Stromkästen mit Graffiti drauf – eigentlich nur ‚Tags‘, also mit Edding hingeschmierte Initialen, ähnlich einen von einem Hund angepinkelten Baum, daran hat man sich im Stadtbild gewöhnt. Dass sie uns im Stedelijk Museum für moderne Kunst in Amsterdam begegnen, 3 Stück, einfach im Raum abgestellt – da komme ich mir verarscht vor. Ein Gefühl, welches ich Banause bei moderner Kunst öfters habe. Aber ich will nicht böse sein. Ein paar der Ideen sind wirklich witzig. Eine Sonderausstellung ist Bruce Naumann gewidmet, der wohl verschiedene Schaffensperioden hatte. Videoinstallationen (der Künstler filmte sich, wie er langsam ein Quadrat abschritt), Schriftkunst mit gebogenen Neonröhren (mit sich veränderten Botschaften statt Bierwerbung), und etwas Skulptur (ein paar Metallträger hängen von der Decke). Aber auch faszinierende Werke anderer Künstler – ein Afrikaner hat abertausende Kronkorken und ähnliches plattgeklopft, mit Kupferdraht verbunden, und ein ca. 24 qm großen Wandteppich geschaffen. Dann noch Designkunst, wo ich mit Ramsi überlege, was wohl in die Wohnung passen würde. Ein paar der Stücke werden ja in Lizenz gefertigt und könnten einfach gekauft werden.
Wir machen den Amsterdam Museums Marathon. Eigentlich hatte es unschuldig angefangen. Etwas schmutzige Wäsche in einer Wäscherei an der Javastraat abgegeben – fertig in zwei Stunden – und dann nur eine Stunde mit Frühstück vertrödelt. Als es anfängt zu regnen, stehen wir zufällig vor dem Tropenmuseum, und – warum eigentlich nicht. Wir haben in Amsterdam Crew-Wechsel gemacht. Franks Sabbatical ist mit dem Ende des Augusts vorbei, und auch JUB fährt zurück nach Deutschland. Am Tag davor ist Ramsi aus Berlin gekommen, und übermorgen kommt Stephan. Weder Wind noch Wetter machen mal kurz um die Ecke segeln bis dahin besonders attraktiv. Auch uns begleitet der suboptimale Sommer 2021. Eine Fünf-Museums-Tourikarte besiegelt unseren Plan. Das Tropenmuseum ist nicht uninteressant, etwas niederländische Kolonialgeschichte in Indonesien, aber fesselt uns nicht länger als zwei Stunden. Nachdem wir die saubere Wäsche am Schiff abgeliefert haben, machen wir uns auf die Socken ins eingangs erwähnte Stedelijk Museum. Am Abend etwas Hopfentee und eine indonesische Reistafel – die Kolonialgeschichte hat die holländische Küche deutlich bereichert.
Am nächsten Morgen dann mit straffem Programm – das Naturkundemuseum NEMO (viel zum Anfassen, Knöpfe zum Drücken, wie das deutsche Museum in besten Zeiten), und dann das Van Gogh Museum. Begleitet von einer gut gemachten Audiotour auf drei Etagen Werke des zu Lebzeiten verkannten Genies (na gut, a bisserl verrückt auch), und dessen Inspirationen und Inspirierten. Selfie vor den Sonnenblumen von Van Gogh, danach Selfie mit echten Sonnenblumen in der Stadt. Mit einem Pub-Crawl-Light laufen wir zum Hafen zurück. Die beiden Marinas, die richtig nah an der Stadtmitte sind, haben leider keinen Platz für uns, so sind wir im Entrepôt-Hafen östlich des Zentrums abgestiegen.
Vor Stephans Ankunft am Dienstagnachmittag noch das Rijksmuseum – die Heimat von Rembrandts berühmter Nachtwache, die eigentlich gar keine Nachtwache darstellt. Aber Rembrandt liebte dramatische Hell-Dunkel-Kombinationen um seine Figuren zu betonen, und so dichtete die Nachwelt dem Bild die Nachtwache an. Das Bild wird gerade restauriert, aber in voller Sicht der Öffentlichkeit – so sieht der geneigte Tourist die wichtigste Tradition weiterhin, auch wenn vor dem Gesicht des Leutnants eine Hebebühne mit einem Konservator im Kittel steht. Das Rijksmuseum ist riesig, nach drei Stunden werden wir müde, durchschreiten deshalb zügig die Abteilung für Rokoko, und halten nur noch nach bekannten Meisterwerken Ausschau. Auch dem Delfter Porzellan und dem silbernen Tischschmuck schenken wir nicht die gebotene Aufmerksamkeit – das nächste Mal, ich versprech’s.
Wir treffen Stephan praktischerweise in einer Kneipe, und können uns erstmal ein wenig erholen. Ich will weder weiterlaufen noch stehen. Spaziergang durch Amsterdam zum Bahnhof, Tram Richtung Schiff, ein kleiner Burger in unserer ‚hood – vor Mitternacht schläft das ganze Schiff. Mittwoch geht’s wieder aufs Marker- und IJsselmeer.
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aaah, Amsterdam. Een fluitje Bier en een jonge Genever… Appeltaart… und Stamppot bei Muders… War lustig in Amsterdam. Irgendwo am Hafen hab ich Matjes gegessen, stilecht am Schwanz gefasst und dann abgebissen.