Jetzt habe ich wohl aus Versehen einen Cliff-Hanger produziert. Ihr fragt Euch sicherlich, ob wir es nun endlich nach Mallorca geschafft haben. Spannend, oder? Leider kann man die Frage nicht so klar beantworten. Wir sind tatsächlich am Tag nach dem Post „Mallorca?“ losgefahren – ordentlich Wind bis wir es schon halb nach Malle geschafft hatten. Eigentlich war der Wind gar nicht so viel, aber es war noch wirklich viel Welle wegen des Windes der letzten Tage. Das wirkt dann dramatischer. Auf halber Strecke ist der Wind dann aber leider eingeschlafen, Diesel & Autopilot an; die Seestern ist per Navi programmiert, in eine Bucht an der Westküste Mallorcas einzuschlagen. Es wird die nächsten Tage fast nur Flaute haben – da können wir auch in die Bucht, wir haben noch genug zu essen an Bord. Außerdem ist das Ankern in einer großen, leeren Bucht eher unproblematisch, das Einlaufen in einen unbekannten Hafen kann Tücken haben. Also kommen wir um 21:30 in Font de la Cala an (so zumindest auf Google Maps zu finden), werfen den Anker, und verziehen uns unter Deck.
Für die meisten Leser, die ich in Deutschland unterstelle, mag das wie Hohn klingen, aber es wird draußen langsam wirklich frisch, besonders nachts. Unsere Diesel-Standheizung müssen wir erst wieder in Betrieb nehmen, bis dahin heißt es improvisieren. Konkret: Den Niedergang (die Haustür) zugemacht, und den Motorenraum geöffnet. Da sind 250kg Metall mit ca. 70°C drin, die wärmen die gute Stube noch ordentlich. Auch eine Konsequenz des Herbstes: man versucht das Baden in der Bucht auf die perfekte Zeit abzupassen – zu früh am Morgen oder zu spät am Nachmittag, und es ist nicht mehr einladend. Gut – wann wart Ihr zuletzt in der Isar?
Die für die nächsten Tage angesagte Flaute wird Realität. Wir schlafen am Mittwoch aus, und machen… wenig… so schwimmen wir auch nicht an Land, sind deshalb also noch nicht AUF Mallorca, sondern nur 60 Meter davor. Frank hat unsere Kurzwellen-Antenne wieder angeschlossen, ich habe versucht das Funkgerät zu kapieren. Das Grenzwellen/Kurzwellen Funkgerät ist theoretisch in der Lage, um die ganze Welt zu funken. Es scheint auch zu funktionieren, wir hören BBC News aus dem Oman. Hatte auch schon was aus Madagaskar und Indonesien. Witzig – mit Internet ist es ja kein Problem mehr, sich jede beliebige Website aus Indonesien auf den Rechner zu ziehen. Wer die Technik versteht, ist davon nicht überrascht. Aber mit der Funke – das ist unmittelbar. Die Radiowellen werden tatsächlich an der Ionosphäre reflektiert, und kommen direkt aus Indonesien in unsere Bucht vor Mallorca. Ist dafür noch wirklich so, wie Funker in alten Filmen dargestellt werden. Mal laut, mal leise, mal pfeifen im Hintergrund. Ob das ganze heute noch eine praktische Anwendung hat – mal sehen. Bislang haben wir jedenfalls noch keinen Wetterbericht empfangen können, auch weil’s keine vernünftige Suchmaschine im 30 Meter Band gibt. Und die Pressemeldungen vom DWD – dreimal tägliche Aussendungen auf 5905 und 6180 KHz – sind schon drei Jahre alt.
Am Donnerstag stehen wir vergleichsweise früh auf – schon um 9:30 morgens. Frank hat das Problem unserer Tankanzeige analysiert, auch – ganz unsportlich – die Einbauanleitung angesehen. Dabei ist die Rede von einer Transportsicherung die unbedingt vor dem Einbau zu entfernen sei. Hmmmm. Chris zieht sich das Mechaniker T-Shirt an, liegt bäuchlings über unserer Bilge, lässt nur eine Schraube in die Bilge fallen, und – tatsächlich – da ist noch der Aufkleber „remove before installation“ und der fünf Millimeter lange Stift, der als Transportsicherung fungierte. Die Anzeige der Tankanzeige fällt von voll auf halb. Wir wollen unseren Griechen nicht böse sein – es stand nicht auf Griechisch drauf. Jetzt kann sich der Geber immerhin bewegen, und wir stehen nur noch vor der Frage, wie wir die Tankuhr kalibrieren können (geht nur bei leerem Tank, und eigentlich versuchen wir den zu vermeiden).
Dann noch kurz in die Bucht gesprungen, mit Meerwasserseife gewaschen, und auf geht’s. Wir dieseln die Küste zwei Stunden runter, nach Porto Christo. Beim Anlegen etwas Spannung im Hafenbecken. Just als wir einlaufen wollen, legt eine große blaue Segelyacht ab. 15 Meter vom Steg geht etwas schief. Hektisch springt jemand zum Anker, die Yacht steht wie bestellt und nicht abgeholt in der Mitte des Hafenbeckens. Wir kringeln ein wenig vor dem Hafen, die sollen das erstmal klären. Der Eigner hat sich die Badehose angezogen, springt schnell ins Hafenbecken – Bäh. Offensichtlich bringt er erstmal eine Landleine aus, und hängt dann zwischen Anker und Kai immerhin stabil. Es hilft auch, dass es keinen Wind hat. Der Marinero funkt uns an, das dauert noch, aber wir könnten jetzt reinfahren. Wir legen (kein Wind) ganz entspannt an, und schauen gespannt zu der blauen Yacht. Offensichtlich haben sie sich eine Muring um den Propeller gewickelt, bibbernd springt der Eigner mit Schnorchel immer wieder ins Wasser, bis er endlich alles geklärt hat. Pech. Wir ziehen unserer Lehre: immer schön warten, bis die Muring im Wasser versunken ist, bevor man losfährt. Segeln hat seine Tücken, insbesonders das An- und Ablegen.
Somit haben wir in Porto Christo endlich Mallorca betreten, mehr als 48 Stunden nach Verlassen von Maó – und das bei einer vorhergesagten Reisezeit von ca. acht Stunden.
Hast du in früheren Berichten erklärt, was eine Muring ist? Hab ich das überlesen? Wüsste es aber gern, um den vorletzten Satz zu verstehen…
Eine Muringleine ist ein Seil, was meist an einem schweren Betonklotz mitten im Hafenbecken hängt. Damit hält man das Schiff vom Steg weg. Damit man nach dem Seil nicht tauchen muss, ist es mit einer dünneren Leine an der Hafenmauern angebunden, da kann man sie einsammeln, hochziehen, und nach vorne ans Schiff gehen um sie zu nutzen.
Komplett beschrieben und bebildert hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Mooring_(Kette)