Eigentlich versuche ich ja immer, meine Eindrücke in einem Zusammenhang mit einer Erzählung zu schildern. Aber teilweise wird das schwierig, weil es nicht so richtig in den Fluss passt. Vielleicht andere Geschichten drum herum? Ich hatte ein paar Ideen:
[…] Ich sprinte über die Straße, das schwarze Auto mit den Gangster ist mir auf den Fersen. Aus dem Fenster auf der Beifahrerseite lehnt sich ein fieser Typ mit einer Pistole raus. Er schießt, doch ich kann ausweichen und die Kugeln schlage in die bunte japanische Werbung ein, bunter Glitzer staubt umher. Noch ein Schuss – das war der Sechste; die Pistole muss leer sein. Mit quietschenden Reifen versucht er mich zu überfahren. Ich schlage einen Haken in eine kleine Gasse. Ich bin gerettet: auch diese Gasse ist ganz typisch japanisch markiert, mit Markierungen in der Mitte für Autos, und fein säuberlich an den Seiten abgetrennt der Bereich für Fußgänger. Hier bin ich sicher, denn da kann das Auto nicht hin. Ich grinse die Gangster an, wie ein Kater der gerade außer Reichweite des angeketteten Hundes ist […]
Oder:
[…] fast magisch fühlten sie sich zueinander hingezogen, er spürte ihr Verlangen förmlich, ihre beiden Körper bebten vor Erwartung. Er hielt sie fest in seinen Armen, sie nie wieder loslassen wollend, fast so wie der freundliche Japan Rail Angestellte forderte, dass man auf der Rolltreppe seinen Koffer festhält, indem er extra mit einem Schild neben der Rolltreppe stand, obwohl schon mehrere Aufkleber dazu ermahnten […]
Ich weiß ja nicht – ein Versuch war’s wert. Ich schreibe übrigens gänzlich ohne künstliche Intelligenz, alles mit natürlicher Einfältigkeit. Deshalb vielleicht doch ein paar Eindrücke die eher so im Raum stehen.
Die Gasse: hier würden keine zwei Autos aneinander vorbeipassen, in Europa würde man erwarten, dass sich hier die Verkehrsteilnehmen irgendwie sortieren; in Japan mit ihrer Höflichkeit sollte das noch besser funktionieren. Aber nein, akribisch genau sind Bereiche markiert, mit bepfeilten Richtungsspuren für Fahrräder und Fußgänger neben der Autospur. Auch die T-Einmündung ist extra markiert.

Diese Widersprüchlichkeit (einfache Arbeiten): für alles gibt es Automaten: Getränke, Essen, Fahrkarten, zum Einchecken ins Hotel. In Deutschland wäre das der Versuch, möglichst komplett auf Personal zu verzichten. In Japan scheint das nicht so zu sein, für viele Aufgaben scheint es Personal im Überfluss zu geben. In Kanazawa steht wirklich ein uniformierter Herr neben der Rolltreppe, der ein tischtennis-paddel-großes Schild in der Hand hält, welches einen ermahnt seinen Koffer auf der Rolltreppe fest zu halten. Das, on top of den ganzen Aufklebern und Ansagen vom Band die ständig laufen.
Neben vielen der Automaten steht dann ein freundlicher Japaner, der einem hilft, ihn zu bedienen. Bei einem Shuttle-Bus auf der Expo sind an der Haltestelle drei Menschen damit beschäftigt, Flatterbänder zwischen dem Bus und dem einem Meter entfernten Tor zu halten, vor einer Tiefgaragen-Ausfahrt ist ein uniformierter alter Mann, der ausfahrende Autos daran hindert, Fußgänger zu überfahren, dafür aber den Autofahrern auch bedeutet, wann es sicher ist, zu fahren (keine unübersichtliche Stelle).

Diese Widersprüchlichkeit (Stadtbild): In vielen Bereichen machen die Japaner ein großes Aufheben wegen der Ästhetik. Gärten, mit der Nagelschere gepflegt. Menschliche Geräusche auf der Toilette von einem Rauschendem-Bach-Tonband übertönt. Dann geht man durch die Straßen und sieht ein hässliches, zusammengewürfeltes Stadtbild mit primitiver, offenliegener Installation. Elektrische Freileitungen für die Stromversorgung, wild an die Fassaden gedübelte Klimageräte, Gasinstallation und -zähler offen, oder gleich einzelne Gasflaschen neben der Tür, und alles offenverlegt. Als Ingenieur – ich würd‘ mich schämen.






Verschwenderischer Luxus: Diese Toiletten: ständig beheizte Klobrille, und die aufwändige Waschfunktionen: wash rear / wasch front (women) mit einstellbarem Druck, einstellbarer Temperatur, Oszillation-Massage-Funktion. Der Spiegel im Bad ist in der Mitte beheizt; so bleibt selbst mit viel Duschdampf die Mitte beschlag-frei. Klar – er ist beheizt. Gerade in den Hotels wo ich war (ok, nicht die billigsten) gibt es jeglichen erdenklichen Schnickschnack, alles einzeln in Plastik verpackt – oder danach halt wieder gewaschen. Pantoffeln, Zahnbürste, usw…

Shinkansen: Japan ist berühmt für seine Shinkansen-Züge. Schnell, modern, immer pünktlich. Ja schnell und pünktlich sind sie. Modern wirken sie gerade innen nicht mehr, sehr altbacken, mit eher kleinen Fenstern. Allerdings: offensichtlich sind alle Sitz(bänke) drehbar, so dass sie immer in Fahrtrichtung stehen. „Shinkansen“ bedeutet ‚Neue Hauptlinie‘ und ist eigentlich der Name für das ab 1964 neu aufgebaute Schienennetz in internationaler Normalspur statt der sonst in Japan üblichen Schmalspur. Um eine Relativierung zur deutschen Bahn vorzunehmen: Shinkansen sind auf ihren Schienen alleine, da kommt kein Vorortzug in die Quere. Die Pünktlichkeitsstatistik rechnet übrigens ‚force majeure‘-Ereignisse wie Starkregen und Schnee raus. Die Fensterplätze haben übrigens eine Nachteil: An jedem Fenster ist ein völlig nutzloses ca. 5cm breites Fensterbrett, was einem genau in den Oberarm drückt, wenn man kein schmales japanisches Krisperl ist.





Höflichkeit: gefühlt sind die Japaner nicht mehr so höflich, wie ihnen nachgesagt wird. Ja, der Schaffner dreht sich beim Verlassen des Wagens um und verbeugt sich, aber es wirkt nicht mehr ernst – kurz gedreht, genickt, wahrscheinlich denkt er sich: „Ihr Kack-Touristen, Ihr könnt das ja eh nicht schätzen“. Freundliches Zunicken fasst es gut zusammen.
Platzmangel: Für großen Platz ist Japan eh nicht bekannt, und der wenige Platz ist dann noch voll mit allen möglichen Krempel – das gilt für Badezimmer in Hotels, die offene Küche im Restaurant, der Thekenplatz im Restaurant…
Mode: mir ist die ‚extravagante‘ Mode aufgefallen, vieles wirkt altmodisch, puppenhaft, so ganz anders. Aber nach etwas Überlegung: vielleicht ist es einfach nur, weil man es nicht gewohnt ist, und Europa ist genauso modisch unterwegs; es ist halt einfach nur gewohnter.
Falsches Englisch: Englisch ist ja modern, international. In Japan wird es auch gerne mal eingesetzt, aber da hat kein native Speaker oder Kenner der Grammatik drübergeschaut. Dann kommt so etwas träumerisches raus wie ein T-Shirt mit „Never stop to dream“
Warnung: Warnschilder gibt es in Japan überall. Hier ein paar Exemplare











Zusammenhanglose Fotos:





