Out, back at Uluru (Deutsch/English)

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Noch züngeln Flammen aus dem Holz des Feuers in Mitten unseres Schlafplatzes, doch ein Ende ist abzusehen. Das Feuer wird erlöschen und nur eine wärmende Glut zurücklassen. Das erkennen auch die verschiedenen gefährlichen Tiere des australischen Outbacks: Schlangen, Spinnen, Skorpione und Dingos ziehen ihre mörderische Schlinge immer enger, man ist wieder, in seiner Ursprünglichkeit als Mensch, der Natur ausgeliefert. Dieses Gefühl des ausgeliefert seins ist bei manchen stärker als bei anderen, ich höre getuschelte Unterhaltungen mit dem Tenor: Ich könnte jetzt in einem gemütlichen Bett liegen, warum sind wir hier? Ich jedenfalls weiß das genau, ich habe die Tour für mich selber gebucht: Drei Tage und zwei Nächte von Alice Springs aus nach Kings Canyon, Kata Tjuta und Uluru. Ich habe mich vorher wie üblich umfassend informiert: in der Tourist Information von Hervey Bay einen einzigen Flyer zu Tour-Angeboten in der Mitte Australiens mitgenommen. Ich hatte erst gedacht, mir hier in Alice Springs ein Auto zu mieten, und zur Wahrung meiner heiligen Unabhängigkeit alles selber zu machen. Als ich beginne, die verschiedenen Kostenelemente zu addieren, fiel mein Blick wieder auf den Flyer: Transport und Unterkunft individuell wären erheblich teurer als das Gesamtpaket auf dem Flyer, und das Fahren im Outback soll ja so gefährlich sein, also – hey, why not?
Am Flughafen von Alice Springs wird man vom Shuttle von Toddy’s Backpackers abgeholt (die ein Zimmer als preisgünstiges Paket mit der Tour anbieten), beim Warten treffe ich Beate und Katharina aus Bonn (ich bin überrascht, dass da noch jemand wohnt, ich dachte die wären alle nach Berlin umgezogen). Natürlich haben wir alle für den nächsten Morgen die Dreitagestour gebucht, allerdings nicht mit dem gleichen Bus. Wir ignorieren das kindische Verhalten der Gruppen, die gerade von einer solchen Tour zurückkommen und gehen gediegen in der Stadt essen und etwas trinken. In Anbetracht der 50 Fliegen, die uns schon am Flughafen umschwirrten kaufe ich noch ein Fliegennetz für um den Kopf. Abfahrt am nächsten Morgen um 5:30 – und ich dachte ich hab Urlaub.
Mr. Bus-Driver-Man begrüßt den verschlafenen Haufen – wir fahren erstmal zweieinhalb Stunden ohne Radio, da könnt Ihr noch schlafen, aber danach ist mitmachen angesagt. Dann geht’s los, ins echte australische Outback. Ich habe einen genialen Platz erwischt, schräg hinter dem Fahrer, erhöht, da der Sitz über dem Vorderradkasten liegt. Im fahlen Licht des Morgens sehe ich Büsche, Bäume, roten Staub, Büsche, Staub, Bäume, Gras, Büsche, abgestorbene Bäume, eine einzelnes Auto als Gegenverkehr, Büsche, Bäume, ein Känguru (behauptet der Fahrer, ich hab’s nicht gesehen). Ich bin überrascht, dachte wir fahren durch eine ausgetrocknete Wüste, und finde es erstaunlich grün. Ab und zu sieht man einen Raubvogel, und ein paar Kühe. Nach zweieinhalb Stunden halten wir an Mount Ebenezer, einer Cattle Station auf dem flachen Land. Hier wird getankt, man kann sich ein Kaltgetränk holen, und weiter geht’s – weitere zweieinhalb Stunden Fahrt liegen zwischen uns und unserem ersten echten Ziel. Erster Schritt: Kennenlernen. Eine Frageliste wird vorbereitet, Name, Alter, Herkunft, …, aber auch interessantere Fragen wie, erzähle einen Witz oder eine lustige Geschichte, und beschreibe Deinen ersten und Deinen letzten Kuss. Nacheinander kommt jeder vor, bekommt das Mikro in die Hand gedrückt und darf sich vorstellen. Wer fährt mit? Eva und Timo, zwei Geschwister aus Holland, Ali* (Name von der Redaktion verfremdet) aus Deutschland und Heinrich aus Südtirol, das einzige Paar unter den achtzehn Mitreisenden, Tahlia und Luc aus Kanada, Felix und Johannes aus der Nähe von Mannheim, Frederike aus Schleswig Holstein, deren Name und sämtliche üblichen Abkürzungen ständig verhunzt werden, Jem aus London, Aneta aus Polen, Martina aus Dingolfing, Ro aus Korea, Matteo aus Italien, Morten aus Dänemark, Trevor aus den USA, Melanie aus Kanada, und ich. Einige hatten ihren letzten Kuss vor drei Minuten, andere wurden noch nie geküsst, manche geben auf intensives Nachfragen des Fahrers zu, dass der letzte Kuss an einem Strand in Tasmanien auch noch etwas weiter ging. An Hand der witzigen Geschichten offenbart sich unterschiedlicher Humor, und auch sonst sind wir eine bunte Truppe. Einige wohnen in Australien, andere machen ausgedehnte Reisen wie ich, andere sind mal schnell für drei Wochen aus Europa nach Australien geflogen. Ich bin mit gutem Abstand der älteste, von meinem Angebot, mich Opa zu nennen, macht aber niemand Gebrauch. Unser Fahrer ist Killian, aus Cork in Irland, der nach einem Aprilscherz der Hebamme fast mit dem Mädchennamen Gillian im Pass rumlaufen würde. Langsam werden die Empfindlichkeiten der Gruppe getestet, und nach kurzer Zeit etabliert sich ein entspannter Umgangston, der auf einem Film den Warnhinweis „Strong language, some sexual references and mild violence“ verdienen würde.
Unser erster Stopp ist Kings Canyon. Es wird rigoros überprüft, dass jeder drei Liter Wasser dabei hat, es hat vielleicht 32 Grad, und die Sonne brennt ordentlich auf uns hinab. Eine dreistündige, anstrengende Wanderung ist angesagt, mit einem steilen Anstieg zum Anfang, der den Namen Heart Attack Hill bekommen hat. Ein zügiges Tempo wird erbeten, und Disziplin beim zusammenbleiben. Wie üblich wird es nicht so heiß gegessen wie gekocht – der erste Anstieg ist eher eine sorgfältig gestaltete Treppe aus zusammenbetonierten Natursteinen, und auf den ca. 200 Höhenmetern machen wir drei kurze Halte, bitte Wasser trinken. Fotografiergelegenheiten werden angeboten und genutzt, von diesen drei Tagen gibt es mehr Fotos von mir als auf der gesamten Reise bislang entstanden sind. Mein geistiges Bild eines dreistündigen Aufstieges auf einen Münchner Hausberg mit zusätzlicher witterungsbedingten Erschwernissen bewahrheitet sich nicht. Wir sind zwar fast drei Stunden unterwegs, aber dabei wird viel gequatscht und gehalten. Witzig auch die unterschiedlichen Interpretationen von ‚geeignetem Schuhwerk und Kleidung‘. Ich hatte schon fast ein schlechtes Gewissen mit meinen Trekkingturnschuhen, aber es laufen auch Leute in flachen Sneakers mit Blumenmuster umher, und Aneta trägt Cowboy-Stiefletten mit kleinem Absatz und einen Jeans-Rüschen-Minirock. Die Stiefletten sollen vor Schlangen schützen; ich bin ich wohl nicht der einzige, der sich denkt, dass die nie mithalten können wird. Tut sie aber, klaglos, die ganzen drei Tage.
Kings Canyon ist ein hübscher roter Sandsteincanyon, an einem Ende ist der ‚Garden of Eden‘ wo etwas Wasser steht und grüne Bäume üppig wachsen. Der staubige Weg ist – wenn man Wanderwege in den Alpen gewohnt ist – breit und gut ausgebaut: immer wieder betonierte Stufen, öfters mal ein Geländer.
Nach der Wanderung geht’s in Etappen weiter, wir halten kurz um zu tanken, und dann müssen wir Feuerholz für die Nacht suchen. Neben der Straße ist ein Stück, wo vor einiger Zeit ein Feuer gewütet hat. Manches Buschwerk hat sich erholt, einiges ist neu gewachsen, aber es steht auch viel Totholz herum. Wir suchen gerade, kinderarmdicke Äste, die ungefähr zwei Meter lang sind, damit sie auf den Anhänger passen. In freudiger Zerstörungswut laufen wir los, reißen Bäumchen um, wippen auf Ästen um sie abzubrechen, zerren das Ganze Richtung Bus. Teilweise ist das Holz von dem Brand noch schwarz, die Klamotten sind jetzt also rot-schwarz schmutzig. Auf meine Frage, ob es Axt oder Säge gäbe, grinst Killian: Nein, damit könnten sich Backpacker ja verletzten. Nach einer knappen halben Stunde wählen wir die Hälfte unserer Beute, schnallen sie auf den Trailer, und fahren weiter. An der linken Seite der Straße sehen wir einen markanten alleinstehenden Berg, er sieht nicht ganz so aus wie auf den Fotos, aber…? Nein, das ist Mount Connor, auch Fooluru genannt, weil er anfangs von allen fotografiert wird.
Für Essen am Abend ist gesorgt, aber ein kaltes Bier fehlt noch. Auf einer Strichliste müssen wir uns für die nächsten beiden Abende festlegen. Das seltsame australische Mengenrabattsystem beim Bierkaufen schlägt wieder zu: der günstige Preis von drei Dollar für eine Dose gilt nur für den 30er Karton (Im Six-Pack kostet die gleiche Dose über vier Dollar), also müssen wir noch Zusagen für weitere 15 Dosen einfordern. Am Ende nehmen die vier deutschsprachigen Männer fast die Hälfte des Bieres, man muss sich nicht wundern woher der Ruf kommt. Nach weiteren zwanzig Minuten kommen wir zum Bush-Camp. Ich muss im richtig Moment „Highway to Hell“ auf voller Lautstärke starten, und Killian biegt ohne zu bremsen auf eine staubige Piste ab. Der Bus schlingert und dröhnt, der Anhänger hüpft ihm bedenklich hinterher. Danach müssen wir auch die kurze Piste noch einmal abfahren, um ein paar Topfdeckel zu finden.
Das Bush-Camp besteht aus einem Blechdach, unter dem man Schutz vor der Sonne (die eben untergegangen ist) finden könnte, einem Blechhäuserl welches genau das bayrische Häuserl enthält, und eine große Grube, die von vielen Lagerfeuern zeugt. Grauer Schmutz gesellt sich zu dem anderen auf den Klamotten. Unter der Asche glühen noch die Kohlen von unseren Vorgängern, so ist das Feuer schnell wieder in Gang, das Essen wird vorbereitet, die Swags verteilt.
Ein Swag ist eine geniale Erfindung, ich hatte den Begriff schon öfters gehört, und gedacht, dass es eine allgemeine Beschreibung für Camping-Krempel ist, aber nein, hier ist es ein spezifischer Gegenstand. Man stelle sich vor: Ein Biwaksack aus Segeltuch, aber ungefähr in der Größe einer Einzelmatratze. Der Boden ist dicker Kunststoff, und eine komfortable Isomatte ist gleich mit eingebaut. Mit Rike als Freiwilligen wird die Nutzung vorgeführt: Aufrollen und aufklappen, bei geliehenen Swags nach Schätzen suchen (Iphones sind keine Seltenheit), Schlafsack reinlegen, draufsetzen und Schuhe daneben, dann Reinschwingen, Schuhe als Kissenersatz unters Kopfende legen, und die Reißverschlüsse zumachen. Dann klärt Killian über die Gefahren des Outbacks auf – die eingangs erwähnten Spinnen, Skorpionen und Schlangen. Gegen diese hilft die ‚Monster-Flap‘, mit der man sein Kopfende locker abdeckt.
Vor der Nutzung gibt es Essen: nicht durchgekochter Reis, angebranntes Brot, ein sehr leckeres mildes Chili und feines Ratatouille. Wie üblich beim Campen schmeckt es vorzüglich, und auch das an sich wirklich nur mäßige Bier tut gut. Wir sitzen noch ein wenig am Feuer, aber da wir am nächsten Morgen um halb fünf aufstehen müssen (und das soll Urlaub sein?), sind wir recht früh im Bett. Killian erklärt noch die Verteidigung gegen alle möglichen Gefahren. Jeder sammelt ein paar Steine, damit man sie in der Nacht zur Verteidigung gegen Dingos (asiatische Wölfe) hat, mit einem Buddy-System geht man nur paarweise auf’s Klo, außerdem wird mit einem Spaten eine tiefe Furche um die Schlafsäcke gezogen (Schlangen erkennen den Wärmeunterschied der frisch aufgetanen Erde, und nehmen vor Verwirrung vor diesem länglichen Objekt Reißaus), und eine Salzspur um den Schlafplatz gelegt (Das Salz soll Insektenfüßen Feuchtigkeit entziehen, das ist für sie so unangenehm, dass auch sie diese Linie nicht überqueren). Während die Furchen immer tiefer und die Salzlinie immer dicker wird muss ich grinsen; es würde mich nicht überraschen, wenn Killian mit einer Voodoo-Plastikschlange ankommt, und uns bittet, diese mit Nadeln zu traktieren. Ich bin überzeugt, total sicher zu sein: es gab kein Hinweisschild, welches diese Aktivität verbietet. Mein größtes Problem: bis ganz kurz vor dem Einschlafen die Brille aufbehalten um den unglaublich klaren Sternenhimmel zu genießen, und sie danach so unterbringen, dass ich mich nicht drauflege. An dem Getuschel um mich herum erkenne ich, dass andere existenziellere Sorgen plagen.
Um 4:30 – es war kein Scherz – werden wir von Killian geweckt, der Swag wird wieder zusammengerollt, es gibt etwas Frühstück, und wir fahren die letzte Stunde in Richtung Uluru. In der nächsten Nacht sind wir auf einem Zeltplatz, wir suchen ihn schon jetzt auf und dürfen duschen. Danach fahren wir in den Nationalpark zu den Kata Tjuta, eine Sammlung von 36 roten Sandsteinhügeln, die eigentlich schöner sind als Uluru, aber halt kein so markanter Monolith. Auch hier erwartet uns eine Rundwanderung, die wir klaglos absolvieren. Ein Wallaby kreuzt unseren Weg, ansonsten massenweise Fotos mit tollen Kontrasten des roten Sandsteins, der grünen Bäume und des blauen Himmels. Mittag gibt es auf dem Zeltplatz, wir haben noch etwas Zeit um schwimmen zu gehen, und danach beginnt die psychologische Vorbereitung auf Uluru. Ein kurzer Abstecher zum Aborigine Cultural Center, und dann fahren wir zum Fuß des Felsens. Ayer’s Rock wurde er bei seiner Entdeckung Ende des 19. Jahrhunderts genannt, Uluru heißt der heilige Berg seit zehntausenden von Jahren. Nur die Dorfältesten dürfen den Berg besteigen, und auch nur für die wichtigsten Zeremonien, dass jährlich weiterhin tausende Touristen den Treck machen ist für die Ureinwohner ein Sakrileg. Killian und der Tour-Veranstalter sind eindeutig für großen Respekt für die Kultur der Aborigines, und so halten wir an dem Parkplatz wo der Weg AUF den Berg beginnt. Killian warnt vor dem anstrengenden Aufstieg bei großer Hitze, erklärt das der Blick/das Foto von oben eher mau wäre: In alle Richtungen Outback, nur im Vordergrund etwas roter Boden, und eine Leistung wäre es auch nicht – mit ca. 350 Höhenmetern wäre das kein ‚bezwungener Berg‘, go to the fucking Alps for climbing mountains. Langsam redet er sich in Fahrt. Zur Erhöhung der Authentizität gebe ich einen Teil seiner Botschaft wortwörtlich wieder: „For any fucking stupid tourists to climb this mountain is like pissing on someone’s grave, shitting in their church. The only bastards who do it are arrogant fucking cunts. I have to give you the choice, but if you bitches do decide to fucking climb it, and you are just a second late getting to the bus, I’ll fucking leave you, and you can just fucking walk back to Alice Springs. And don’t bother complaining, that’s official fucking company policy. So, do any of you bitches want to be real assholes and climb Uluru tomorrow?“ [Anm. d. Red.: gekürzt und einiger möglicherweise beleidigender Wörter bereinigt]. Obwohl einige in der Gruppe noch mit dem Gedanken gespielt hatten, jetzt hat niemand mehr Lust. Also machen wir morgen alle den Base walk um den Berg, Mission accomplished, Killian. Dann noch etwas Kultur: Wir stellen eine Bräutigam-Schau nach. Rike muss als Mutter einer Wasserflasche die auf dem Bauch liegenden Felix, Johannes und Trevor prügeln, wer am wenigsten zuckt darf danach Martina heiraten.
Dann noch der Must-do Fotostop: Sonnenuntergangs-Viewpoint. Killian kocht Abendessen (Nudelcurry mit den Resten vom Mittag, lecker), die Gruppe fotografiert den leuchtend roten Berg, sowohl in seiner majestätischen Einzelartigkeit, als auch in einer Serie von gestellten Selfies – Uluru auf der Handfläche, Uluru geschoben. Neben uns sind Touristen, die für ihre Tour wahrscheinlich etwas mehr gezahlt haben: Buffet auf Tischen mit weißen Tischdecken, Häppchen und Sekt und Wein. Wir trinken Dosenbier, und als die überwiegend aus Senioren bestehende Gruppe wieder in den Bus steigt um ins klimatisierte Hotel mit echten Betten zu fahren, laden uns die Kellner ein, die Reste des Buffets zu vernichten – Wein bekommen wir aber keinen.
Zurück am Zeltplatz vernichten wir das restliche Bier mit einem Trinkspiel, dabei werden Spitznamen geboren: Ein Mädel, welches im Zuge des Spieles nicht schnell genug den Boden oder die Decke unseres Unterstandes erreicht, wird fortan T.Rex-Arms genannt. Ob sie deshalb nach der zweiten Runde ins Bett geht? Die Warnung, bei früherem Schlafbedarf weiter weg vom Unterstand zu schlafen haben die meisten ignoriert, und müssen bis Mitternacht ertragen, dass es eine der Strafen im Spiel ist, die jeweilige Nationalhymne singend im Kreis zu laufen. Aus Angst vor Tieren hat sich eine andere Dame einen Schlafplatz auf dem Anhänger ausgesucht, andere streuen wieder Salz um ihren Swag.
Am nächsten Morgen wieder um halb fünf aufstehen, Frühstück am Sunrise-Viewpoint, und dann der Spazierweg um den Felsen – gute zwei Stunden in Flip-Flops. Unsere Tour beenden wir auf dem Parkplatz, die auch Ausgang des Aufstiegs ist. Als einer der Besteiger zurückkommt, fragt ihn einer aus der Gruppe wie es denn so war; seiner enthusiastische Antwort lässt Johannes die lakonischen rhetorische Frage folgen, „Echt, so toll auf ’ne fremde Kultur zu scheißen?“ Der Enthusiasmus weicht aus dem Gesicht des Wanderers, und er trollt sich zu seinem Auto. Als wir dann im Bus sitzen, winkt uns Einer zu, der noch auf dem Felsen steht; als ihm der ganze Bus den Finger zeigt, lässt er erschrocken die Arme fallen. Auf dem Rückweg fordert Killian, dass alle die gesprächig sind und nicht vor haben zu schlafen sich nach vorne setzen, damit wir ihn auf den fünf Stunden Rückweg wachhalten, der Rest dämmert hinten weg. Wir spielen die üblichen Streiche – an einem Viehgitter verabreden wir laut in Panik zu schreien, während Killian den Bus scharf über die Straße zieht, kurzfristig ist der ganze Bus wieder wach. Danach lerne ich wieder ein neues Spiel kennen: „Kill, Kiss and Shag“ – man nennt seinem Gegenüber drei Personen, und der muss wählen (und ggf. begründen) welchen davon er umbringen, küssen bzw mit Beischlaf beglücken würde. Gar nicht so einfach, wenn man vor der Wahl steht „Hitler, Stalin, Kim Jong Il“. Um fünf sind wir wieder in Alice Springs, um sieben treffen wir uns in einer Kneipe – der Abend wird lang und lustig, genau wie die Tour.
[Bilder hierzu lade ich auch noch hoch, aber das Internet hier ist etwas lahm]

[English version: note that this is not a real translation, I’ve just written the story above again, so details may differ]
Slowly, the once raging campfire is dying down to embers. While flames are still licking the night sky, the end is inevitable, and the myriad dangerous creatures of the Australian outback see their chance coming. Spiders, scorpions, snakes and dingos are drawing their noose tighter around our campsite, and our exposure to the elements of nature becomes tangible. More tangible for some I guess, I hear voices around me, whispering „I could be in a warm, clean bed, why am I here?“ For myself, I can answer that question – because I booked the tour. Three days and two nights from Alice Springs to King’s Canyon, Kata Tjuta and Uluru. As usual, painstaking preparation on my side preceded this trip. I had picked up a flyer in the tourist info in Hervey Bay and left it in my bag. While I was considering my options here, checking prices on accommodation and renting a car to maintain my wild independence, I saw that flyer again, and realized it would be a cheaper option. Some people also warned me against driving in the outback, so – hey, why not?
A shuttle bus from Toddy’s hostel picks me up from the airport, the room for the first night is easily added to the package. While waiting for the shuttle, I meet Beate and Katharina, from Bonn (I thought that city was now deserted, as the capital of Germany moved to Berlin. All three of us have booked a three day tour for the next morning – not with the same bus, as it turns out. We ignore the incredibly childish behavior of some people just returning from the tour, and go for a peaceful drink and some food in town. Having experienced the plague of flies at the airport, we also get some fly nets to wrap around our heads. We’ll be leaving the next morning at 5:30, not my idea of a vacation.
A short introduction by Mr. Bus-driver-man – we’ll be driving without the radio for the next two and a half hours, you can sleep then, but afterwards I’ll expect you to get with it and participate – we’re off into the real Australian outback. I found myself a great spot, an elevated seat over the front wheel almost beside the driver. In the sallow light of the morning, I see bushes, trees, red dust, trees, more bushes, some grass, a dead tree, an oncoming car, more trees, a kangaroo (well, not me actually, but the driver did). I’m surprised at how green everything is – this isn’t a desert, we’re told, but a semi-arid zone, and the wet(ter) season is just ending. Occasionally, a bird of prey can be seen, or some cows. After two and a half hours, we stop at Mt.
Ebenezer cattle station, a small collection of houses in the middle of nowhere. Fuel up the bus, get a cold drink, and we’re off again, for another two hours.
Step one: introductions. I get to write out the tour guide’s questionnaire: Name, age, where from, but also some ice-breaking details – tell a joke or a funny story, when was your first kiss, when your last? One after the other, we get to sit on the engine housing and fumble our lives into the microphone. Who’s with us? Eva and Timo, two siblings from Holland, Ali and Heinrich, from Germany and Italy, the only couple amongst 18 travelers, Tahlia and Luc from Canada, Felix and Johannes from Mannheim in Germany, Frederike from northern Germany, whose name and all its short forms lead to confusion in Australia, Jem from London, Aneta from Poland, Martina from a small town north of Munich, Ro from Korea, Matteo from Italy, Morten from Danmark, Trevor from Ohio, Melanie from Alberta, and yours truly. Some had their last kiss three minutes ago, for others, it’s been a while longer. The driver doesn’t let you off easy: was that last kiss a part of a little bit more on that beach in Tasmania? The jokes and funny stories reveal different senses of humor, and that’s not the only things that separate us. Some live in Australia, some are on months long trips like me, others have a tight three-week schedule. I’m the oldest by a wide margin, but nobody takes me up on my offer to call me gramps. Our driver’s Killian from Cork in southern Ireland, who almost got stuck with the girl’s name Gillian in the wake of an April Fool’s joke by the midwife. The sensibilities of the group tested, we establish a general tone that would get a warning label of „strong language, sexual references and mild violence“ if the tour had been a movie.
First stop: King’s Canyon. A strenuous hike in blistering heat calls for diligent hydration – anyone who’s not got three liters of water won’t be allowed to go. We’ll be starting off with a climb up aptly named Heart Attack Hill, and are requested zo move swiftly and stay together. As usual, things turn out tamer. The first climb is a well maintained set of stairs made from the natural sandstone set in concrete where necessary, and we make a total of three stops so everyone can – and must – drink some water. Photo opportunities are offered and taken, there’ll be more pictures of me from these three days than from the entire holiday up to now. My mind’s eye picture of a three hour climb on one of the peaks close to Munich, with an additional challenge because of the heat, remains unfulfilled. While we are on the trail for about three hours, there’s a lot of chatting, plenty of stops, so it turns out to be more of a nature stroll. I’d felt a little guilty with my shoes when I read the requirement of appropriate clothing and sturdy footwear, my mountain trainers are a compromise between weight and sturdiness, but I see all sorts of other interpretations of that requirement – flat sneakers with floral patterns, and Aneta’s cowboy booties. She explains that she chose those because they afforded protection from snakes , and contrary to our original doubts, she keeps up without any problems for the three whole days. King’s Canyon is a beautiful red sandstone canyon with a kind of green, treelined oasis at the end called the Garden of Eden. The dusty trail feels weird compared to trails in the Alps – it’s much wider, most obstacles have been rendered harmless, and there are quite a few handrails to keep people from plunging to the depths.
After the hike, we’re off to our bush camp, with a few stops along the way. The bus is refueled, and liquids consumed by the travelers, and then we need firewood. Killian stops at the roadside where a bushfire burned some time ago. The shrubbery was already recovered, but there’s still a lot of deadwood around. We go scavenging, looking for straight branches about the thickness of a child’s arm, with a length of two meters so they’ll fit on the trailer. With a real appetite for destruction we pull down trees, jump on them to break off side branches, and drag our treasure to the bus. In parts, the wood’s still blackened from the fire, black dirt joins the red one already on our clothes. When I ask Killian if he’s got an axe or a saw, he grins and replies that that isn’t possible for security reasons. Some could take a head or an arm off, backbackers are just way too stupid for stuff like that. After half an hour, we select half the wood, load it onto the trailer, and continue on. We spot a distinctive mountain on the left, doesn’t quite look like the photos, but maybe it’s the perspective…? Nope, that’s Mount Connor, also called Fooluru, frequently mistakenly photographed on the way to the rock .
While dinner and other meals are being taken care of by the tour company, we need to get our own beer. A list is passed around, everyone needs to commit to their drinking for the next two days. Cheap beer for three bucks a can only comes in 30 piece cartons, if we were to buy six-packs, it’s be over four dollars each, so we need to press the bus into committing to 15 more cans. In the end, the four German speaking men account for nearly half the group’s purchases, no wonder we’ve got that reputation.
After a further twenty minutes, we swerve off the highway onto a dirt road while Highway to Hell is blaring from the speakers. In a wild ride we rollercoast our way to the camp site, and only need to gather up a few things fallen from the trailer afterwards.
Our outback bush camp consists of a small roof affording shelter from the sun – which has just set, an outhouse made from corrugated sheet metal serves as sanitary facilities, and a huge fire pit shows the ashes of many groups previous. Gray dirt joins the red and black. There are still glowing embers beneath the ashes, so we quickly get a bonfire going, we pitch in with unloading the trailer, preparing the food and getting the swags round the fire.
I’d heard the word swag a few times here in Oz, and always thought that it was just the local term for camping gear in general, but no, here it designates a specific item. Imagine: a roomy bivouac-sack made from heavy sailcloth, a waterproof tarp against the ground and a foam mattress built-in. Killian volunteers Rike to demonstrate its use. Unroll, open, check for swag treasure (some feature iphones and wallets from the previous occupant), stuff in your sleeping bag, sit on swag to remove shoes (these to be used as a pillow), and then you’re ready to slip into your bag and close the zippers. Our guide explains about the dangers of the outback – a ‚monster flap‘ can be used to cover the top end (and thus your face), affording protection from spiders, snakes and scorpions, probably of the ‚if you can’t see it, it’s not there variety‘.
Before we put the swags to use, it’s chow time: undercooked rice, burnt bread, a mild chili con carne and mixed vegetables. As usual when camping, everything’s delicious nevertheless, and the ice cold beer goes down real well despite it being pretty bad. We spend some time sitting round the fire, but as we need to get up at 4:30 the next morning (this is their idea of vacation?) everyone turns in pretty early. Some last minute defenses against the dangers of wild: we gather rocks to vanquish dingos in the night, organize a swag buddy to protect you if you need to use the toilet at night, draw a deep gouge around our swags with a shovel (rationale: the resulting linear thermal anomaly will scare off snakes), and pour a line of salt around our campsite (rationale: the salt dries out the feet of crawly things, and they find that so uncomfortable that they’ll beat a retreat as well. As the line of salt widens and the gouge deepens, I can’t help but grin. It wouldn’t surprise me if Killian gave us a voodoo snake doll to stick pins into. I am convinced there’s no danger here – I didn’t see any warning signs prohibiting camping here. My biggest worry is actually what to do with my glasses: I want to keep them on until just before I go to sleep to enjoy the amazing night sky, and then need to find a place where I won’t accidentally crush them at night. The whispers around me tell a different story, some of my fellow travelers are seriously scared.
No joke – Killian wakes us up at 4:30, for some a relief from things that go bump in the night. Swags rolled up, some breakfast, and a last hour to drive to Uluru. We’ll be on a proper campsite the next night, we have a look and can take a shower. Today’s attraction: Kata Tjuta, 36 red sandstone hills that are actually more interesting than Uluru, just not so impressingly monolithic. We do another loop walk, see a wallaby, get tons of photos contrasting red rock, green trees and blue sky. Lunch and a short dip in the campground pool precedes our psychological preparation for Uluru. We have a short stop at the aboriginal culture center, and then it’s off to the foot of the rock. It was called Ayer’s Rock upon its discovery in the late 19th century, it’s been called for Uluru for thousands of years. It’s a holy mountain to the indigenous people, and they never climb it; the only ones who are allowed to do this are the most respected elders, and those only for very important rituals maybe once a year. Having thousands of tourist climb the rock every year is a grave sacrilege, and it’s obvious that Killian and the tour operators fully respect this; it becomes even more obvious when we stop at the parking lot where a climb would begin. We’re warned about the strenuous climb up the rock, told that the pictures from up there are surprisingly boring (outback in all directions, just some red ground in the foreground), and taunted to go climb the fucking Alps if we want to ‚conquer‘ some mountain, at about 350 height, the rock isn’t impressive for that. Killian warms up to his pep talk, and I’ll try to quote him for added authenticity: „For any fucking stupid tourists to climb this mountain is like pissing on someone’s grave, shitting in their church. The only bastards who do it are arrogant fucking cunts. I have to give you the choice, but if you bitches do decide to fucking climb it, and you are just a second late getting to the bus, I’ll fucking leave you, and you can just fucking walk back to Alice Springs. And don’t bother complaining, that’s official fucking company policy. So, do any of you bitches want to be real assholes and climb Uluru tomorrow?“ [Editor’s note: abridged and edited for strong language]. Even though some of us had considered doing the climb before our cultural indoctrination, nobody’s raising their hand now. So we’ll all do the base walk tomorrow, mission accomplished, Killian. A little more culture: we replicate the aboriginal choosing of a good husband for a mother’s daughter. Rike has to beat Felix, Johannes and Trevor lying prone on the ground with a water bottle, the one who flinches the least is a suitable mate.
Next on the itinerary is another must-do photo stop. The sunset viewpoints. While Killian prepares a tasty meal (noodle curry with the leftovers from lunch, nice and spicy) we photograph the glowing red rock, both in its majestic singularity and in a series of standard selfies – Uluru in the palm of your hand, Uluru being pushed to the side. We’re sharing the viewpoint with several busloads of tourists who’ve probably paid more for their tour: a buffet on white linen, selected snacks and champagne. We enjoy our canned beer, and as the loads of pensioners are carted away again to their air conditioned hotels with soft beds, we’re offered the chance to kill the rest of the buffet – sorry, not the wine. Back at the campsite we finish off the rest of the beer with a drinking game, giving rise to some nicknames: the girl that’s last to touch the floor or the roof most of the time gets stuck with ‚T.Rex arms‘. Maybe that’s why she respectfully declines to join into the second round. Having ignored the warning to stay away from the little building housing our table for an early sleep, everyone’s treated to punishment meted out: doing laps around the house singing the respective national anthem. We call it a night and find out places between the salted campground, one girl has even chosen to sleep on the trailer to avoid what lurks in the night.
Rising again at 4:30, we have breakfast waiting for the sunrise and then embark on our two hour walk around the rock – chance of getting lost: zero. We finish the tour at the parking lot that would also start the climb. Confronting one of the adventurous hikers just finishing the tour, Johannes asks him how it was. He counters his enthusiastic reply laconically: „Really, that great to be shitting on someone’s culture?“ The enthusiasm leaves the hiker’s face, and he hightails it back to his car. As we’re driving off, someone just descending gives us a happy wave, but quickly drops his arms as the whole bus flips him off.
For the five hour drive back, our seating’s rearranged: potential sleepers to the back, chatty types the front. I get to keep my seat. We play the usual pranks when the back has fallen asleep. As we cross a cattle grid, we all scream as Killian swerves the bus. Good Morning, Outback! I’m inducted into another new game: „Kill, Kiss and Shag“ – in turn, everyone confronts another player with three people, and that player must decide on whom to kill, kiss or have a romantic interlude with. Not that easy when confronted with Hitler, Stalin and Kim Jong Il. We make it back to Alice Springs at five, and meet in the rock bar at seven – the beginning of a long and entertaining evening, just like the tour.
[I’ve got tons of pictures, but the internet in this hostel isn’t really suited to getting them uploaded]

All is Lost

[Hinweis: dieser Beitrag könnte für Segler interessanter sein als für Nichtsegler]

Wenn ich mal pensioniert bin, kaufe ich mir ein Boot und segle Einhand um die Welt. Das offensichtlich hat sich der von Robert Redford dargestellte Mensch in dem Film „All is lost“ gedacht. [wer den Filmen sehen will – hier wird verraten, wie er ausgeht!] Ich sitze in einer 737-800 der Queensland And New Territories Air Services. Drei Stunden sind es von Melbourne nach Alice Springs, da lohnt sich auch auf einem Kurzstreckenjet das On-Board Entertainment. Über den Film habe ich im Autoradio in Bundaberg gehört, da wurde er sehr gelobt. Charakterdarstellung von Redford, der Film den er schon immer machen wollte. Ich meine: Der Film, über den Segler lachen. Lachen müssen. Der Film ist irgendwie schon beeindruckend. Robert Redford spielt gut, keine Frage. In dem ganzen Film wird kaum geredet, praktisch bei den eher herausfordernden Tonverhältnissen im Flugzeug. Aber die Details, nein wirklich. Und ich meine nicht wegen der Einschränkungen, dass es wohl impraktikabel ist, in einem echten Sturm zu drehen, und deshalb die Wellen zwar hoch sind, die Gischt aber völlig fehlt. Der Film fängt mit dem Hinweis an 1700 Seemeilen von der Sumatra-Straße entfernt. Also weit weg vom Land, im indischen Ozean. Robert Redford liegt in seiner Koje und wacht auf, als plötzlich Wasser ins Schiff läuft. Er hat einen schwimmenden Container gerammt, direkt am Navi-Tisch, so dass die ganze Elektronik hin ist. Mit einer Wende legt er das Schiff auf den anderen Bug, das Leck ist nun über der Wasseroberfläche, er hat Zeit. Dann setzt er Prioritäten: er sucht sein Reparaturset für Fiberglas und flickt das Loch mit einem Viertel Meter Kantenlänge, während das Wasser weiterhin Hüfttief im Boot steht. Klar, würde ich auch so machen. Erst dann fängt er an zu lenzen (Wasser auspumpen). Er verwendet dazu die kleine Handlenzpumpe, das ist schon erschöpfend. Der Eimer bleibt hingegen im Schrank. So erschöpfend ist es, dass er sich zwischendrin zum Schlafen legt, in einer Hängematte einen halben Meter über dem Wasser.
Danach widmet er sich der Elektronik, bringt das Funkgerät an Deck, versucht es mit Süßwasser auszuspülen, holt auch eine Batterie rauf, alles oben auf Deck unter dem Baum (da wo das Deck in alle Richtungen abschüssig ist). Kurz krächzt das Ding, und er setzt einen völlig falschen Notruf ab. „This is Virginia, sending an SOS…“ (Richtig: „MAYDAY….“). Es hört ihn keiner, und dann stirbt die Funke wieder. Eine EPIRB (Notrufbake, die 100% wasserdicht ist) hat er auch nicht an Bord – warum auch bei einer Ozeanüberquerung? Nun ja, das Loch ist mittlerweile geheilt und ausgehärtet, und der Regisseur schickt unserem Helden eine weitere Prüfung – ein Sturm. Robert bleibt brav unter Deck, so können die Wellen besser mit dem Boot spielen, und er kentert zweimal durch. Tja, man hätte halt in die Welle steuern sollen. Aber jemand, der sich zutraut alleine über den Indischen Ozean zu fahren, weiß das wahrscheinlich nicht. Der Mast bricht, schlägt ein Loch ins Deck, durch dass der Regen sintflutartig eindringt. Er schlägt seinen Kopf an ist eine Zeit bewusstlos, und wacht auf als das Boot knietief unter Wasser ist. Obwohl bei dem Loch Panzerband zum Flicken gereicht hätte, bringt er schnell das Rettungsfloß aus und springt hinein, Vorräte nimmt er keine mit. Der Merkspruch: „Verlasse nie Dein Schiff, bevor es nicht Dich verlässt“ ist sicher nur auf Deutsch erhältlich, dieser großen Seefahrernation. Gottseidank vergisst er die Leine zum Schiff zu kappen, die das Floß beim Sinken mit in die Tiefe gezogen hätte, und schläft wieder erschöpft ein.
Am nächsten Morgen ist die See wieder komplett ruhig. Sein Schiff schwimmt stabil, ca. ein Meter tiefer als normal. Er spurtet an Bord und holt ein paar Gegenstände. Neben dem sinnvollen 25 Liter-Kanister Wasser (welches sich dann als ungenießbar erweist, aber McGyver-mäßig wird er daraus eine Einrichtung basteln, um Kondenswasser zu gewinnen) taucht er mehrmals, um einen Sextanten zu retten, das Buch „Navigation nach den Sternen für Anfänger“, und eine Seekarte. Mühsam bringt er sich die astronomische Positionsbestimmung bei, als würde sein Leben davon abhängen. Tut’s nicht. In einem kreisrunden Floß ohne Paddel, ohne Möglichkeit seine Position mitzuteilen, hilft es nicht, diese zu wissen. Außer natürlich dem Zuschauer. Mitten im indischen Ozean soll nämlich ein Verkehrstrennungsgebiet ein, für die Seestraße von der Sumatra Straße nach Madagaskar, mit einem Knick drin, damit der nicht segelaffine Zuschauer die Ähnlichkeit zu einer Autokarte erkennt. (Verkehrstrennungsgebiete gibt es an den Ausfahrten von großen Häfen, im Ärmelkanal, in stark befahrenen Meeresengen, aber nicht mitten im Meer, und dort geknickt schon gleich gar nicht) Die Positionen, die Robert freihand in die Karte einträgt suggerieren, dass er bald an eine befahrene Ecke des Meeres kommt. Tatsächlich fahren auch zwei große Containerschiffe nur wenige hundert Meter an ihm vorbei, was ich wiederrum für realistisch halte, so ein kleines Rettungsfloß ohne Radarreflektion kann man sicher leicht übersehen. Auch seine Raketen werden übersehen.
Robert verliert langsam die Hoffnung, er treibt wieder aus der Seestraße raus, unter seinem Floß schwimmen Haifische und deren Futterfische einträchtig im Kreis – Robert ist am Arsch. Doch dann, es ist Nacht, sieht er in der Entfernung noch ein Boot. Er zündet in dem leeren Wassertank ein Feuer mit den Seiten seines Tagebuchs an, welches natürlich auf das ganze Floß überspringt. Robert springt ins Wasser, welches mittlerweile haifrei ist, winkt und schreit noch ein wenig, und geht dann unter. Die Kamera folgt ihm, wie er mit geschlossenen Augen untergeht. Immerhin, denke ich mir wenigstens kein Happy End. Doch halt – er öffnet die Augen, sieht ein Bootsrumpf über sich, und schwimmt mit kräftigen Zügen die fünfzehn Meter hoch, die er mittlerweile gesunken ist. In der Schlusseinstellung ergreift er – noch vor dem Auftauchen, die nach unten gestreckte Hand des ungesehenen Retters. Ich könnte kotzen. Was mich besonders ärgert: Man hätte den Film realistisch machen können, ohne ihm die Spannung zu nehmen. All is lost, besonders Hopfen und Malz bei dem Film.

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Bilder, passend zu dem Beitrag „Ein Glas Wein im Kunstgefängnis. Es fängt an mit der Tour von Wineglass Bay, und einem der seltenen Momente, wo Chris einen SonnenAUFGANG fotografieren konne. Das ist eine ‚Tiger-Snake‘, und sie ist giftig. Das ehemalige … Weiterlesen

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Ein paar Fotos zu dem Artikel Tasmanien und Nachdenklichens: Erst einmal Die Fahrt nach Cradle Mountain und der Nationalpark dort Dann die Fahrt mit der Schnauferl-Eisenbahn Dann ein paar Eindrücke von Queenstown und der weiteren Fahrt nach Osten

Ein Glas Wein im Kunstgefängnis

Die Enttäuschung ist dem Wallaby förmlich anzusehen. Jetzt ist es extra an den Strand von Wineglass Bay gehoppelt, und nirgendswo ein Glas Wein. Mir geht’s ähnlich obwohl ich auch gerne mit einem Bier Vorlieb genommen hätte. Jemand bietet dem Wallaby eine Handvoll Wasser an, das nimmt es auch, in der Not frisst der Punker Müsli. Das Wallaby bekommt kaum genug, und so sucht eine Asiatin ein leeres Schälchen aus ihrem Rucksack und füllt es mit Wasser. Das Tier trinkt gierig, schließlich muss es noch ein kleines im Beutel rumtragen. Im Reiseführer ist es als Must-Do eingestuft: „Packing a picnic of fine Tassie produce and hiking into Wineglass Bay“. Ob mein Sandwich vom Tante Emma Laden sich dazu qualifiziert, da bin ich mir nicht sicher, aber ich begnüge mich damit und etwas Wasser. Ein Tourist fragt in die Runde der das Tier Fotografierenden, ob das nun ein Wallaby wäre (oder nur ein kleines Känguru), und eine Australierin meint, es wäre eigentlich ein Pademelon. Wir nehmen’s aber genau (Wikipedia erklärt, dass ein Pademelon eine Art Wallaby ist, also haben beide recht) – vor einer Stunde hat schon der Ranger auf meine Frage, ob die Tiger-Schlange dort „poisonous“ sei, geantwortet, nein, sie wäre „venomous“, da man „poison“ einnehmen müsste. Ich sehe auf der Wanderung insgesamt drei der schwarzen Schlangen, eine auch wirklich nah am Weg. Sie ist allerdings genauso wenig scharf darauf, meine Bekanntschaft zu machen wie umgekehrt. Vielleicht hat sie auch erkannt dass, aushängbarer Kiefer hin oder her, sie mich einfach nicht auf einmal runterschlucken kann – was am Rucksack liegt.
Wineglass Bay ist die Hauptattraktion des Freycinet Nationalparks an der Ostküste der Insel. Es gibt zwei Alternativen, wie sie zu ihrem Namen kam – ihre Form alleine, oder die Zeit als ein Walfängerstation hier das Wasser beim Zerlegen der Wale zur Farbe von Rotwein verwandelte. Zu der Bucht führt ein skalierbarer Wanderweg, 25 Minuten auf einem Autobahn-ähnlichem Wanderweg zu einem Lookout, eine weitere halbe Stunde zu der Bucht selber auf einem normalen Weg, und zweieinhalb Stunden Rückweg über den Strand und Pfade auf der Rückseite der Halbinsel. Ich habe meinen Schweinhund überwunden, und den elf Kilometer langen Rundweg gewählt. Die letzte Stunde bin ich mit zwei Australiern unterwegs, die ein ordentliches Tempo vorlegen. Deshalb bin ich schon um vier zurück am Auto, und mache mich auf den Weg nach Süden, Richtung Port Arthur. Das strohtrockene Gras zeugt davon, dass es hier selten regnet, der strömende Regen bringt mich wieder auf den Gedanken, dass ich ein Regengott bin. Auf meiner ganzen Reise hatte es ungewöhnlich feuchtes und kühles Wetter.
Eine halbe Stunde vor Port Arthur finde ich am Ende der Welt – in Pirate Bay ein Hotel für die Nacht, und am nächsten Morgen mache ich mich früh auf. Ja! Ich hab’s geschafft, freiwillig morgens um acht aus dem Hotel zu kommen. Als Konsequenz stehe ich vor dem Visitor Center des Port Arthur Gefängnisses noch vor verschlossenen Türen. Es regnet noch immer oder wieder. Port Arthur ist eine ehemalige Gefängnissiedlung, die um 1833 auf der Tasman Halbinsel gegründet wurde, damit dort Wiederholungstäter (die also in der strafbedingten Verbannung in Australien wieder straffällig wurden) die reichen Wälder abholzten. Von den Anlagen stehen meist nur noch Ruinen, als das Gefängnis aufgegeben wurde wollte man diesen Makel möglichst schnell vergessen. Der Eintritt kostet fünftig Dollar, ungefähr 33 Euro. Heftig. Dafür gibt es eine geführte Tour übers Gelände, eine zwanzigminütige Hafenrundfahrt, und Zutritt zu einigen der noch bestehenden Gebäude. Im Wohnhaus der Arztes soll ein kurzer Talk von zehn Minuten stattfinden, ich bin der einzige Zuhörer, und es entwickelt sich ein höchst faszinierender Vortrag über das gesamte Strafverbannungssystem der Zeit. Rob hat Geschichte studiert, kann anschaulich erzählen, und bringt ganze in Bezug zu der Zeit, der industriellen Revolution, der Napoleonischen Kriege, zu Armut und Hoffnungslosigkeit in England der Zeit. Nach einer Stunde habe ich meine geplante Hafenrundfahrt verpasst – ich kann auf eine spätere ausweichen – habe aber ein wesentlich besseres Verständnis der frühen Geschichte dieses Landes und einen sehr informativen Vormittag gehabt. Kurz nach eins setze ich mich wieder ins Auto und fahre Richtung Hobart. Dabei sehe ich die wichtigste Sicherheitseinrichtung des Gefängnisses. Am Eaglehawk Neck, der ca. hundert Meter breiten Verbindung der Halbinsel zum Festland, wachten urspünglich eine Reihe von neunzehn Kettenhunden. So sind auch in der Geschichte der Haftanstalt nur zwanzig Häftlinge ‚unaccounted for‘, wobei das sowohl bedeuten kann, dass sie es in die Freiheit schafften, als auch dass sie beim Versuch ertranken oder im Busch starben.
Um kurz vor vier bin ich in Hobart, als wichtigste Sehenswürdigkeit ist hier das MONA – Museum of Old and New Art. Von der Architektur extrem modern und trendig, und auch die Kunst ist nicht unumstritten. An der Kasse erfahre ich dass zwei der drei Stockwerke heute nicht zugänglich sind, da eine Privatveranstaltung aufgebaut wird – das erinnert mich an Sydney. Wahrscheinlich habe ich irgendeine Audiotour versäumt zu nutzen, aber die Kunstwerke sind nicht näher beschrieben und natürlich auch nicht interpretiert. Ein paar sehr witzige Ideen, ja, aber irgendwie kommen mir doch viele moderne Künstler weiterhin wie Scharlatane vor, die sich insgeheim scheckig lachen, wenn die Kunstwelt ihre kreativen Ausgüsse als Kunst akzeptiert. Nebenbei sehe ich, wie auf dem untersten Stockwerk für die Party aufgebaut wird: eine lange Tafel für 160 Gäste, auf dem Glas der Tafel werden gerade rohe Eier aufgeschlagen, ein gefühltes Dutzend um jeden Teller herum. Auch eine interessante Tischdeko, ich merke es mir, wenn ich auch mal eine Kunstparty mache. Ein Restaurantbesuch rundet meinen Besuch sowohl in Hobart als auch Tasmanien ab, morgen früh um 6:30 geht’s weiter mit einem Flug nach Alice Springs. Brrrrr.

Tasmanien und Nachdenkliches über Australien

Ein kurzes Pfeifen, ein lautes Zischen, mit stampfenden Geräuschen setzt sich die 118 Jahre alte Dampflokomotive in Gang. Kurz hinter dem Bahnhof beginnt eine kräftige Steigung, da müssen wir hoch. Als damals die Landvermesser dem Minenbesitzer sagten, dass man über diese Berge keine Eisenbahn bauen könne hat er sie kurzerhand gefeuert: „Find a way, or make one!“ Durch Zufall erfuhr er von einem neuen System aus der Schweiz, eine Zahnradbahn nach dem System Dr. Abt, und so kam die erste Zahnradbahn nach Tasmanien. Sie transportierte durch einen gemäßigten Regenwald Kupfererz von Queenstown, im Westen des Landes, über ein paar Berge an die Küste nach Strahan. In Queenstown wird mittlerweile seit über 100 Jahren maximalinvasiv Kupfer abgebaut, nachdem es mit einem anfänglichen Goldrausch nicht geklappt hat. Die verwüsteten Hänge von Mt. Lyell sind ein noch heute sprechendes Zeugnis, auch der Queens River ist noch rot von den erosionsbedingten Auswaschungen, und nach den Ausführungen des Zugerklärers giftig von den Chemikalien die dort Jahrzehnte eingesetzt wurden. Jetzt wird natürlich alles besser, der neue Eigentümer betreibt keinen Tagebau mehr, hält sich an alle Umweltauflagen, beseitigt Sünden der Vergangenheit – für die er gar nicht verantwortlich ist – und unterstützt die West Coast Wilderness Railway finanziell. Ich freue mich, dass alles gut wird und fotografiere die tiefe Schlucht neben den Schienen.
Eigentlich ist Tasmanien ja im Vergleich zu Australien recht klein, aber hier sieht es ganz anders aus als gestern um Cradle Mountain. Cradle Mountain ist eine der Hauptattraktionen dieser Insel, ein alpin anmutender Nationalpark, der sich vorzüglich zum Wandern eignet. Ich habe leider für eine ausgiebige Tour keine Zeit und begnüge mich mit einem zweistündigen Rundweg um den Dove Lake. Im Laufe des Spaziergangs kommt auch die Sonne raus, majestätisch erheben sich Cradle Mountain und seine Nebengipfel über dem See.
Nach einem kurzen Stop an einem der drei Bahnhöfe an der Strecke, wo der geneigte Gast sich Erfrischungen und Junk Food kaufen kann, geht es weiter. Der letzte Wagen hat eine offene Plattform am Ende, hier stehe ich mit einem Mitreisenden. Als der Zug um eine Kurve fährt, lehnt er sich zur Seite raus, um ein Foto zu machen. Sofort kommt die Zugbegleiterin angeschossen, und ermahnt ihn, sich bitte nicht rauszulehnen, damit er sich nicht verletze, die Böschungen sind recht nah am Zug. Reumütig verspricht er, es nicht wieder zu tun. Ich bin beruhigt, wieder ein Menschenleben gerettet. Man könnte natürlich auch auf den Gedanken kommen, dass der Herr Augen im Kopf hat, und bei den zehn Stundenkilometer Fahrt einer möglichen Böschung rechtzeitig ausweicht. Eigentlich bin ich nicht beruhigt, nicht ruhig, eher innerlich erregt. Die Episode ist symptomatisch für meinen Eindruck von Australien bislang.
Ich muss zugeben, dass Australien ein wenig hinter meinen Erwartungen zurückbleibt. Das mag gerne an meinen Erwartungen liegen, diese sind geprägt von den klassischen Werbe- und Filmmotiven. Ich hatte sehr entspannte Menschen vor Augen, die sich in einem Pub im Outback über jeden Fremden freuen, und unendliche Weiten, mit roten Sand und brav von der Straße zurückbleibenden Kängurus. Man trinkt Foster (tut man nicht, ich habe heute nach sechs Wochen das erste Mal bewusst diese Biermarke wahrgenommen). In meinem Bild ist alles an Australien entspannt, auch die Preise.
Über die unglückliche Konstellation von hiesigem Preisniveau und der Wechselkurs zum Euro hatte ich mich ja bereits ausgelassen, aber das ist es nicht alleine. Ich vermisse die Entspanntheit. Dafür, dass die in Australien wirklich sehr viel Platz für große Karos hätten, wirkt das alles ein wenig – kleinkariert. Ich finde, hier in Australien treffen sich schrullige englische Traditionen mit versuchter deutscher Gründlichkeit, und das Ganze gepaart mit einer amerikanischen Angst vor Haftungsklagen. Ich habe mittlerweile mit vielen Leuten darüber diskutiert, anderen Touristen, Eingewanderte und Eingeborenen (also, weiße, hier Geborene – Aboriginies sind mir noch kaum welche untergekommen), und fast alle bestätigen meinen Eindruck. Ein paar Episoden, keine für sich schlimm, aber in ihrer Summe gehen sie mir mittlerweile reichlich auf den Keks.

  • Im Cradle Mountain National Park werde ich von der Rangerin gebeten, mich für meine Wanderung einzutragen. Eine tolle Sache für längere Wanderungen und Expeditionen in widrigem Wetter. Für den fünf Kilometer langen, ein Meter breiten Spazierweg, der zum größten Teil über eine Boardwalk führt, finde ich es etwas übertrieben. An dem Weg gibt es einen Aussichtspunkt, ein größerer Felsen ohne Aussichtsplattform-Sicherungen. Statt dessen ein kindersicheres Tor, mit dem Hinweis, dass man sich hier ‚Substantial Hazards‘ aussetzt. Ich suche nach dem Buch, wo man den Haftungsausschluss unterschreiben muss, finde es aber nicht.
  • Auf Fitzroy Island will ich mir für drei Stunden Tauchflossen und einen Anzug gegen Quallen ausleihen. Ich muss vorher zwei DIN A4 Seiten ausfüllen, wo ich auf die Gefahren vom Schwimmen hingewiesen wurde, und den Verleiher von jeglicher Verantwortung entbinde. Auf eine Kaution, dass ich die Dinger auch zurückbringe wird hingegen verzichtet.
  • In Rockhampton will ich ein Steak essen. Wie üblich in Pub-ähnlichen Restaurants wird an der Theke bestellt und bezahlt, man bekommt eine auffällige Nummer zum an den Tisch nehmen. Da es ein schöner Abend ist, will ich rausgehen. Mir wird erklärt, dass man mir das Steak draußen nicht servieren darf, da könnten Leute rauchen. Es würde mir freistehen, drinnen auf das Steak zu warten, und es dann raus zu nehmen.
  •  Ich habe noch nie so viele Leute mit Warnwesten gesehen. Offensichtlich erfordert jegliche Tätigkeit im öffentlichen Raum eine solche. Mich wundert, dass Restaurant-Bedienungen keine tragen müssen.
  • Hildegard und Walter haben einen kleinen Pool im Garten, dieser ist gesondert eingezäunt. Ich äußere meine Vermutung, dass die Sondereinzäunung nicht ihre Idee war. Offensichtlich habe ich einen wunden Punkt getroffen, mir wird berichtet dass ein öffentlicher Inspektor auch moniert hatte, dass die Feder der selbstschließenden Tür nicht effektiv genug wäre. Argumente, dass es hier im Haus keine kleinen Kinder gibt, gelten nicht. Interessanterweise kann man am Darling Harbour in Sydney – und hier laufen massenweise Kinder rum – jeder einfach von der Hafenmauer ins Wasser spazieren – es gibt nicht einmal ein Warnhinweis, dass das Wasser nass ist.
  • Fast jede Straßenbaustelle in Australien erfordert drei Mitarbeiter. Zwei an jedem Ende, die einen Lollipop mit „Stop/Slow“ halten, und (das hat mir Walter erklärt) einen Supervisor, der einspringen muss, wenn einem der beiden schlecht wird. An einer Baustelle gibt es noch zusätzlich ein Lotsenfahrzeug, was vor den jeweils die Gefahrenzone durchfahrenden Autos herfährt. Zusätzlich werden Mitarbeiter eingesetzt, die auch tatsächlich etwas bauen.
  • Ich habe selten einen solchen Schilderwald erlebt, mit irrsinnig viel Prosa. Diese Spur ist für Busse reserviert, aber nur während Schulzeit von 8:00-10:37 und von 13:42 bis 15:17, außer es ist Vollmond, dann dürfen hier auch Taxis fahren, aber nur wenn deren Fahrziel weiter als 7,3 km entfernt ist (OK, das war nicht der Wortlaut, aber ihr versteht, was ich meine).
  • Auf einer einsamen Landstraße am Waterfall Way ist eine Kreuzung. Die Straße ist stark befahren, in der letzten Viertelstunde habe ich vielleicht sechs Autos gesehen. Aber die Kreuzung ist nach allen Regeln der Kunst aufmarkiert – die beiden Spuren der Hauptstraße werden mit Sperrflächen sauber getrennt, dann gibt es die Linksabbiegerspur, eine kleine Haltelinie, eine gebogene gestrichelte Linie, dass der Abbiegende die optimale Linie in die Seitenstraße findet, deren Haltelinien natürlich auch akkurat gekennzeichnet sind. Die Kreuzung erinnert mich an eine Modelleisenbahn – die Stadt besteht aus fünf Häusern, aber da man von Faller das Set ‚Strassenmarkierungen‘ gekauft hat, prangt zwischen den fünf Häusern eine Kreuzung wie am Kuhdamm.
  • Der Weg vom Surfshop zum Strand in Agnes Waters führt über eine Strafe. Wie werden ermahnt, den Zebrastreifen zu nutzen, aber trotzdem auf Autos zu achten. Und in Australien halten Autos wirklich an Zebrastreifen, es dient nicht wie in den Ländern Südostasiens lediglich zu Konzentration der Unfälle an einem Ort.
  • In Sydney warte ich auf den Bus. Die Australier haben das Anstellen von den Engländern übernommen, sind vorbildlich. Eine Schlange steht säuberlich aufgereiht ca. ein Meter vom Bordstein aufgereiht. Wenn einer der fünf möglichen Busse kommt, treten diejenige einen Schritt vor, die diesen Bus brauchen, und besteigen ihn bei entsprechendem Platzangebot. Der Rest tritt in die Schlange zurück. Ich möchte nicht wissen, wie viele Feinde ich mir gemacht hab, als ich von der falschen Seite in das Bushäuschen gegangen bin, und den Fahrplan studiert habe. Dankenswerterweise hat mir Bernie das Prinzip erklärt, bevor ich gelyncht wurde. Gefördert wird diese Disziplin von zwei Mitarbeitern, einem Studenten und einem Bürger mit offensichtlich indischem Migrationshintergrund. Sie bringen in Erfahrung, ob noch Platz im Bus ist und geben dann die Bewegung der Warteschlange frei. Erfrischend, in München würde halt der Busfahrer plärren: “ Jetzt wartet’s halt auf den nächsten Bus, seht’s ihr’s ned, dass der hier voll ist?“
  • Drei Menschen an Baustellen, zwei an Bushaltestellen, das Prinzip setzt sich leider nicht überall fort. Das Mautsystem in Sydney und anderen Großstädten hat sich offensichtlich zum Ziel gesetzt, ganz ohne Mitarbeiter auszukommen, und vertraut nur auf Videomaut. Auf einer Website könnte ich mich anmelden, ‚bitte geben Sie einen Benutzernamen und Password für Ihren MyToll Account ein‘, aber möglicherweise hat das schon die Mietwagenfirma erledigt, die Mitarbeiter widersprechen sich hierzu. Ich habe keine Lust, und sage meinem Navi, dass ich keine Mautstraßen mag.
  • Mit einigen meiner Gesprächspartner habe ich mich über diese ganze Regeln und deren Einhaltung unterhalten. Die Strafen sind drakonisch, möglicherweise um auch dort zu wirken, wo halt seltener ein Ordnungshüter wacht. Offensichtlich können schon zwei Geschwindigkeitsübertretungen von jeweils 4 km/h zum Verlust des Führerscheins. Die potenziellen Strafen werden auch gerne direkt mit an die Schilder geschrieben. Das erleichtert auch die Lesbarkeit unheimlich. Am Flughafen stelle ich fest, dass das Betreten des Sicherheitsbereiches mit einer Waffe eine Strafe von 10.000 AU$ bedeuten kann. Summierte Strafen für die Abgabe von Alkohol an unter achtzehnjährige sind allerdings bei bis zu 18.000 Dollar (für den Minderjährigen, die Bedienung und das Management).
  • Am Flughafen von Cairns wird an der Sicherheitskontrolle hinter mir ein Pilot besonders auf Sprengstoff kontrolliert. Ich schaue das ganze kopfschüttelnd an, und der Pilot raunt mir danach zu, dass er kein Sprengstoff bräuchte, um mit einem Flugzeug Unfug anzustellen.

Auch wenn es nicht wirklich fair ist, ein Graffiti an einem Schild auf Fitzroy Island hat meine Stimmung getroffen: Unter den originalen Hinweisen an der Pier „no diving“ und „no fishing“, hat jemand gekritzelt „no cheerful whistling“. Der stete Tropfen der oben geschilderten Erfahrungen nagt wirklich an meinem Urlaub in Australien. Ich fühle mich meine Intelligenz und mein Urteilsvermögen beleidigt, dieses Land nimmt mich nicht für voll, und auch seine Bewohner nicht. Von dem erwarteten ‚Pioneer Spirit‘ – der auch immer wieder gerne bei Sehenswürdigkeiten wie der West Coast Wilderness Railway beschworen wird – spüre ich: nichts.

Um auch eine positive Note anklingen zu lassen: das ganze Micromanagement und die ganzen Regeln haben auch eine positive Seite: Ich habe nirgendswo auf der Welt so viele gepflegte öffentliche Einrichtungen gesehen. An jedem Rastplatz oder Strand sind saubere öffentliche Toiletten, fast überall finden sich kostenlose öffentliche Grills (Im Park in Melbourne könnte man sich einfach ein Steak mitbringen, alle hundert Meter steht ein Gasgrill), an der Strandpromenade von Cairns ist ein riesiges, kostenloses Freibad, die Cairns Esplanade Lagoon. Fast alle Städte wirken proper und gepflegt, selbst solche, in denen ich nicht tot überm Zaun hängen will. Die Landschaften sind grandios und weitläufig. Ich könnte mir lebhaft vorstellen, mich beim Wohnen in Australien sauwohl zu fühlen, aber momentan bin ich im Urlaub nicht begeistert. Bewusst und unbewusst habe ich so meinen Aufenthalt gestrafft, Anfang April bin ich wieder im ‚wilden‘ Südostasien.

Eure Meinung hierzu würde mich wirklich interessieren – wer nicht öffentlich kommentiere möchte kann mir auch gerne einfach so schreiben.

Glimplicher Ausgang: maximalfrustrierte BWL’erin stürzt in Weser

Bremerheaven, ap – In den frühen Morgenstunden, kurz nach Arbeitsende, entgang eine junge Frau knapp einem tragischen Unglück. Sie stürzte (sich?) in die Weser, wurde aber kurz darauf von einer Segelyacht auf Probefahrt gerettet. Maßgeblich zum glimpflichen Ausgang des Badeabenteuers trugen die Unterlagen bei, die die Frau mit sich führte: die E-Mails, Projektpläne, Übergabekonzepte und Zuständigkeitslisten waren so voller heißer Luft, dass sie sowohl Auftrieb als auch Schutz vor dem kalten Wasser boten.

Rätsel bereitet den Behörden die wahre Identität und das Alter des Opfers: der mitgeführte Ausweis muss gefälscht sein, da das Opfer nach Ansicht des herbeigeeilten Arztes maximal 25 Jahre alt sein konnte.

Der zuständige Einsatzleiter gab auf Nachfrage an, dass das Opfer etwas verwirrt wirkte: Obwohl sie in einen Fluss gefallen war, sprach sie immer von einem Bach, der sie fertig machen würde. Trotzt heftiger Gegenwehr der jungen Frau wurde sie in noch am Morgen wieder am beim Pförtner der in Bremerheaven ansässigen ADWEN Gesellschaft mit beschränkter Hoffnung abgegeben.

Der Staatsanwalt teilte in einer Pressemeldung mit, dass der jungen Frau keine Anklage wegen Umweltverschmutzung droht, obwohl die Weser mit einem Exemplar der Siemens FRG und des Siemens Kontenplans verunreinigt wurde. Dennoch wollte er das Unternehmen wegen diverser Verstöße gegen Menschenrechte, Vorschriften zur humanen Sklavenhaltung und das Arbeitszeitgesetz näher unter die Lupe nehmen.