always make two“. OK, also „two, two, two, two, one (Das Bier wird einzeln verkauft)“. Alle sind glücklich, und ich erhalte nacheinander zwei Teller mit je vier Spießlein, auf etwas geschnittenem Weißkohl serviert. Ein paar der anderen Gäste prosten mir zu. Offensichtlich sorge ich für Entertainment. Irgendwann kommt ein neuer Gast, und bestellt souverän einige Spieße; setzt sich dann neben mich. Er kann Englisch, die ganzen anderen Japaner haben sich nicht getraut. Allerdings ist er kein Japaner, sondern Koreaner. Seo-jun erklärt, dass er genug japanisch kann, um ein paar Standards zu bestellen, aber nichts lesen kann. Wir probieren dann noch gemeinsam einen japanischen Whisky Highball und etwas Sake. Ich verlasse den Laden 30€ ärmer, aber glücklich – langsam komme ich in den Groove.

Am Abend darauf werde ich nicht kreativer, ich gehe wieder ins Kushifune. Der Besitzer und seine Frau begrüßen mich mit breitem Grinsen. Mein Bestellvorgang wird flexibler. Auf ein paar Kacheln gedeutet, ein paar der Fotos in Google-Maps, ein Foto einer Frühlingszwiebel und als die Nachbarn was leckeres bekomme deute ich an: das will ich auch. Es läuft. Die direkten Nachbarn prosten. Irgendwann kommen drei Japaner, die eigentlich am Tresen gegenüber saßen, und wollen sich unterhalten. Schwierig. Immerhin – glaube ich – tauschen wir Namen aus, ich komme aus Deutschland, Miyajima is beautiful, Ganpei! Als ich ein Foto von ihnen machen, besteht eine Gruppe von Mädels darauf, auch fotografiert zu werden. I like.

Mittags habe ich übrigens ein Okonomiyaki-Restaurant ausprobiert – ohne Do-it-yourself. Hiroshima-Style, das hätte auch nicht geklappt. Aber jeder wird direkt vor einem auf dem heißen Blech zubereitet. Etwas Teig wird zu einem Crepe geformt, ca. 15cm Durchmesser. Danach kommt gefühlt ein Kilo Weißkohl drauf, ein paar Sprossen, Kräuter, etwas was wie grüne Spinnenweben aussieht, etwas Tintenfisch und Fleisch. Das ganze wird gewendet und immer wieder platt gedrückt. Dann noch ein paar Nudeln daneben mit ca.15cm Durchmesser beidseitig angebraten. Dann das Kohl-Crepe auf die Nudeln gelegt. Daneben ein Ei zu einem 15 cm Omelett (ja das ist sehr dünn) gemacht, die vorherigen Zutaten drauf, nochmal gewendet, Soßen und Gewürze drauf, und dann ist es fertig. Man bekommt einen kleinen Spachtel zum Teilen des Okonomiyaki, und isst es direkt von dem Spachtel. Ein Erlebnis. Ich sitze mit vier Japanern am Tresen, danach gesellen sich noch zwei Deutsche dazu. Insgesamt wohne ich der Herstellung von 10 Okonomiyaki bei, und filme fröhlich. Für den Blog sind’s jeweils hauptsächlich Screenshots, entschuldigt die Qualität.

F*!#In‘ up & Folge dem Regenschirm nach Hiroshima

Durch das Klingeln des (Hotel-)Telefons werde ich aus dem Schlaf gerissen. WTF? Wer hat meine Nummer? Beim Aufstehen streift mein Blick die Uhrzeit an meinem Handy. 11:13. Ich ahne etwas. Die Uhrzeit bedeutet zwei Sachen: Ich habe das erste Mal auf der Reise von 02:00 wirklich gut durchgeschlafen, UND ich habe nicht nur das Frühstück, sondern auch die Check-out Zeit um 13 Minuten verschlafen. Nach kurzer Verhandlung einigen wir uns auf 1.000 Yen, dass ich bis 12:00 bleiben darf (6€). Ich habe aber wirklich gut geschlafen, das war’s wert. Als ich danach mein Handy ansehe, fallen mir auch verzweifelte Nachrichten der Tour-Guide aus Hiroshima auf: „Where are you? We must leave in 2 minutes“. Das habe ich also auch verkackt. Falsches Datum für die Tour gebucht. Gut, dass ich den Zug noch nicht gebucht hatte, den hätte ich wahrscheinlich auch verschlafen. 42 Minuten später checke ich aus, lasse meinen Koffer noch kurz da, um im Markt nebenan etwas zu Essen zu erlegen. Leider hat der Markt heute Urlaub/Ruhetag – es hat nur wenig offen. Ich finde trotzdem etwas Sushi, und dann geht’s auf zum Bahnhof. Insgesamt bin ich vier Stunden unterwegs, die Fahrt geht wieder über Osaka. Im Zug beginne ich übrigens, den Blog wieder zu schreiben.

In Hiroshima bin ich im Oriental Hotel untergebracht – ein 20 Stockwerk hoher Klotz der seine besten Zeiten gesehen hat. Und die Erkenntnis: In Japan gibt es noch Raucherzimmer, und ich habe wohl eines erwischt. Leider ausgebucht, kein anderes Zimmer, aber sie stellen einen ‚Deodorant‘ in das Zimmer, scheinbar eine Ozon(?) Maschine. Als ich nach einer Stunde vom Abendessen wieder komme, riecht das Zimmer auch frischer, nach Großwäscherei.

Die am Vortag verpasste Tour habe ich wieder gebucht, diesmal bin ich pünktlich am Treffpunkt am Bahnhof. Meine Mitreisende sind Japaner. Hmmm. Mal hoffen, dass ich da noch genug mitbekomme. Ich hätte mich nicht sorgen müssen, Laurie (Mutter), Kendrick (Vater), Kevin (Sohn) und Julie (Freundin (vom Sohn)) können nicht viel mehr Japanisch als ich, sind 3. und 4. Generation US-Amerikaner. Hana, unser Guide nimmt uns in einen Vorort-Zug mit zum Hafen vor Miyajima, von dort aus mit der Fähre auf die Insel. Im Gegenzug zu Emi in Kanazawa zieht Hana das Programm mit erhobenem Regenschirm durch. Schnell noch ein Foto? Das muss man mit der Gruppe hinterherjoggen büßen.

Details zu dem Tourismus Hotspot könnt Ihr hier lesen: https://de.wikipedia.org/wiki/Miyajima , mein Eindruck: touristisch wirklich wertvoll, entsprechender Andrang; man ist nicht allein. Die wilden Rehe sind nicht so wirklich ‚wild‘, außer sie zupfen japanische Mädchen am T-Shirt, weil diese erst mit ihrem Eis gelockt haben, aber dann doch einen Rückzieher machen. Meine Vorschläge für Rehbraten werden freundlich ignoriert.

Danach geht es mit der Straßenbahn zurück in die Stadt, zum „A-bomb dome“ und dem peace memorial mit Museum. Klar, daran denkt man als erstes, wenn Hiroshima hört. Vor dem 6. August war die bekannte Ruine die Hiroshima Prefectural Industrial Promotion Hall, um 8:15 an diesem Tag war es 600 Meter unter und 260 Meter neben dem Explosionspunkt, heute ist es das dramatischste Symbol für den ersten kriegerischen Einsatz einer Kernwaffe, mit ca. 140.000 Todesopfern.

Das ganze Museum ist ein beeindruckendes Mahnmal, auch wenn mir dabei ein wenig zu kurz kommt, dass Krieg allgemein das wirklich furchtbare ist, und es den anderen Toten des Krieges reichlich wurscht sein dürfte, dass sie ’nur‘ konventionell gestorben sind.

Am Abend entdecke ich dann direkt hinter dem Hotel einen sehr leckeren Yakitori-Schuppen, aber das Essen hier bekommt einen eigenen Eintrag.

Am nächsten Tag sehe ich mir in Hiroshima noch das ‚Hiroshima Castle‘ an, welches nur noch ein Schatten seiner selbst ist. In einer Ecke hat man einen Turm wieder aufgebaut, aber ansonsten viele Hinweisschilder wie „Fundament des Hauptquartiers der 5. Armee-Division“ oder „Ruine des Luftabwehrkommandos“. Danach noch der Shukkei-en, ein sehr schöner japanischer Garten.

Shukkei-en

Kanazawa und der Mangel an Disziplin

„Uiiii, das Sushi sieht lecker aus, können wir kurz welches Essen, geht ganz schnell?“ Eigentlich hätte ich da Einschreiten müssen. Klar sieht das Sushi lecker aus, Kanazawa liegt auch am Meer, und die Reiseführerin hat eben erklärt, dass es hier am allerfrischesten ist, im Omicho Market. Aber echt, müssen wir unsere dreistündige Walking Tour damit verbringen, der englischen Familie beim Essen zuzusehen? Emi erklärt in der Zwischenzeit etwas mehr über Kanazawa.

Es ist meine Disziplinlosigkeit, die mich auf diese Tour von ‚get your guide‘ gebracht hat, und ein Tipp von Doro (dazu mehr später). Fester Zeitpunkt, sich etwas erzählen lassen, und ein paar Tipps für den morgigen Tag abgreifen, den ich ‚zur freien Verfügung habe‘. Witzig, die Formulierung, ich hab Urlaub; alles ist freie Verfügung. Ich habe meinen Jetlag noch nicht überwunden, miserabel geschlafen, bzw. eben nicht, und so die Zeit zwischen Frühstück und der Tour um 14:30 im Hotel mit dösen verbracht, entgegen meines Vorsatzes, mir vor der Tour das Samurai-Viertel anzusehen.

In der Tour sind wir drei Fraktionen, Cindy & Bill aus Kanada, eine fünfköpfige Familie aus England mit israelischen Wurzeln, und ich. Emi, die Guide, hatte, während wir auf die Engländer warteten, das Programm für die nächsten drei Stunden erläutert, am Ende werden wir nur zweieinhalb der vier geschafft haben. Aber mei, you gotta go with the flow. Wir besuchen zwei Geisha-Viertel, wobei ich diesen Beruf noch immer nicht so richtig verstanden. Emi beteuert, dass Geishas ein sehr respektierter Beruf ist, nix schlüpfriges. Doppelschwör! Zehn Minuten später erklärt sie, dass die Treppe dort auf japanisch ‚der dunkle Pfad‘ heißt, weil dort die Geschäftsleute nicht gesehen wurden, wenn Sie zu den Geishas gingen. Hmmmm. Im zweiten Geisha-Teehaus-Viertel gibt es ein Eis, mit Blattgold. Für die Blattgold-Herstellung (oder Herstellung von Produkten mit Blattgold) ist Kanazawa berühmt, weil dazu hier schon immer die richtige Luftfeuchtigkeit herrschte. Ich kann’s mir trotzdem verkneifen und – spoiler alert – habe auch nicht lauter blattgoldbelegte Mitbringsel für Euch gekauft. Am Ende des Tages sehen wir noch kurz die Burg von Kanazawa, bekommen ein paar Tipps, es ist jetzt 17:30, Emi muss gehen – tschüss! Immerhin habe ich mit Cindy und Bill Gesellschaft für’s Abendessen gefunden.

Am Abend im Hotel mache ich noch den Rest der Reise klar. Doro hatte mir den Tipp gegeben, dass es auf Get your Guide noch Karten für die Expo gibt, als Tour verpackt. Ich bin zwar noch etwas skeptisch, nach der ganzen Personalisierungsorgie auf der Website, aber ich habe jetzt eine Tour für den 12.10. gebucht, ein Sonntag. Erkenntnisgewinn: die überraschend hohen Hotelpreise sind nicht geographisch begründet, sondern liegen hauptsächlich am Wochenende. Nach Kanazawa habe ich Hiroshima gebucht, drei Übernachtungen in besserem Hotel für unter 300€. Hätte ich noch den Samstag drangehängt, dann wären es vier Übernachtungen für ca. 700€  geworden. Dann lieber nicht morgens um sechs von Hiroshima zur Expo fahren, sondern ein billiges Hotel in Osaka suchen. Am 15. Oktober wechsele ich übrigens das Land. Meinen Rückflug habe ich von  Taipeh/Taiwan aus gebucht; da war ich noch nie, und auch dieses Land steht bekanntlich vor geopolitischen Herausforderungen. Die restliche Zeit verbringe ich in Kyoto.

Der nächste Tag bestätigt mein Konzept, mehr gebuchte Activities zu machen – ich komme nach beschissener Nacht erst am Nachmittag raus, um mir Kanazawa Castle und den Kenroku-En Garten anzusehen. Der Garten ist wirklich schön.

Abends dann ein Yakitori-Restaurant gefunden, sechs kleine Spieße für 3 €, eher hemdsärmelig serviert. Danach werde ich gut schlafen.

Erste Eindrücke

Ich war schon einmal in Japan, 2012, als ich Familie Reischl in Korea besucht hatte und auf dem Rückweg in Kyoto und Tokyo war. Schon damals war alles gut organisiert, man kam auch ohne Japanischkenntisse vernünftig durch. Mittlerweile ist mehr Internationalität hinzugekommen. Viele Hinweise gibt es in vier Sprachen (JP, Chinesich, Koreanisch und Englisch). Und es gibt viele Hinweise. Gefühlt wird jeder Quadratmeter Wand und Boden mit Hinweisen vollgepflastert. Hinweise, Warnungen, Werbung, Warnungen, relevante Hinweise, Warnungen, Werbung, Hinweise. Irgendwo ist da auch der richtige für mich dabei. Und wenn man ihn dann mal gefunden hat – cool, echt gut organisiert. Dann merkt man auch, dass das orange Schild, ‚Thunderbird Züge in Richtung Osaka, Bahnsteig 33, Wagen 1-6‘ eine farblich entsprechende Spur auf dem Boden hat, der man nur folgen muss, um genau vor seinem Wagen anzukommen. Zu den ganzen Schildern kommen noch Durchsagen und Jingles. Wichtige in vier Sprachen, unaufdringlich leise, und dann noch diverse sprechende Maschinen. Die Rolltreppe warnt unerfahrene Nutzer vor deren Gefahr, und der Fahrkartenautomat begleitet den Hinweis, jetzt seine Kreditkarte einzustecken, mit einer Animation von einer in einen Automaten gesteckten Kreditkarte und einem akustischen Hinweis „Please insert your credit card“. Aber während ich noch überlege, was ich nun evtl. tun müsste, kommt ein freundlicher uniformierter Bahnmitarbeiter und zeigt mir, wo ich die Karte einstecken muss. (to be fair: ich war überrascht, dass das Gerät eine physikalische Karte braucht, und hatte noch die kontaktlose Möglichkeit gesucht).

Die Reizüberflutung setzt sich weiter fort. Bunte Leuchtreklame im Gummibären-design, viel Bling, süße Stofftieranhänger für den Rucksack, verspielte Mode, überall läuft ein Fernseher (auch in der Sauna, mit Ton). Keine Ahnung, um was es geht, aber nicht nur gibt es einen Newsticker an der Unterseite, sondern auch Laufschriften an der Seite, und zwei eingeblendete Fenster wo sich die Moderatoren scheinbar über das unterhalten, was in dem Rest an Bildschirm zu sehen ist. Und die ganzen Schriften sind so grell und bunt, bäh. Dagegen ist home-shopping TV schon fast dezent. Die Fußgängerampel verwenden einen Vogelgezwitscher-ähnlichen Ton um Grün anzuzeigen, ich wunderte mich den ganze morgen in meinem Hotelbett über diesen sehr lauten, monotonen Vogel.

NB: Die drei Aufzüge vor meinem Hotelzimmer quittieren eigentlich alles mit einem freundlichen Ding-Dong, welches sich auch aus den anderen Stockwerken gut hören lässt. Ich überlegte, ob es auch Notwehr gegen Sachen gibt, falls ich dem Aufzug die Gurgel umdrehe.

Und etwas anderes hat sich seit meinem letzten Aufenthalt geändert: ewig viele Langnasen. Jaja, es gab ja Zeiten, kurz nach dem Krieg, da war man als Langnase in Asien noch etwas exotisches. Mittlerweile: gar nicht mehr. Damit entfällt leider auch das leichte Kennenlernen anderer Reisende. Auf meinen vorherigen Reisen bildeten europäisch aussehende Menschen am Bahnhof schnell kleine Grüppchen, verglichen ihre Einschätzung, ob sie denn jetzt am richtigen Bahnsteig standen, das alles fällt weg. Fast habe ich das Gefühl, als ignoriert man sich gegenseitig mit etwas Beleidigung, weil die ganzen Anderen einem das Gefühl der Exotik rauben.

Ein Satz mit X – Expo 25 in Osaka

Der freundliche japanische Herr im Anzug schüttelt traurig den Kopf: „Sorry, no. Sorry, no more tickets“. Niedergeschlagen verlasse ich die Tourist Information in der Namba Station. Er hat bestätigt, was mir das Internet am Abend zuvor schon gesagt hatte. Offensichtlich sind schon alle Karten für die Expo verkauft worden. Grrr. Aber abends im Hotel durfte ich mich erst einmal für ein Benutzerkonto auf der schlecht gemachten Website der Expo registrieren, komplett mit Fünf-Faktor-Authentifizierung und mehrfacher Bestätigungsmail. Grrrr. Irgendwann, an der Stelle wo ich den Button ‚Ticket jetzt kaufen‘ erwartet hätte, ein grauer Button ‚Ticket Sales have ended‘. Keine weitere Erklärung, wenn es schon keinen Banner auf der Startseite gab, dass der weitere Besuch der Website sinnlos ist. Grrr. Ich google ein wenig, und finde dann immerhin eine Pressemeldung, dass der Verkauf seit dem 30.9. eingestellt wurde. Grrr. Ok, bin ja auch ein bisserl selber Schuld, auch wenn ich die Reise eher spontan gebucht habe, ich hätte noch drei Tage nach dem Flugticket zum buchen gehabt.

Ich bin schon etwas getroffen, immerhin war die Expo der vorgeschobene Anlass für die Reise, jedenfalls dafür dass ich noch schnell bis Mitte Oktober fliege, statt entspannt im November. Andererseits habe ich über die Expo noch keine Stürme der Begeisterung gehört, bis hin zur Tonalität ‚Na ja, wenn Du da bist, kannste es schon mitnehmen, aber der Rest von Japan hat mehr zu bieten‘.

Ich beschließe den Tag noch dafür zu nutzen, mir das Aquarium anzusehen, ‚eines der größten der Welt‘. Als ich dort kurz nach 15:00 ankomme, begrüßt mich ein Schild „now selling timed tickets for 18:00“. Noch werden Japan und ich keine Freunde. Ich bin auch noch nicht richtig im Groove.

Aber nun vielleicht mal langsam vom Anfang. Arbeitstechnisch war das Jahr nicht intensiv, und da kommt natürlich die Idee auf, viel zu reisen. So geisterte Japan mit Expo mir schon länger im Kopf rum. Nebenbei scheint ja Japan das ’neue Mallorca‘ zu sein, wie eine Freundin kommentierte. Im Freundeskreis auch einige Einschläge. Als dann mein Endkunde beschloss, ab Oktober die Arbeit mit Eigenmitteln zu erledigen, war es – auch ein wenig auch aus Trotz – besiegelt. Am 30.9. noch ein Oktoberfestbesuch, der 1.10. zum ausnüchtern, und am 2.10. geht’s los. Mein Flug geht über Frankfurt und Tokio. Kurz war die Strecke nach Tokio noch nie, aber seit man sich mit Russland nicht mehr gut versteht ist der Flug noch länger geworden. Knapp 12 Stunden am Stück. Bähh. Da hiflt auch die Auswahl an Videos nur bedingt. Da der Tokio-Flug nach deutscher Zeit bis ca. 2 Uhr morgens fliegt bin ich nicht müde und schaffe es nicht zu schlafen. Dann noch von Tokio nach Osaka, und um 14:00 Ortszeit schlafe ich mehrmals im Bus zum Hotel ein. Eigentlich ist mir bekannt, wie man den Jetlag in die Richtung bekämpft. Bis zum Abend durchhalten, und dann normal ins Bett gehen. KEIN Mittagsschlaf. Konsequenz ist Glücksache, ich bin soooo müde.

Vier Stunden später wache ich auf. Mein Hotel ist in Dotonbori, das Ausgehviertel von Osaka. Ich finde etwas zu essen, aber bin nicht in Kneipentour-Stimmung. Außerdem muss ich noch einiges organisieren, wie meine Expo-tickets für den nächsten Tag – siehe oben. Natürlich schlafe ich in der Nacht kaum, erst vom Morgen in den Vormittag hinein. Wenn schon keine Expo, dann was Leckeres zu Essen. Ich entscheide mich für Okonomiyaki, eine Pfannkuchen-Spezialität. Vor dem empfohlenen Restaurant ist eine 20 Meter lange Schlange, also finde ich nebenan einen Kollegen. Ich trete ein, das Restaurant ist komplett leer. Kein gutes Zeichen, aber egal. Ein freundlicher Japaner weist mich in den 1. Stock zu gehen, da sind immerhin die Hälfte der Tische besetzt. Jeder Tisch hat eine Teppan-Platte. Oh no. Eigentlich habe ich Do-it-yourself Essen auf meine Not-to-do Liste gesetzt, außer ich kenne mich genau aus (zB Käsefondue), oder habe einen Profi dabei. Aber jetzt bin ich hier, da muss ich durch. Ich bestelle das zweitteuerste Gericht auf der Karte (mit Bildern, also kein kompletter Blindflug, aber weiß ich, was der Unterschied zwischen den verschiedenen Pfannkuchen ist?). Kurz darauf kommt die freundliche Bedienung mit einer Schüssel, die nach gehacktem Weißkohl mit diversen Stücken Fisch und Fleisch darauf aussieht. Ich hindere sie am Weggehen; what do I need to do? Sie lächelt, gibt mir ein laminiertes Blatt mit englischer Anleitung, und hilft mir dann noch etwas. Unter dem Weißkohl ist wohl Mehl und Ei, und alles wird gemischt. Also Pfannkuchenteig mit sofortiger Beigabe von Leckereien. Ich mache dennoch Fehler. Alles auf einmal kann nicht passen, oder? Also wird mein erster Pfannkuchen zu dünn, hält beim Wenden nicht zusammen, und ich fabriziere Japan-Touristen-Schmarrn. Es hätte alles auf einmal zu einem 15cm großen Kuchen gehört, der dann ca. 3 cm hoch wäre. Als zweite Charge mache ich den Rest, nun dick genug. Nach der Vollendung, das erklärt mir die Bedienung noch, kann ich nach Belieben diese Soßen, diese Seetang- und Bonitoflocken und diese Gewürze über den Pfannkuchen geben. Natürlich blöd, wenn man die ganzen japanisch beschrifteten Saucen nicht kennt. Das Resultat ist OK, aber vielleicht hätte es auch umwerfend sein können, wenn es ein Profi gemacht hätte? Do-it-yourself Essen ist zu Recht auf der Not-to-do Liste. Am Abend finde ich aber ein leckeres Gyoza-Restaurant, wo mein einziger Beitrag (neben zahlen) das Essen ist.

Mein Hotel in Osaka ist eher untere Mittelklasse. Es ist das einzige, was ich neben dem Flug schon aus Deutschland gebucht hatte. Die Preise hatten mich schockiert. Fast alle Hotels über 500€ für zwei Nächte. Gut, in München kosten Zimmer um die Zeit auch so viel. Jedenfalls beschließe ich Osaka bald wieder zu verlassen; ein kurzer Check nach Hotels in Kanagawa zeigt eine große Auswahl im Bereich unter 100€ die Nacht. Also buche ich dort etwas, und verlasse am nächsten Tag mittels U-Bahn, Express-Zug und Shinkansen Osaka.

Für Kanazawa habe ich mir ein besonderes Hotel ausgesucht. Ich bekomme zwei Zimmer zum gleichen Preis. Ich selber habe Zimmer 312, meine Schuhe wohnen in Zimmer 316. Zimmer 316 ist allerdings erheblich kleiner und ist gleich neben der Lobby – alle Gäste müssen Ihre Schuhe kurz nach dem Eintreten ausziehen und sie in kleine Schließfächer (meines: 316) einsperren. Dann tritt man strumpsockert zum Check-In. Das Onyado Nono liegt zentral und ist als ‚authentisch japanisch‘ beworben, komplett mit Onsen. Das Zimmer bestätigt das. Klein aber gemütlich, mit Schiebetür zwischen Gang und Hauptzimmer, und mit einem Seidenpapier-Schiebefenster vor dem normalen Fenster. Der Boden ist mit Tatamimatten ausgelegt, das Bett ungefähr 30cm hoch, und auch die restlichen Möbel könnten einem Kindergarten entliehen sein. Auch den Onsen habe ich ausprobiert, in Europa würden wir halt Spa-Bereich sagen. Nach Geschlechtern streng getrennt, Tattoos streng verboten, textil-los, mit Sauna und warmen und kalten Becken. Wie auch im Hotel in Osaka, ein Überangebot an kostenlosen Artikeln. Wenn ich’s richtig verstehe, stammen die Onsen aus der Zeit, als man in japanischen Häusern noch häufig keine Bäder hatten. Also ist die ‚Dusche‘ ein kleinerer, niederer Bereich mit einem Hocker. Körperseife, Shampoo, Conditioner, Rasierschaum und noch zwei Flaschen deren Inhalt ich vergessen habe.