Ich war schon einmal in Japan, 2012, als ich Familie Reischl in Korea besucht hatte und auf dem Rückweg in Kyoto und Tokyo war. Schon damals war alles gut organisiert, man kam auch ohne Japanischkenntisse vernünftig durch. Mittlerweile ist mehr Internationalität hinzugekommen. Viele Hinweise gibt es in vier Sprachen (JP, Chinesich, Koreanisch und Englisch). Und es gibt viele Hinweise. Gefühlt wird jeder Quadratmeter Wand und Boden mit Hinweisen vollgepflastert. Hinweise, Warnungen, Werbung, Warnungen, relevante Hinweise, Warnungen, Werbung, Hinweise. Irgendwo ist da auch der richtige für mich dabei. Und wenn man ihn dann mal gefunden hat – cool, echt gut organisiert. Dann merkt man auch, dass das orange Schild, ‚Thunderbird Züge in Richtung Osaka, Bahnsteig 33, Wagen 1-6‘ eine farblich entsprechende Spur auf dem Boden hat, der man nur folgen muss, um genau vor seinem Wagen anzukommen. Zu den ganzen Schildern kommen noch Durchsagen und Jingles. Wichtige in vier Sprachen, unaufdringlich leise, und dann noch diverse sprechende Maschinen. Die Rolltreppe warnt unerfahrene Nutzer vor deren Gefahr, und der Fahrkartenautomat begleitet den Hinweis, jetzt seine Kreditkarte einzustecken, mit einer Animation von einer in einen Automaten gesteckten Kreditkarte und einem akustischen Hinweis „Please insert your credit card“. Aber während ich noch überlege, was ich nun evtl. tun müsste, kommt ein freundlicher uniformierter Bahnmitarbeiter und zeigt mir, wo ich die Karte einstecken muss. (to be fair: ich war überrascht, dass das Gerät eine physikalische Karte braucht, und hatte noch die kontaktlose Möglichkeit gesucht).
Die Reizüberflutung setzt sich weiter fort. Bunte Leuchtreklame im Gummibären-design, viel Bling, süße Stofftieranhänger für den Rucksack, verspielte Mode, überall läuft ein Fernseher (auch in der Sauna, mit Ton). Keine Ahnung, um was es geht, aber nicht nur gibt es einen Newsticker an der Unterseite, sondern auch Laufschriften an der Seite, und zwei eingeblendete Fenster wo sich die Moderatoren scheinbar über das unterhalten, was in dem Rest an Bildschirm zu sehen ist. Und die ganzen Schriften sind so grell und bunt, bäh. Dagegen ist home-shopping TV schon fast dezent. Die Fußgängerampel verwenden einen Vogelgezwitscher-ähnlichen Ton um Grün anzuzeigen, ich wunderte mich den ganze morgen in meinem Hotelbett über diesen sehr lauten, monotonen Vogel.
NB: Die drei Aufzüge vor meinem Hotelzimmer quittieren eigentlich alles mit einem freundlichen Ding-Dong, welches sich auch aus den anderen Stockwerken gut hören lässt. Ich überlegte, ob es auch Notwehr gegen Sachen gibt, falls ich dem Aufzug die Gurgel umdrehe.
Und etwas anderes hat sich seit meinem letzten Aufenthalt geändert: ewig viele Langnasen. Jaja, es gab ja Zeiten, kurz nach dem Krieg, da war man als Langnase in Asien noch etwas exotisches. Mittlerweile: gar nicht mehr. Damit entfällt leider auch das leichte Kennenlernen anderer Reisende. Auf meinen vorherigen Reisen bildeten europäisch aussehende Menschen am Bahnhof schnell kleine Grüppchen, verglichen ihre Einschätzung, ob sie denn jetzt am richtigen Bahnsteig standen, das alles fällt weg. Fast habe ich das Gefühl, als ignoriert man sich gegenseitig mit etwas Beleidigung, weil die ganzen Anderen einem das Gefühl der Exotik rauben.