Mit dem Taxi zum Nordpol

[in der Überschrift sind ein paar Lügen, lest den Artikel um sie zu erkennen]

Das Feuer prasselt im Ofen. Ramsi schiebt noch zwei Scheite Holz in den Schwedenofen. Langsam wird’s warm. Es muss ein Schwedenofen sein, denn er steht in Schweden, genauer gesagt in der Sauna des Gästehafens der Insel Hindersön. Auf dem Ofen prangt in Edelstahl das Signet „Bottenvikens Skärgård“. Seit Estland ist das Thema Sauna immer präsenter geworden. Als Facilities hat dieser Hafen die Pier, ein Plumpsklo und eben eine Sauna. Die Hafengebühr beträgt ungefähr 9 €, für die Sauna trägt man sich ein und darf sie kostenlos in Schichten benutzen. Uns wäre es ja wurscht, aber da nur vier Boote im Hafen liegen, hat uns Karin für einen einstündigen Slot eingetragen. Die Schweden vor uns sind etwas früher fertig, kommen zu unserem Boot: wir könnten schon jetzt, wenn wir wollen. Also auf! Tatsächlich hat es ungefähr 25°, so richtig Bedarf am Aufwärmen haben wir nicht. Auch das Abkühlen gestalten sich schwierig – unsere Bordinstrumente melden 24,3° Wassertemperatur. Vor ein paar Tagen war ich das erste Mal im Meer, knapp 130 km südlich des Polarkreises. Ganz verwegen kam ich mir vor – wir hatten vorher die Wassertemperatur nicht geprüft, drückte einem Schweden mein Mobiltelefon in die Hand um meinen Wagemut zu dokumentieren. War dann aber gar nicht so schlimm. Das Wasser hier im bottnischen Meerbusen ist interessant, eigentlich Süßwasser, da kräftig von Flüssen gespeist, und kaum Austausch mit dem Rest der Ostsee oder gar einem Ozean. Es hat die Farbe eine bayrischen Moorsees, und eine ähnliche Temperaturschichtung. Die 24,3° sind also an der Oberfläche, schon beim Kopfsprung dringt man in kühlere Schichten ein.

Aber kurz zur aktuellen Crewzusammensetzung: Seit Donnerstag sind Karin und Ramsi aus Berlin da, es war Ramsis Yachtkauf im Jahr 2017, der uns überhaupt erst auf die Idee mit dem Schiff brachte. Frank kam dann am Freitag für die zweite Hälfte seines Urlaubs nach Luleå, nun sind wir also zu fünft. Am Samstag brechen wir von Luleå aus auf, fahren auf die kleine Insel Brändönskär. Auch hier: Plumpsklo und Sauna, und eine schweineidyllische schwedische Kulisse. Wir lesen nach, dass die kleinen Fischerhütten kein Privateigentum waren, sondern von allen Fischern der Gegend genutzt werden durften, sie mussten nur ordentlich hinterlassen werden, mit Brennholz für ein Feuer, und Salz (zum Einlegen der gefangenen Heringe). Auf dem Hügel hat es eine kleine Kirche, 1774 erbaut, mit Bänken, die zu der protestantischen Büßertradition passen. Leider kaum Wind auf der Fahrt, dafür ein Bombenwetter. Hier gehe ich das erste Mal ins Wasser.

Eigentlich wollten wir am nächsten Tag nach Törehamn fahren, dem nördlichsten Punkt der Ostsee, aber die Windprognose lässt uns unsere Pläne ändern, wir fahren erst nach Haparanda. Dort gibt es einen Segelklub mit Bootshaus, welches irgendwie der nördlichste Punkt der Ostsee im Herzen ist. Hier ist es Tradition, einen Wimpel seines eigenen Segelklubs zu hinterlassen, wir haben leider keinen. Es ist mittlerweile eher warm in Nordschweden, wir schwimmen nun alle vom Boot aus.

Für den Montag haben Karin, Ramsi und ich beschlossen, uns ein Auto zu mieten und noch einen Haken hinter den Punkt „Polarkreis“ zu setzen. Ich war zwar vor 29 Jahren schonmal, aber sowas kann man ja auch erneuern. Haparanda Hafen liegt ungefähr 16km von Haparanda Stadt entfernt, dreimal täglich geht ein Bus. Hinter der Busstation ist der Torne älv, der Grenzfluss nach Finnland. Wir laufen über eine Brücke nach Tornio, wo wir einen VW Golf für den Tag gemietet haben, und fahren ca. 100km nach Norden. Die Stadt Rovaniemi ist das Tor nach Lappland, und der offizielle Wohnsitz des Weihnachtsmanns. Deshalb gibt es das Santa Claus Village. Pures Kitschni-land. Verkäuferinnen mit Elf-Mütze, ein offizielles Weihnachts-Postamt, Souvenirshops und diverse Outlets. Natürlich auch eine Photo-Op mit dem Weihnachtsmann – das haben schon ganz andere gemacht.

Das mit dem Polarkreis ist gar nicht so einfach. An sich ist es der Breitengrad, an dem an einem einzigen Tag des Jahres die Sonne überhaupt nicht untergeht, und entsprechend am 21 Dezember die Sonne nie aufgeht. Da aber die dafür verantwortliche Erdachse leicht taumelt, verschiebt sich der der Polarkreis pro Jahr um 14,5m nach Norden, und es finden sich mehrere Angaben. Apple Maps zeichnet den Polarkreis zB durch ein Shopping Zentrum mitten in Rovaniemi, ‚offiziell‘ wird er durch einen weißen Strich im Santa Claus Village markiert (hier lassen sich die besten Selfies machen), und Wikipedia meint, dass der Polarkreis bei 66°33’55“ (Dezimal 66,565°) liegt, welches wir mit Google Maps auf einer Landstraße nördlich von Rovaniemi ermitteln. Egal, wo – wir waren da. Es hätte auch noch das „Arktikum“ – Erlebnis Museum – gegeben, aber leider hat Montags alles zu. Also fahren wir zurück nach Tornio, lassen den letzten Bus sausen, gehen noch Essen und lassen uns mit einem Taxi die 20km zurück nach Haparanda Hamn fahren.

Am nächsten Tag stehen wir etwas früher auf, und schaffen immerhin die Hälfte der Strecke nach Törehamn mit Segeln – der Wind war uns nicht besonders hold in der Woche. In Törehamn gibt es eine gelbe Tonne, die den nördlichsten Punkt der Ostsee markiert. Auch das Betrug, man kann sie nördlich umrunden, also kann sie gar nicht am nördlichsten Punkt sein, aber wir wollen mal nicht kleinkariert sein. Wir legen an, holen uns das Zertifikat vom angeschlossenen Campingplatz, und kochen ortstypisch Fajitas. Am nächsten Morgen noch eine kurze Schwimmrunde vom Steg zur Tonne, und dann geht’s wieder nach Süden – auf nach Hindersön. Die Insel hat übrigens nicht nur einen schnuckeligen Hafen mit Sauna zu bieten, es gibt auch einen kleinen Weg durch den Wald und viele Mücken. PS: der richtige Titel wäre also gewesen: „nach dem Polarkreis mit dem Taxi nach Schweden“, aber ich finde das klingt nicht.

Ja bin ich im Wald hier?

Ach ja, Segeln: das weite offene Meer, bis an den Horizont und weiter. So stellt Ihr Euch das auch vor, oder? Hier in Finnland, da kommt mir öfters in den Sinn: “ 🎶Ja bin ich im Wald hier? 🎶 Wo bleibt denn mein Altbier? 🎶“. Ach ne, kein Trinklied, hier geht’s ja wirklich um den Wald. Im Allgemeinen ist der Wald nicht das klassische Revier des Segelboots. Wenn ich mich jetzt so umsehe, dann ist rund um die Seestern nur Wald. Es hängt ein wenig von der Perspektive ab – von der ersten Stufe am Niedergang aus sieht man kein Wasser, vom Steuerstand aus erkennt man natürlich, dass man hier vielleicht in einem größeren Waldsee unterwegs ist. Aber tatsächlich, der Rundblick offenbart nirgendswo das große, weite Meer. Das ist Schärensegeln in Finnland.

Wir folgen mit der Seestern sklavisch einer betonnten Route. Dafür gibt es zwei Systeme – Lateralzeichen und Kardinalzeichen. Lateralzeichen sind rote und grüne Tonnen die links bzw. rechts neben dem Fahrwasser stehen (wenn man in Richtung Hafen fährt, beim Rausfahren muss man umdenken). Kardinalzeichen sind einzelne Tonnen, die an bestimmten Seiten von Gefahrenstellen stehen. So steht zB im Westen einer Untiefe eine Westtonne, und bedeutet dem Schiffsführer, dass er noch weiter im Westen daran vorbeifahren sollte. Sie sind farblich markiert; eine Westtonne ist zB oben gelb, in der Mitte schwarz, und unten wieder gelb. Theoretisch haben beide Tonnensysteme noch Topp-Zeichen, aber auf die verzichtet man in Finnland, obwohl sie bei Gegenlicht recht sinnvoll wären, weil man die Farben gegen die Sonne nicht mehr erkennt. Praktisch kann man auch mit Kardinalzeichen Fahrwasser markieren; dann stehen eine West- und Osttonne 20 Meter auseinander, und man muss halt dazwischen durchfahren. Wann welche Systeme zum Einsatz kommen, das haben wir noch nicht kapiert. Meine Theorie: größere und durchgehende Fahrwasser werden mit Lateralzeichen gekennzeichnet, kleinere eher mit Kardinalzeichen. Vielleicht sind die Lateralzeichen auch ausschließlich eine Hoheitsaufgabe des Staates, und mit Kardinalzeichen dürfen die Finnen auch ihre Hofeinfahrt markieren.

Natürlich gibt es noch andere Navigationshilfen, wie Landmarken (zB ein weiß angepinselter Steinhaufen) oder Peilmarken. Mit Peilmarken, da sind sie in Finnland gaaaanz groß unterwegs. Auf einem Stein im Wasser steht eine rot-gelbe Tafel, auf der Insel dahinter (und höher) steht eine zweite rot-gelbe Tafel. Wenn beide genau übereinander sind, dann ist man auf der richtigen Strecke. Man muss nur den richtigen Absprung schaffen, sonst stößt man an die untere Tafel, und das Boot ist kaputt.

Natürlich hilft es wenig, wenn man keine Seekarte hat – es ist schon eine wertvolle Information, dass nach der langen Strecke nach Norden ein Knick nach Westen kommt; Man schaut dann nach der neuen Peilmarke auf der linken Seite des Schiffs. Unsere Seekarte ist eine elektronische, auf einem Navigationsgerät kann man hin- und her-zoomen. Das ergibt auch immer ein ganz neues Bild – wenn man plant, zwischen zwei Städten an der Küste einen Weg zu finden, ist das meiste Inselgewirr nah an der Küste einfach hellblau, und das ist meistens zu flach. Also weit raus auf’s offene Meer, vier Stunden nach Norden segeln, dann irgendwie in die Stadt rein. Man hält sich dabei an große Seefahrtsstraßen, die auch für Frachtschiffe und Fähren geeignet sind. Sobald man unterwegs ist, zoomt man natürlich weiter rein. Dabei stellt man fest, dass die solide blaue Fläche eher gepunktelt ist. Inseln, blaues flaches Wasser, und dazwischen weiß (Wasser, 10m tief). Hmmm. Aber da jetzt nur mit GPS durchschlängeln? Wirkt riskant. Man zoomt weiter rein, und plötzlich zeigt das Gerät auch die kleinen Fahrwasser an. „Recommended Track, 2,4m Deep“ – das reicht für uns. Man fährt dann konzentrierter – in engen Passagen ist zwischen den Tonnenpaaren vielleicht 10m Platz, und auch wenn mir mehrmals versichert wurde, dass man sich auf die Fahrwasser verlassen kann, so wird der Blick doch bang, wenn einem nur noch 50 cm Wasser unter dem Kiel auf dem Tiefenmesser gezeigt werden. Und natürlich muss der Wind passen – Kreuzen geht da nicht mehr.

Jedenfalls sind wir so unterwegs von der Replotbron nach Mickelsörarna Kummelskäret, und kurz vor der Ankunft sind wir dann auf dem eingangs erwähnten Waldsee. […und ein paar Fotos habe ich dann auf der schwedischen Seite bei Umeå gemacht]

Familienausflug

Tl;dr: Diabolischer Plan, mit vier Frauen auf einer Insel zu stranden, scheitert.

„Wir sind vor vier Jahren in Griechenland aufgebrochen, nur um heute hier mit Euch den Abschluss von Mia und Kalle zu feiern“. Die Adressaten würdigen das Engagement, und auch die Wertschätzung, die es ausdrückt. Sie sind bereit, gewissen Logikfehler zu übersehen, zB dass vor vier Jahren die heute zu würdigende Ausbildung noch gar nicht begonnen, vielleicht nicht einmal geplant war. JUB würdigt die Formulierung nicht mehr, hat bereits verschiedene Abwandlungen davon gehört und rollt nur mit den Augen.

Wir sind bei Katri und ihrer Familie, einer alte Bekannte von JUB, die mittlerweile in Vaasa mit Ehemann Rainer und den (weitestgehend) erwachsenen Kindern Kalle, Lea, Lasse, Mia und Silas wohnt. Der Abschluss wird finnisch mit einem ‚Open House‘ gefeiert, deshalb waren auch wir willkommen. JUB hatte mit Katri zu Beginn seiner Reise Kontakt aufgenommen, und wir wollten uns das nicht entgehen lassen – eine echte finnische Feier in einer echt finnischen Familie; „am Samstag, 6.7. abends in Vaasa“ wurde zu einem Eckpunkt unserer Planung. Gut, ganz typisch sind sie vielleicht nicht – alle reden Deutsch, oder zu mindestens Schwäbisch. Katris Mutter war Finnin, sie wuchs aber in Baden-Württemberg auf, und zog irgendwann vor mehr als zwanzig Jahren nach Finnland. Vielleicht ist auch der Freundeskreis etwas deutsch geprägt, die meisten Gäste sind mindestens dreisprachig und wechseln behände zwischen Finnisch, Englisch und Deutsch.

Ich unterhalte mich mit Kenneth, einem Nachbarn, der nebenbei ein Wassertaxi betreibt, und lasse mir Tipps für den Archipelago rund um Vaasa geben. [Fazit: wunderschön, aber mit unserer Größe und Tiefgang gibt es eigentlich nur noch fünf lohnende Ziele]. Jenna ist eine Ausbildungsbegleiterin von Mia, und Jennifer kommt aus Dublin. Irgendwann sind die meisten Gäste weg, obwohl es erst später Nachmittag ist (Wie das hier oben täuscht, es war schon 21:00), und wir reden noch lange mit der halben Familie, während von oben ab und zu Nebengeräusche von Fußballguckenden zu hören sind.

Wir fühlen uns wohl, und bieten gerne einen kleinen Bootsausflug an. Am Sonntag ist eher schlechtes Wetter angesagt, und in der zweiten Tageshälfte und Nacht streicht ein Sturm über die Stadt; gut, dass wir nicht draußen sind.

Wir haben am Freitagabend im Hafen des „Vaasan Merenkyntäjät“ angelegt, eine Empfehlung von Katri, die hier den Kommodore kennt. Das ist der finnische Segelklub, nicht bei der „Wasa Segelförening“, die den nächsten Hafen betreiben. Diese Unterscheidung wird später noch wichtig. Neben uns liegt die SERENITY, eine Yacht aus Jakobstad, also eine Tagesreise die Küste hinauf. Wie immer, wenn wir Ortskundige finden, belagern wir ihn mit Google Maps und bereitwillig gibt er uns Tipps – zB einen Privathafen auf Lilla Furuskäret bei Köklot, der für uns tief genug wäre. Privat? Keine Sorge, beruhigt er uns, er wäre da irgendwie im Vorstand, wir wären willkommen. Auf der anderen Seite liegt die TIDE mit deutscher Flagge. Wir treffen Christoph, und schauen uns gemeinsam das letzte Viertel des Spieles Deutschland gegen Spanien an (1:2, schade). Es läuft auf dem Laptop der finnischen Fernsehsender YLE, aber mit ‚Svenskt Referat‘. JUB kann ja etwas Schwedisch, und ich verstehe genug, um zu wissen, wann ich auf das Bild achten muss. Es kann auch sein, dass es mit einer VPN Verbindung nach Deutschland geklappt hat. Als das Spiel vorbei ist, muss Christoph zu seinem Schiff zurück; seine portugiesische Freundin hat gekocht. Wir bieten an, dass sie auch das Spiel Portugal gegen Frankreich bei uns ansehen (wir haben eine unlimited Datenkarte, Christoph krebst mit einem etwas restriktiven Tarif daher), und er nimmt gerne an. Auch Portugal verliert, kein Glück auf der SEESTERN, obwohl wir einen Siegerlök haben. Der Siegerlök ist ein Topf Schnittlauch (eigentlich Graslök), wie er auch 10 Jahre zuvor bei der WM immer auf dem Schiff rumstand, als wir auf einer Charteryacht vor Stockholm segelten – und da wurde Deutschland Weltmeister.

Am Montag um 11:00 kommen die „Vier Frauen“, also Katri, ihre Zwillingsschwester Laura, und die zwei Töchter Lea und Mia. Rainer und die drei Jungs müssen arbeiten. Kurze Sicherheitseinweisung – Schwimmwesten, Feuerlöscher, Funkgerät – und los geht’s. Als Ziel haben wir den Privathafen ausgesucht, Katri kennt die Insel und Rainer wird alle am Abend abholen. Vor dem Hafen muss jede unserer neuen Crewmitglieder unter Motor einen Kringel drehen und den Gashebel ausprobieren, und dann setzen wir Segel und fahren nach Norden. Die Vorhersage hatte weniger Wind vorhergesagt, aber statt entspannter 12-15 Knoten zeigt die Windex bis zu 25. Da wir den Wind eher von hinten haben aber dennoch entspannt. Wir fahren unter der Replotbron durch, der längsten Brücke Finnlands. Es scheint unseren Gästen Spaß zu machen, wer gerade nicht steuert räkelt sich auf dem Vordeck.

Ich bin etwas nervös wegen des Hafens – die üblichen Quellen geben wenig Details zu Tiefen usw. preis, und so habe ich schon etwas Bammel. Da wir zu sechst sind, kann ich Laura als sprechenden Tiefenmesser einteilen, aber alles kein Problem. Anlegen ist mit Boje an einem Steg, es helfen uns neue Bekannte – Ein Paar mit Dackeln, die wir am Donnerstag in Storkors fiskehamn bei Korsnäs getroffen haben, und ein Finne, den wir am Sonntag beim Laufen in die Stadt getroffen haben. Der Anleger klappt, Gin Tonic als Welcome-Drink für alle, und Katri schickt Reiner die Koordinaten für die Abholung. Hmmmm. Irgendwie ist der Hafen auf einer kleinen Insel. Hmmmm. Wirklich eine Insel. Das könnte schwierig werden, mit dem Auto. Hmmm. Wie konnte das passieren? Es stellt sich heraus, dass wir im privaten Hafen der Segelförening sind. Oh Schock – wir sind bei den Schweden! Der Hafen der finnischen „Vaasan Merenkyntäjät“, den Katri sofort auf dem Handy erkannte, ist ganz in der Nähe, aber halt mit Straße eher am Festland. Es werden Alternativen geprüft, Rainer erst einmal vom Abholen gebremst. Die beiden Töchter (die vielleicht besser Schwedisch können) reden mit den finn-schwedischen Seglern und bestägtigen, dass man hier nur mit dem Schiff hin (und weg) kommt.

Wir könnten zu dem Privathafen der Merenkyntäjät, aber ein Gespräch mit dem Kommodore ergibt, dass das nur mit genauen Ortskenntnissen funktioniert, keine gute Idee. Wir könnten unser Dinghi klarmachen, die Frauen ans Festland fahren, und sie schlagen sich dann durch den Wald zu einer Straße durch. Wir könnten alle auf dem Schiff übernachten, und am nächsten Tag gemeinsam zB nach Jakobstad fahren, von da aus ginge ein Zug – das wäre der spontane diabolische Plan. Oder wir fahren eine gute Stunde zurück zu dem Gasthafen an der Replotbron – wegen genau dieser Brücke gut mit dem Auto zu erreichen, und auch ein einfacher Hafen zum Anlegen. Am Ende entscheiden wir uns dazu. Wir verlassen den sehr lauschigen Hafen – wäre wirklich schön gewesen – und fahren Richtung Replot. Der Wind weht aus der gleichen Richtung, und somit auf dem Rückweg direkt von vorne – ein ganz anderes Gefühl. Wir versuchen es kurz mit Segeln, aber mittlerweile hat sich auch eine ordentliche Welle aufgebaut. Also mit Motor direkt gegenan. Ich werden ein paar Mal kräftig geduscht, als die Gischt einer Welle über das Schiff weht. „Hat sonst jemand Lust auf’s Steuern?“ frage ich halb im Spaß, aber sofort meldet sich Lea. Also duschen wir fortan gemeinsam (ich sitze bei Neulingen immer kurz dahinter, um alles im Blick zu behalten). Nach einer halben Stunde deutet Mia klar an, dass sie nun auch das Erlebnis der Meerwasserdusche haben möchte, und es wird gewechselt. Derweil ärgert Murphy Laura – sie wartet mit gezücktem Mobiltelefon auf eine Welle mit Gischt, gibt irgendwann auf, und zwanzig Sekunden später hat die Steuerfrau wieder eine Ladung Wasser im Gesicht.

Als wir im Hafen direkt neben der Replotbron ankommen, wartet Rainer schon. Gruppenfoto, wieder ein Anleger, und dann kochen wir noch gemeinsam – Wahnsinn wie gut Pellkartoffeln mit Quark nach so einem Tag schmecken. Ein sehr gelungener Tag, überhaupt ein gelungener Aufenthalt. Ich mag sie, die Finnen.