Die Tiere in Australien sind wirklich was besonderes – so anders, und in einigen fällen soooo drollig. Die meisten der Fotos hier sind in Zoos oder ähnlichem entstanden, was ich bei Urlaubsfotografie immer etwas als schummeln empfinde. Die Namen der … Weiterlesen
Archiv der Kategorie: Uncategorized
Fotos AUS Teil 5 – Sydney
Galerie
Eindrücke von Sydney – ein Ibis, von mir privat ‚der Vogel mit der durchgescheurten Socke auf dem Kopf‘ genannt. Wahrzeichen von Sydney – die Oper und die Harbour Bridge Das unerlaubt geschossene Foto der Symphony Hall – für 40 AU$ … Weiterlesen
In Sydney
Für Wooma, Pinksta und Mr. Brown ist es ein guter Tag. Es hat sich gelohnt, heute im SeaLife Aquarium in Sydneys Darling Harbour zu sein. Nicht immer sieht man so eine Auswahl: große und kleine; weiße, braune, gelbe und schwarze; dicke und dünne; junge und alte; verliebte und Familien, Kinder und kichernde Teenies. Wooma, Pinksta und Mr. Brown sind kleinen Pinguine im Aquarium, und stellen neben den Haien und dem Entenschnabel-Platypus die größte Attraktion hier dar. Am witzigsten finde ich allerdings den ‚Ornate Wobbegong Shark‘ – ein häßlicher Hai, der aussieht, als wäre er in einem rosa Sofabezug eingekleidet. Die Riesenauswahl an Touristen geht mir allerdings etwas auf den Keks; so schlimm war’s bislang noch nicht in Sydney.
Vor drei Tagen fing es mit einem kurzen Spaziergang zum Darling Harbour an. Der Weg führt mich zuerst zu einem Chinese Friendship Garden, bei den Eintrittspreisen besinne ich mich aber – schließlich war ich eben erst in Asien, da brauche ich jetzt keinen besinnlichen, nach den Regeln des Feng Shui angelegten Park. Statt dessen setze ich mich in den Schatten seiner Wand und mache die Feinplanung für den Sydneybesuch. Ein größerer, weisser Vogel erregt meine Aufmerksamkeit und wird fotografiert: Format schlankes, hochbeiniges Hühnchen, mit einem schwarzer Kopf und einem etwa fünfzehn Zentimeter langen, gebogenen Schnabel. Am Hinterkopf ist das schwarz wie bei einer am Fersen durchgescheuerten Socke unterbrochen. Ich schleiche mich an ihn heran, um das seltene Tier zu fotografieren – in den nächsten Tagen sehe ich ihn aber in Massen auf fast jedem Stück grün.
Gegenüber wird das Sydney Convention Center mitsamt seinem Monorail gerade abgerissen, obwohl es noch gar nicht so alt oder kaputt aussieht. Offensichtlich hat man hier Geld. Als ich weiter um den Hafen schlendere sehe ich einen Segelbootverleih, auch stundenweise – aber alleine sind die 800 AU$ für sechs Stunden doch etwas viel. In einer Gruppe wäre die Hafenrundfahrt auf eigener Faust nun geritzt. An den Stegen von Darling Harbour liegen auch einige der Schiffe, die zum National Maritime Museum of Australia gehören, die werde ich mir an einem anderen Tag angucken. Außerdem merke ich mir eine Hafenrundfahrt für den nächsten Tag vor.
Empfehlungen folgend nehme ich die Fähre zur nächsten Bucht des Hafens – das rechteckige Becken von Circular Quay. Die Fahrt dorthin führt unter der berühmten Harbour Bridge durch, und erlaubt ein paar Ansichten der Oper von See aus. Ein Schild bringt mich zu schmunzeln: die Fährgesellschaft übernimmt keine Haftung, wenn man an Bord des Schiffes nass wird. Ich überlege, ob ich die Stadt Sydney beim nächsten Regenguss verklagen könnte, wenn meine Kamera oder ich nass werde – schließlich hat mich keiner gewarnt. Ich schlendere am Circular Quay ein wenig herum, und beschließe die Oper mit einer entsprechenden Tour zu besichtigen. Das Opernhaus ist tatsächlich ein größeres Kulturzentrum wie der Münchner Gasteig, zwei große Säale und mehrere kleinere Theater. Der Führer ist unterhaltsam, erzählt einiges von der Geschichte des Opernhauses, erzählt einige Anekdoten von Darstellungen, die sich die gschamigeren nicht ansehen sollten, und beschreibt auch die neueste Inszenierung von Carmen, wo ebendiese auf einem Pferd auf die Bühne reitet. Einmal hatten sie dazu ein neues Pferd, Kiko, genommen, was dann auf der Bühne etwas nervös wurde und eine kleine Schweinerei hinterließ. Zum Schluss gehen wir noch in den Vorstellungsraum für das Symphonieorchester. Die Halle ist wirklich beeindruckend, eine Kathedrale der Musik, ein Eindruck, der durch die riesige Orgel unterstrichen wird. Leider ist das Fotografieren nicht erlaubt, schließlich gibt es am Ende der Tour noch ein käuflich zu erwerbendes Souvenirfoto für vierzig Dollar, wo man digital in den Raum eingefügt wird. Da ich mich an das Verbot nicht gehalten habe, kann ich sparsam sein.
Ich schlendere noch kurz durch die Rocks, gewisserweise die Altstadt von Sydney. Viel ist davon nicht mehr übrig, es war auch keine klassische schöne Altstadt, damals. Ein großer Teil davon ist unter der südlichen Zufahrt der Harbour Bridge verschwunden, der Rest der vergammelten Buden wäre in den 1970er einem Neubauprojekt zum Opfer gefallen, aber Bürgerproteste schafften es letzten Endes, dass die Reste des Viertels erhalten blieben und saniert wurden.
Den zweiten Tag habe ich für das Maritime Museum und eine Bootsfahrt nach Bondi Beach vorgesehen. Als ich gegen zehn zum Booking Office für die Bootsfahrt schlendere, um eine Fahrt am Nachmittag zu buchen, werde ich gefragt, ob ich evtl. auch gleich jetzt fahren würde. Das Licht ist am vormittag besser, also klar. Der Büromensch telefoniert schnell mit dem bereits ablegenden Boot während ich hinhetzte. Der Skipper bekommt fast einen Herzkasper, als ich Anstalten mache, die 70cm zum Boot mit einem beherzten Sprung zu überwinden. Ich werde deutlich auf meinen Platz hinten am Kai gewiesen, während das Boot wieder festmacht, die Gangway ausgepackt wird, und mir eine sichere An-Bord-geh-Umgebung geschaffen wird. An Bord ist es dann aber richtig nett. Der Motorkatamaran hat Platz für ca. hundert Leute, neben mir sind nur eine Amerikanerin und eine koreanische Familie an Bord. Es gibt keinen Audiokommentar aus der Dose, zwei Crewmitglieder erklären einem persönlich die Sehenswürdigkeiten. Irgendwann kommt Tim, der Skipper, noch zu mir und entschuldigt sich für den rauen Ton – aber er hat Vorschriften, und woher soll er wissen, ob ich siebzig cm springen kann. Die Fahrt führt durch die Bucht von Sydney – ein perfekter Naturhafen, hinaus auf den Stillen Ozean und an der Küste nach Süden bis Bondi Beach. Wegen der Hai-Netze können wir nicht sehr nah an den Strand fahren, aber es reicht auch so. Ich muss ja zugeben, dass ich kein so gigantischer Strand-Fan bin. Ich röste mich nicht so gerne, kann nicht surfen, und fühle mich beim ins Wasser gehen so fürchterlich ausgesetzt – an Land bleibt der Autoschlüssel, und somit Pass, Geld und alle Habseligkeiten. Und Bondi Beach sieht jetzt auch nicht besonders aufregend aus, ist halt nur berühmt, und ich war jetzt da, hab ein Foto, alles gut. (Bondi Beach ist im Süden von Sydney, ich wohne im Norden, ich hätte ewig gebraucht anders dahin zu kommen).
Der Stille Ozean ist auf der Rückfahrt nicht besonders still, und die koreanische Familie kennt sich nicht mit Seekrankheit aus. Der kleine Sohn übergibt sich im Salon über das Kunstledersofa, die Mutter danach an Deck in die dedizierte Tüte. Die Tröstversuche auf Papas Arm quittiert der Kleine, indem er ihm das ganze Hemd vollkotzt. Jetzt ist die Crew voll beschäftigt, und ich verziehe mich auf die Brücke, lasse mir von Skipper den Hafen erklären. Eine Viertelstunde bevor wir wieder zurückkommen gesellt sich der koreanische Papa mit frisch ausgewaschenem Hemd zu mir. Er hat spitzbekommen, dass ich aus Deutschland bin, und interessiert sich für real gelebte Wiederereinigungen. Nach der Rückkehr geht die koreanische Familie ins Hotel, um sich etwas frisch zu machen, und ich besuche das Marinemuseum. Eigentlich wollte ich das komplett ansehen, und noch kurz in das Museum für moderne Kunst, aber schon die drei Ausstellungsschiffe lasten mich voll aus. Ein Zerstörer, ein U-Boot, und ein segelfähiges Replika der HMB Endeavour (mit der James Cook die Ostküste von Nieuw Holland erkundete und danach Neuseeland entdeckte) nehmen mich voll in ihren Bann. An Bord sind Freiwillige, mit denen man sich super über die Schiffe unterhalten kann. Besonders das U-Boot fasziniert mich. Vorsichtig beginne ich meine Fragen mit einen ’nun ja, mein Wissen kommt ja teilweise aus Filmen, aber ist es tatsächlich so, dass…‘. Mir wird beschieden, dass die ganzen Filme eigentlich ein Schmarrn sind, es gibt nur eine Ausnahme, ‚this German film Das Boot ‚ – nun ja, Operation Petticoat meinte ich nicht.
(ich habe nicht nur den Film gesehen, sondern auch das Buch von Lothar Günther Bucheim gelesen, und seine anderen beiden Bücher auch – ich finde sie genial. Ich glaube fast, dass sein Erzählstil mein Schreiben beeinflusst, dass muss ich daheim mal genauer ansehen).
Das Museum schließt, und ich habe die Ausstellungen innen noch gar nicht gesehen. Ich frage naiv, ob es vielleicht einen Rabatt für Wiederholungstäter gibt, aber die Dame beim Ticketverkauf trägt einfach meinen Namen in das ‚Blaue Buch‘ ein, ich darf morgen kostenlos wiederkommen. Und so kommt es, dass ich an meinem dritten Tag in Sydney erst die Ausstellungen in dem Museum ansehe, dann das Aquarium besuche, und zuletzt noch das Museum of Contemporary Art (ich darf’s ja kaum zugeben, aber ich bin gar nicht so traurig, dass nur ein Stockwerk von dreien geöffnet ist, weil die anderen für das 200-jährige Bestehen von Sydney überarbeitet werden; ich bin platt. Am Ende des Tages treibt es mich als Witz in das Löwenbrau-Brauhaus. Das Personal in Dirndl und Lederhosen, drinnen spielt eine kleine Kapelle ‚Ach Du lieber Augustin‘, und ich zahle umgerechnet 36€ für ein mittelmäßiges Schweineschnitzel und eine Halbe Dunkles. Danach bringt mich ein Bus wieder nach Castle Hills, wo ich für die Dauer meines Aufenthaltes untergekommen bin.
Castle Hills, das ist ein Vorort von Sydney, und hier wohnen Hildegard und Walter. Walter und ich arbeiteten beide ca. fünfundzwanzig Jahre bei Osram, können uns aber nicht erinnern, uns dort jemals bewusst getroffen zu haben. Den Kontakt hat mein Ex-Chef Wolfgang hergestellt, ich hatte ein paar Fragen zum Thema Autokauf in Australien, die sich dann aber erübrigten. Jedenfalls beschlossen Walter und ich im Laufe des e-mail Austausches ein Bier zusammen zu trinken, Details würden folgen. Aus der lockeren Verabredung zu einem Bier wird eine Einladung: „Bleib doch einfach bei uns, wir haben genug Platz“. Das ist mir jetzt ziemlich peinlich, ich hatte den Kontakt nicht angestoßen, um mir einen Übernachtungsplatz zu schnorren. Aber verlockend ist es natürlich schon, nach drei Monaten mehr oder weniger anonymen Hotels. Hektisch frage ich bei Wolfgang nach, womit ich den Beiden eine Freude machen könne – Wein, Whisky oder was sonst? Wolfgang meint, dass eine Flasche Whisky und Blumen ideal sind. Ein Einkaufszentrum in der Umgebung verkauft Beides.
So gerüstet folge ich dem Navigationssystem meines Autos zu einem kleinen Palast in Castle Hills. Irgendwie haben Walter und ich bezüglich meiner Auskunft nicht perfekt kommuniziert, meine Ankunft überrascht Hildegard, und sie hat nichts zum Essen vorbereitet. So bekomme ich nur eine Lachs- und Käseplatte als Vorspeise, und einen Leberkäse mit Spiegelei mit Beilagen als Hauptspeise. Hätte das mit der Ankündigung richtig geklappt, wäre ich wahrscheinlich am ersten Abend geplatzt. Der Abend wird, wie die nächsten beiden auch, total nett. Die beiden wohnen mit Familie seit elf Jahren in Australien, werden da wohl auch bleiben. Wir tauschen uns über Australien aus, erinnern uns gerne an die Zeit bei Osram zurück, und diskutieren über unsere berufliche Zukunft. Walter vertreibt hier mittlerweile Außenleuchten von Hess, wir unterhalten uns über die Optimierung von Websites; die Seite www.formandlight.com.au wird mittlerweile als erster Treffer bei Google angezeigt, wenn man „architectural designed outdoor lighting“ sucht.
Etwas später inspizieren wir Walters Bar (der Whisky steht noch verpackt auf dem Küchentisch), und ich muss feststellen, dass Walter eigentlich nur Cognac mag, und keinen Whisky. Ich muss ein ernstes Wörtchen mit Wolfgang reden, aber immerhin mache ich so seinem Sohn eine Freude – und Walter gelobt den Whisky vorbehaltlos zu probieren – das wird ein harter Übergang von eher süßem Cognac zu einem torfigen Talisker. An einem Abend bekomme ich einen kleinen München Flash: Die beiden haben einen Tatort aufgenommen, ein Münchner noch dazu, „Allmächtig“. Der spielt auch teilweise in den Alpen, ich bekomme Heimweh. Verstärkt wird das noch durch ein am gleichen bekommenes Mail – ein Artikel im Handelsblatt berichtet über das Video einer Produktionsfirma, die die Mutter aller Imagefilme gedreht hat, im Internet mittlerweile über 200.000 mal gesehen. Sujet ist ein Münchner Obststand, mit Worthülsen, wie ich sie bis vor einem halben Jahr auch absonderte, wird das Unternehmen von Didi Schneider beschrieben, getragene Rhetorik beschreibt Qualitätskontrolle und Logistik (Didi probiert einen Apfel und fährt eine Sackkarre über die Straße), alles natürlich mit klarer Kundenorientierung. Der Kommentar eines Freundes zieht Parallelen zum Unternehmensfilm auf der Osram Hauptversammlung, nur die Birnen wären andere, und ich muss herzlich lachen. Dazu einige Bilder von München und das bayrisch des CEOs – keine Frage, ich freue mich auch schon jetzt auf’s wiederkommen.
Dennoch, von allen australischen Städten hat mir Sydney am besten fefallen – Danke Hildegard und Walter!
Foto AUS Teil 4 – Vor Sydney
Galerie
Canberra im Australian Capital Territory – die am Reißbrett geplante Stadt beeindruckt mit klaren Sichtachsen und dem würdevollen Australian War Memorial Die Blue Mountains westlich von Sydney Die Three Sisters – eine der Hauptattraktionen der Blue Mountains Die untere Kategorie … Weiterlesen
Um Sydney
Trotz der traurigen Nachricht setze ich meine Reise fort. Ich umkreise Sydney mit seinen vielen Mautstraßen und besuche westlich der Stadt die Blue Mountains. Blue passt zu meiner Stimmung, aber kommt eigentlich von dem bläulichen Dunst, der meist über den Bergen hängt, angeblich ein Effekt von ätherischen Ölen, die die dort wachsenden Eukalyptusbäume abgeben. Nun ja. Der erste Stopp beeindruckt mich noch nicht besonders, ein Ausblick von ein paar Klippen über einen Fluss. Nach zwanzig Kilometern ungeteerter Straße sieht es schon besser aus – der Fluss wirkt in die Schlucht gedrängt, die Klippen höher, mit fiesen Überhängen. Ich folge der Rundfahrt weiter nach Westen, und merke erst einmal nichts mehr von Bergen. Warum das so ist, merke ich an dem nächsten Aussichtspunkt. Die Wendworths Falls stürzen von dem Hochplateau, auf dem ich die ganze Zeit fahre, in das Tal daneben. Auch wenn die absoluten Höhen nicht vergleichbar sind, erinnert mich das stark an den Grand Canyon, wenn auch durchgängig bewaldet. Ich streife noch ein paar andere Aussichtspunkte und finde dann in Katoomba eine Übernachtungsmöglichkeit, ein indisches Restaurant im Ort sorgt für einen vollen Magen.
Am nächsten Morgen nieselt es, und eine dichte Nebeldecke bedeckt alles. So sehe ich von den „Three Sisters“, dem wichtigsten Fotomotiv der Blue Mountains: nichts. Wie es sich aber für eine zünftige Attraktion gehört, wird hier schon beim Parken ordentlich zugelangt, Mindestbezahldauer eine Stunde. Als ich nach einer Viertelstunde wieder fahre, kann ich mit dem Ticket noch ein paar anderen Touristen eine Freude machen. Ich habe es etwas eilig, ich muss am Nachmittag rein zufällig im Hunter Valley sein. Ein weiteres Tal in dem Hochplateau ist nicht ganz so verhangen, hier erkennt man die grandiose Landschaft zumindest, auch wenn’s nix zum Fotografieren ist. Ich mache mir mal wieder Gedanken zu meinem Tourismuskonsumverhalten. Ich ertappe mich viel zu oft dabei, Sehenswürdigkeiten anzusteuern, Infotafeln zu lesen, sie zu fotografieren, vielen Dank, das war’s. Bei schlechtem Wetter oder Licht bin ich enttäuscht, weil die Fotos nicht so toll werden. Ist das der richtige Genuss? Ich hab doch genug Phantasie, um mir auszumalen, wie’s bei anderem Wetter aussehen würde. Ich kann mit sogar vorstellen, wie’s bei Nacht aussehen würde – schwarz. Meine Überlegungen kommen leider zu keinem Ergebnis. Ich habe auch versucht, das ganze länger auf mich wirken zu lassen, hilft auch nicht viel. Also fahre ich weiter.
Mein nächstes Ziel ist der Hunter Valley, nördlich von Sydney. Ein bekanntes Weingebiet, außerdem mitten in einem der wichtigsten Kohleabbaugebieten von Australien, wie mir am Abend Mark erklären wird. So stehen sich hier zwei Welten gegenüber: der mondäne Genuss von Wein und anderen kulinarischen Spezialitäten (mitsamt einiger affektierter Genießer aus der großen Stadt), und das working class Bergarbeiter Miljö. Eine Brücke zwischen den beiden Welten schlägt Bruce, der zufälligerweise heute im Hunter Valley spielt.
Gut, das mit dem Zufall nimmt mir keiner mehr ab. Ich habe in Melbourne Charlie und den anderen erzählt, dass ich auf kein weiteres Konzert mehr gehe, und da habe ich es auch selber noch geglaubt. Aber als die Besichtigung von Melbourne sich nicht so lange hinzog, und es auch sonst recht zügig voran ging, begann ich langsam zu überlegen. Eigentlich ist ja Doris schuld. Sie meinte, dass es dort eine total tolle Atmosphäre haben müsste, und außerdem…. Ich hadere ein wenig mit der Detailplanung: wo übernachten, wann versuchen eine Karte zu ergattern. Ich finde in der nächsten Ortschaft ein Motel, welches noch ein freies Zimmer hat. Hunderfünfzig Dollar statt der angeschlagenen neunzig – „Oh no Sir, it’s a concert night“, und fahre dann zum Hope-Weingut. Es gibt an der Abendkasse noch eine Front of Stage Karte, der Bereich ist lt. Plan nur 620 Quadratmeter groß – so persönlich war’s selten. Durch die bühnennahe Karte ist die Atmosphäre für mich allerdings ähnlich wie bei den anderen Konzerten. Anders wird’s weiter hinten, wo auf dem Grashügel lauter Leute mit Picknickdecken und Klappstühlen unterwegs sind. Wein wird flaschenweise verkauft, auch komplette Gourmet-Picknickkörbe wären erhältlich. Neben mir stehen Fans aus England. Sie haben die Tournee als Anlass für den Urlaub genommen, und sind schon auf dem fünften Konzert in Australien. Vor mir steht ein Mädel, ich hätte gewettet, dass sie Deutsche ist, die auf dem sechsten Konzert hier in Australien ist. Also ja, ich bin etwas verrückt, aber nicht alleine damit. Nebenbei – das Mädel vor mir kommt aus Canberra, aber die Großeltern waren deutsch, also genetisch hätte ich durchaus recht gehabt.
Das Konzert begeistert wieder, er spielt diesmal einige etwas seltenere Stücke, macht aber schon nach guten drei Stunden Schluss. Gnädigerweise spielt er nicht „Bobby Jean“, ein Lied über Abschied, bei dem ich sicherlich in Tränen ausgebrochen wäre. Nach dem Konzert braucht es noch fast eine Stunde, bis sich das Verkehrschaos gelichtet hat, und dann zurück ins Motel. Hier bietet mir mein Zimmernachbar Mark noch ein Bier an, und erklärt mir die Gegend. Ich muss zugeben, wegen seines Akzentes verstehe ich wirklich nur die Hälfte.
Am nächsten Morgen finde ich noch einen Aussichtsberg über das Tal (hier hätte ich komplett ungestört im Auto schlafen können, und mir die 150 AU$ für das mittelmäßige Motel sparen können), besuche dann aufs Geratewohl noch drei Weingüter für eine kleine Probe (gut, aber nichts begeisterndes, besonders bei den Preisen), und mache dann im Auto ein kleines Nickerchen unter einem schattigen Baum, bevor ich nach Sydney fahre. Falls Ihr Euch fragt: Springsteen spielt noch Konzerte in Brisbane und Neuseeland, aber die passen wirklich nicht mehr in mein Programm. WIRKLICH NICHT.
Der Schock
Kurz nach der Veröffentlichung des letzten Posts habe ich erfahren, dass eine gute Freundin von mir tot ist. Ich bin schockiert, mir fehlen die Worte. Ich überlege, ob ich zur Beerdigung fliegen sollte; entscheide mich aber dann dagegen – eine große Geste mit geringer Wirkung. Geistig Abschied nehmen muss ich sowieso in meinem eigenen Tempo, und mein Mitgefühl ausdrücken werde ich auch wann anders schaffen. Meine Gedanken sind jedenfalls bei der Verstorbenen, Freund und Familie. Ständig, in den nächsten Tagen. Immer wieder geht mir eine andere Erinnerung durch den Kopf, ich denke meist, dass es ein Irrtum ist, irgendwie habe ich mich verhört, sie kann nicht tot sein. Ich höre Musik, die ich mit ihr verbinde, einige Lieder treiben mir die Tränen in die Augen.
ACT
Zwei Städte streiten sich auf dem Spielplatz der Eitelkeiten um den Titel Hauptstadt. Da trifft die Nation eine Entscheidung, nimmt ihnen beiden das Spielzeug weg. Die neue Hauptstadt heißt Canberra. Gut, die Stadt muss erst gegründet werden, aber weder Sydney noch Melbourne hätten sich gegenseitig akzeptiert. Um die Stadt herum wird ein eigener Bundesstaat gegründet, das Australia Capital Territory (ACT). Notwendigkeit, Entscheidung, Gründung, Planung, Bau und Benennung als Hauptstadt fanden zwischen 1901 und 1927 statt, der Siegeszug des Automobils war absehbar bis vollzogen. Die Stadt ist großzügig und monumental, sollte die Geschichte Australiens reflektieren. Ich bediene mich mal beim Reiseführer für folgende Aussagen: ‚die Stadt ist total auf das Auto ausgerichtet, öffentlicher Nahverkehr bringt hier nix‘ (dafür gibt’s genügend Parkplätze), ‚obwohl hier wichtige Kulturdenkmäler stehen, fehlt der Stadt irgendwie Persönlichkeit‘, ‚hier verbrachte Zeit könnte man eigentlich besser woanders verbringen‘. Canberra liegt zwischen den Snowy Mountains und dem Großraum Sydney, meinem nächsten Ziel, also will ich eine Drive-Thru Besichtigung anstreben, vielleicht mit einem kleinen Museumsbesuch. Man erkennt der Stadt ihre Geplantheit an, dieses wertfrei. Es wirkt dadurch etwas steril, aber sehr durchdacht. Große Sichtachsen verbinden große Gebäude, sorgfältig ausgewählt und kommissionierte Denkmäler prägen das Bild. Ich will kurz das Australian War Memorial ansehen, es hat einen Stern im Führer und ist kostenlos – das will ich mir nicht entgehen lassen. Sogar das Parken ist für lau. Das Memorial ist ein beeindruckender Granitbau, soll an die Gefallen erinnern, aber auch ein wenig über ihrer Geschichte erzählen. Obwohl ich noch nicht ganz verstanden habe warum, behaupten sowohl Australier als Neuseeländer, dass ihre nationale Identität im ersten Weltkrieg am Strand von Gallipoli geschmiedet wurde, obwohl die ANZACs hier ordentlich einen auf die Nase bekommen haben. Ich suche in dem Denkmal erst einmal eine Toilette, und lande dabei neben der Flugzeugausstellung. An sowas kann ich als Ingenieur einfach nicht vorbeigehen, und die Ausstellung ist gut gemacht. Unter anderem hat Peter Jackson (Regisseur von Herr der Ringe) und sein digitales Trickstudio eine Videoausstellung zum Luftkrieg im ersten Weltkrieg gemacht. Einer der Piloten von damals war danach Chef der Queensland and Northern Territories Air Service, QUANTAS hat die Ausstellung gesponsort, so passt alles zusammen. Kurz vor fünf, nach zweieinhalb Stunden, kehrt mich das Wachpersonal wegen Betriebsende aus der Ausstellung, lädt mich freundlich ein, noch an der ‚Closing Ceremony‘ teilzunehmen. Trotz Vorbehalte schaue ich mir das an, und werde nachdenklich überrascht. Bei dem Ritual wird stellvertretend einer der tausenden Gefallenen Australiens geehrt. Heute ist 2nd Lieutienant Malcom McMay an der Reihe, der Gallipoli überlebt hat um später in den Gräben von Frankreich zu sterben. Ein Bild von ihm steht auf einer Staffelei, eine Museumsangestellte führt durch den Event. Nach der Nationalhymne (mitsingen erwünscht) legen Familienangehörige Blumengestecke am Brunnen nieder (ich vermute mit Wünschen für Soldaten die gerade im Ausland sind), dann liest ein Oberst der australischen Streitkräfte ohne Sonderausbildung für öffentliche Auftritte die Geschichte von Malcolm vor: als siebtes Kind von diesen Eltern geboren, Vater früh gestorben, beim Ausbruch des Krieges freiwillig gemeldet, Ägypten, Gallipoli, Ägypten, Frankreich. Keine besondere Tapferkeit, keine besonderen Medaillen, aber trotzdem tot. Ein kurzes Requiem auf dem Dudelsack wird gespielt, der Oberst (eine Sie) salutiert, ein kurzer Zapfenstreich wird gespielt, Thank you very much, folks, have a safe trip and a great weekend. Ich fand es sehr … würdevoll. Ich finde, man kann über die Sinnhaftigkeit militärischer Mittel zum Erreichen politischer Ziele kontrovers und trefflich diskutieren; das ist notwendig, und ich mache auch gerne mit. Seine Meinung darüber allerdings als moralische Keule über dem armen Schwein auszulassen, das sich als Befehlsempfänger für ein Land in Lebensgefahr begibt, das fand ich nie fair. Am Australian War Memorial fand ich das gelungen, von so einem Umgang könnte sich Deutschland eine Scheibe abschneiden. Nachdenklich setze ich meine Reise fort.
Fotos AUS Teil 3 – Long way from home
Galerie
Nach Melbourne an der Südostküste von Victoria in Wilson’s Promotory National Park – die südlichste Spitze des australischen Kontinents Mein Camper 😉 Auch wenn einige australischen Sicherheitshinweise etwas übertrieben wirken – der hätte mich beeindruckt. Ein wildes Känguru (ja, trotz … Weiterlesen
A long way from home
„Well, you’re a fooken‘ long way from home“ entfährt es dem Australier neben mir an der Bar, als ich die Frage nach meiner Heimat beantworte. Er hat sich gerade ein weiteres Bier bestellt, ich mich nach einem Zimmer erkundigt. Es ist kurz vor neun Uhr abends, und zu einer gewissen Fahrmüdigkeit gesellte sich meine Sorge, australische Wildtiere aus zu großer Nähe kennenzulernen. Ein Schild hat das Bruthen Inn annonciert, es steht auf einem Hügel neben der Straße wie das Haus neben dem Bates Motel in Psycho. Innen eine Kneipe wie ich sie mir im Outback vorstelle. Ein Zimmer hat es noch, ein Doppelzimmer zu 80 Dollar. Ich zucke leicht, frage ob ein Bad im Zimmer ist. Nein, aber ich könnte es zum Preis des Einzelzimmers für 40 Dollar haben. Mei, zum Übernachten wird’s reichen. Tom unterhält sich etwas weiter mit mir, er war noch nie aus Australien raus, kaum aus dem Bundesstaat Victoria; freut sich deshalb mit Fremden zu sprechen. Er erzählt ein wenig von sich, es treffen Welten aufeinander. Er wollte eigentlich in die Army, „but wasn’t smart enough – on the paper“; das hat ihn enttäuscht, weil er mit einem Gewehr durchaus umgehen könne. Jetzt arbeitet er auf einer Farm mit Milchvieh, und träumt davon, auch mal genug zu sparen um etwas von der Welt zu sehen.
Gestern Morgen bin ich in St Kilda gestartet. Ich hatte mir vorgenommen, den Vorort noch ein wenig zu erkunden, aber ich reduziere eine längere Walking Tour auf eine kurze Fahrt entlang des Strandes. Nett hier, aber so aufregend nun auch nicht. Ich will ja in Richtung Sydney, und mein Navi informiert mich, dass das über meine geplante Route 1400 km sind. Wie sagte Konfuzius? „Auch die längste Reise beginnt mit einem kleinen Tritt auf’s Gaspedal.“ Erste Zwischenstation: Phillip Island. Ich hatte einige Zeit im Internet verbracht, um zu erfahren, wie oft die Fähre dahin fährt, und was es kostet, erfolglos. Erst die Tourist-Information in Melbourne konnte mir helfen: Die Insel ist vom Festland durch eine etwa hundert Meter breite Meeresenge getrennt und mit einer Brücke verbunden. Das hätte man ja im Reiseführer dazu schreiben können. Phillip Island ist für die Penguin Parade berühmt, zum Sonnenuntergang watscheln die Tiere eine von Touristen gesäumte Strecke vom Strand zu ihren Nestern. Auf dem Weg dorthin haben mir Nadine und Dennis noch eine Känguru-Aufzuchtstation empfohlen; mal eine Chance die Tiere aus der Nähe und lebendig zu sehen. Die empfohlene Station finde ich nicht, aber es gibt auch einen Wildlife Park auf der Insel. Dieser entpuppt sich als Mischung aus Privat- und Streichelzoo. Für’s Eintrittsgeld gibt es eine Tüte mit Futter dazu, welches den Kängurus, Wallbies und Wombats schmecken soll. Los geht’s. Sie haben auch ein paar Koalas hier, aber die habe ich in der Wildnis an der Touri-Straße ja schon gesehen. Wallabies sind für mich einfach zu heiß gebadete Kängurus, aber auch drollig. Außerdem watscheln noch ein paar Pelikane, Cockatoos, schwarze Schwäne und Enten umher. In einer anderen Umzäunung sitzt ein Tasmanischer Teufel, hier eine Art Stachelschwein. Aber die Attraktion ist das Freigehege mit den Kängurus und Emus. Emus hätte ich einfach als Strauss bezeichnet, die Viecher sind locker auf Augenhöhe mit mir, und auch Ihnen schmeckt das Kängurufutter. Obendrein sind sie wesentlich aktiver hinter den raschelnden Papiertüten her als die Kängurus. Ich kann mich derer noch erwehren, mit einem lauten „Schleich Di“ und bedrohender Gestik kann ich sie jeweils für ungefähr zwanzig Sekunden auf fünf Meter Abstand bringen. Schwerer tun sich die kleinen Kinder, die hüpfende Freunde streicheln wollen, und halb so groß sind wie die Emus. Deren Eltern sind schwer beschäftigt, ihre Kinder zu verteidigen und zu trösten. Ich krame mir ein wenig Futter in die Hand, verscheuche einen Emu und hocke mich vor ein Känguru. Es hupft mit mäßigem Interesse heran und frisst mir die Krümel aus der Hand. Witzig aus der Nähe, schmales Gesicht, große Ohren, magersüchtig wirkende Vorderbeine, kräftige Hinterbeine und massiver Schwanz (Gut, die letzten beiden überraschen nicht). Ich füttere weiter, werde etwas kreativer. Wenn man die Hand mit dem Futter etwas höher hält, ziehen sich die Beuteltiere mit bekrallten Vorderläufen die Hand herunter, man kann ihnen dann auch die Hand schütteln, mit nur geringer Gegenwehr. Die Viecher lassen sich streicheln, das Fell ist superweich. Laut Schild müssten das Red Kangaroos sein, die größten Ihrer Art. Dafür sind sie recht hellgrau, und kleiner als die nebenan. Ich vermute einen Beschriftungsfehler.
Als ich meine Tüte Futter unter die Kängurus gebracht habe, ist es halb fünf. Soll ich dreieinhalb Stunden auf die Pinguinparade warten, oder Euch ein paar Fotos von Pinguinen aus Argentinien unterjubeln? Ich beschließe noch zum nächsten Park zu fahren: Wilson’s Promotory, die südlichste Spitze Australiens (ohne Tasmanien). Um sieben komme ich am Eingang des Parks an, um die Zeit ist das Häuschen nicht besetzt. Bis Tidal River, Downtown Nationalpark, sind es noch dreißig Kilometer, für Übernachtungsmöglichkeiten werden Reservierungen empfohlen bis gefordert, und man soll den Park bis zum Sonnenuntergang (in einer Stunde) verlassen, wenn man nicht übernachtet. Eine genaue Information, wie nach den Öffnungszeiten mit einem normalen Zeltplatz verfahren wird finde ich nicht. Probieren geht über studieren. Die Warnungen vor freilaufenden Tieren bewahrweiten sich nach fünf Kilometern, ein echtes Wild-Känguru steht auf Straße und guckt mich an. Es wendet sich nach einigem Überlegen von mir ab und hupft entlang der Straße vor mir her. Ich will es nicht überholen, sonst springt es mir noch im letzten Moment noch vor’s Auto. Das Tier hält an, schaut sich nach mir um. Als ich langsam weiterfahren will, springt es weiter. Ich beschwöre es, doch endlich IN den Busch zu springen, aber wir spielen das Spiel noch für weitere dreihundert Meter. Um halb acht komme ich in Tidal River an. Ich fahre kreuz und quer über den Zeltplatz und stelle mein Auto dann einfach irgendwo ab. Jetzt werden Schlafsack und Luftmatratze eingeweiht, aber erst will ich mich nach der Etikette für late arrivals erkundigen. Ich kenne Systeme, wo man die Gebühr in einem Umschlag einwerfen muss, vielleicht läuft das hier auch so? Aber es gibt ja genügend andere Camper, die werden das schon wissen – da laufen zwei. „You guys from around here?“ Sind sie nicht, aber vielleicht können sie dennoch helfen. Können sie: man meldet sich einfach am nächsten Morgen, und überhaupt, woher würde ich denn kommen? Drei Deutsche unter sich. Wir unterhalten uns ein wenig, setzen ihren Weg zum Strand gemeinsam fort. Bis wir zurück sind, kenne ich Angelika und Heiko und habe eine Einladung auf ein Steak, was gleich auf den Grill kommen wird (kostenlose Gasgrills am Zeltplatz). Ich kann einen Karton Wein, etwas Hommus und ein paar Cracker beisteuern. Es wird ein sehr witziger Abend, wir reden über Gott und die Welt. Die beiden sind Fachärzte für Anästhesiologie, und haben das Prinzip Work-Life-Balance beneidenswert umgesetzt. Angelika hat eine 80% Stelle, die 20% als Urlaub am Stück, und Heiko ist selbstständig. Teilweise arbeiten sie auch als Schiffsärzte auf kleineren Kreuzfahrern, wo man zwar kaum Geld verdient, aber eine vernünftige Kabine bekommt, Begleitperson inklusive. Habe ich das Falsche studiert? In regelmäßigen Abstände kommen wilde Tiere vorbei: Ein Reh, ein Fuchs, Opossums und Wombats huschen durch den Lichtkegel von Angelikas Taschenlampe. Wombats sind übrigens so etwas wie am Boden lebende schwarze Koalas, aber mit erheblich geringerem Niedlichkeitsfaktor. Um halb eins heben wir die lustige Runde auf, und für mich wird’s ernst mit im Auto schlafen (Angelika und Heiko haben einen Camper Van). Ich freue mich, dass ich die Luftmatratze schon vorher aufgeblasen habe, und schlafe wie ein Stein.
Am nächsten Morgen zahle ich den Zeltplatz (AU$ 32,80 = 21€), und bekomme einen Kaffee am Camper der beiden. Ich habe beschlossen, einige der Kurzwanderungen in dem Nationalpark auszuprobieren, Aussichtsberg und danach einen Rundgang an einer Schlucht. Angelika und Heiko haben kompatible Pläne, auch aus Sicherheitsaspekten ist es ja sinnvoller nicht alleine Wandern zu gehen. Dichte Wolken machen den Aussichtsberg sinnlos, und so gehen wir den Lilly Pilly Gully Trail. Gut, Sicherheitsbedenken wegen Backcountry-Wanderungen alleine waren überflüssig, der Weg ist meist eineinhalb Meter breit, und könnte mit Kinderwagen bestritten werden. Auch die Zeitangabe ist mit 2-3 Stunden sehr pessimistisch. Am weitesten vom Parkplatz entfernt informiert uns ein Schild, dass dieses die südlichste Ausdehnung des Regenwaldes in Australien wäre; Wald ist es offensichtlich, und passend dazu kommt auch der Regen – aber nicht schlimm. Wir überlegen das weitere Vorgehen bei einem Cappuccino am Visitor Center, und beschließen noch kurz den Wildlife Trail zu machen, und dann weiterzufahren, Angelika und Heiko in Richtung Phillip Island, ich weiter nach Osten. Der Wildlife Trail ist zwar nicht besonders gut ausgeschildert, aber schon hundert Meter hinter dem Parkplatz sehen wir die ersten Kängurus. Sie liegen faul im Schatten, lassen uns auf drei Meter herankommen und erheben sich dann genervt um ein paar Meter weiter zu hupfen. Sie sind zwar wild, aber die meisten haben zwei Ohrmarken und ein Erkennungshalsband. Im Verlauf der nächsten knappen Stunde sehen wir ungefähr fünfzig der Beuteltiere, aber nicht das von Heiko geforderte Emu. Oh well, Aufbruch; schade dass sich unsere Wege trennen.
Meine nächste Station ist der Croajingolong Nationalpark, ca 450 km weiter im Osten, an der Grenze zu New South Wales, ein paar der Kilometer will ich heute schaffen. Auf einem Hügel neben der Straße weizenfarbenes, trockenes Gras, es strahlt hell in der Sonne, während sich dahinter dunkle Gewitterwolken auftürmen. Auf manchen der Wiesen stehen ein paar Kühe, dort steht ein Windrad. Ein bisschen wirkt es wie Sweetwater Farm aus ‚Spiel mir das Lied vom Tod‘. Jedenfalls geht mir die Musik nicht aus dem Kopf. An der Südostküste von Victoria liegt der Ninety Mile Beach, ich fahre einen kleinen Umweg, um ihn wenigsten kurz zu sehen. Die Gewitterwolken sind mittlerweile über mir, es regnet, blitzt und donnert. Ich trotze den Elementen für ein kurzes Foto. Als ich auf der Düne stehe, fällt mir auf dass das vielleicht nicht die beste Idee ist, in einem Gewitter. Ein klarer Verstoß gegen Heikos Lebensmotto: „Nicht aus Dusseligkeit sterben“, und so verzupfe ich mich wieder in meinen Faradayschen Käfig und fahre weiter, dem Bruthen Inn entgegen. Auch hier direkt an der Küstenstraße stehen Kängurus. Sie sind vom Auto vorerst unbeeindruckt, und hupfen erst weg, als man sich bis auf zehn Meter nähert.
Der Bruthen Inn hätte keine Erwähnung in ‚Schöner Wohnen gefunden‘, besonders nicht das Bad. Immerhin kommt warmes Wasser aus der Dusche, und das Zimmer war auch sauber. Ich mache mich vom Acker, und fahre weiter nach Osten. Die Straße führt hier durch kühleren Regenwald, riesige Bäume stehen Spalier. Öfters sehe ich Schilder, die in die Snowy Mountains weisen. Ich konsultiere erst meinen Reiseführer, und danach einer Tourist Information. Dort lasse ich mir meinen langsam gärenden Verdacht bestätigen: Der Croajingolong Nationalpark wäre zwar sehr hübsch, aber doch zumeist einfach Strand, am besten mit dem Boot zu erkunden. Und nein, wenn ich eben Wilson Promotory gesehen hätte, würde er mir nicht viel Neues bieten. Ich beschließe statt dessen in die Snowy Mountains zu fahren, im Winter tatsächlich auch Schigebiet. Dort findet sich Mt. Kosciuszko, Australiens höchster Berg. Er wäre nicht schwer zu besteigen, aber von der Zeit passt es mir gar nicht in den Kram, jetzt am Nachmittag noch aufbrechen wäre doof, aber auf morgen will ich hier auch nicht warten. Also fahre ich ein wenig durch den gleichnamigen Nationalpark, in Richtung Canberra. Ein Buschfeuer hat vor ungefähr zehn Jahren in dem Park gewütet, dabei den überirdischen Wuchs vieler Bäume verbrannt, ohne den ganzen Baum wegzubrennen. Heute hat Zeit, Wind, Regen und Schnee alle schwarzen Reste beseitigt, es bleibt ausgebleichtes, graues Totholz, welches noch doppelt so hoch ist, wie die es umgebenden frische Triebe. Die Geisterbäume sehen aus einigen Winkeln entsprechend gespenstisch aus, aus anderen zeugen sie von der Regenerationsfähigkeit der Natur. Auf der Strecke einige Kängurus und/oder Wallabies, und nach einer Kehre sitzt plötzlich ein Wombat am Straßenrand. Ich schnappe mir den Foto und gehe zu ihm hin. Offensichtlich ist dessen persönliche Sicherheitszone fünfzehn Meter; kommt man näher grunzt er unzufrieden und läuft fünf Meter weiter, leider immer auf der Straße. Nach einiger Zeit wünsche ich ihm viel Glück mit nachfolgenden Autos und fahre selber weiter. Ich habe beschlossen, auf den landschaftlich attraktiven Zeltplätzen im Nationalpark wieder im Auto zu übernachten. Langsam wird es dunkel, und der nächste Zeltplatz ist noch zwei Dutzend Kilometer weg. Da sehe ich an einem Parkplatz einen Geländewagen mit Zelt und entsprechendem Personal. Die Australier meinen, wenn ich hier im Auto penne, wird mich niemand dabei stören. Na dann. Ein schnelles Abendbrot aus Fladenbrot und Guacamole; dann ist es dunkel und wird zügig zapfig. Es ist eine sternklare Nacht, gigantisch! Auch an der Südhalbkugel geht die Milchstraße vorbei. Ich verkrieche mich mal lieber in den Schlafsack, da kann ich noch etwas lesen.
Es wird eine kalte, ungemütliche Nacht; dafür ist der Schlafsack nicht gebaut. Ich nehme noch Socken und den Hüttenschlafsack zur Hilfe, dann ist’s nur noch ungemütlich. Mit der ersten Sonnenstrahlen mache ich mich wieder auf den Weg. Das ich in Australien morgens die Windschutzscheibe freikratzen muss hätte ich nicht gedacht, aber das Auto meint, es hätte halt nur 2°C. Dafür werde ich mit einigen gigantischen Bildern belohnt – die Restwärme eines Stausees lässt ihn in der morgendlichen Kälte Nebelschwaden bilden, die werden von der aufgehenden Sonne dramatisch hinterleuchtet, und ein paar kahle Baumgerippe gliedern das Bild. Nach zehn Minuten weiterer Fahrt fällt mir ein, dass ich beim Versuch, gestern die Sterne zu fotografieren, die Belichtungseinstellungen des Fotoapparates total verfrickelt hatte, also nochmal zurück. Wie schön, das Motiv ist noch da, sogar fast besser als zuvor!
Fotos AUS Teil 2 – Melbourne
Galerie
Melbourne – eine morderne Stadt mit etwas alteuropäischem Flair. Wenn man aus dem alten Europa kommt, beeindruckt das halt nicht soooo arg. Sorry, auch wenn Hosier Lane einen Stern im Reiseführer hat, ich bin nicht beeindruckt Zum Abschluss des Spazierganges … Weiterlesen