Mein Zeit in Taipeh ist kurz, und das ist nicht wirklich mein Wetter hier. 29°C, gefühlte 90% Luftfeuchtigkeit. Ein kurzer Ausflug vor die Hoteltür, und ich sehne mich nach meinem klimatisierten Zimmer zurück. Ich kenne mich gut genug, so sehe ich wenig von der Stadt. Also schauen wir mal, was GetYourGuide so zu bieten hat. Ah, eine Tour ins Umland, dass man nicht nur die Stadt sieht, eine Tour in der Stadt selber, und nach dem mittelmäßigen Ergebnis meiner selbstständigen Essenssuche am ersten Abend buchte ich auch die ‚Favorite Street Food Tour‘ aus dem vorherigen Beitrag. Deshalb hier die anderen beiden Touren, mit vielen Bildern.
Die Tour ins Umland verspricht einen Wasserfall, zwei ‚old-towns‘ und ein Gebiet mit außerordentlichen geologischen Formationen; sie beginnt um 9:00 morgens, für mich also fast vor dem Aufstehen. Unsere Führerin ist eine nette, freundliche Taiwanesin mittleren Alters, die mir am Ende der Tour so auf den Sack gehen wird. Pauline hat gleich eine WhatsApp Gruppe erstellt, in der die wichtigsten Informationen teilt, die sie schon achtmal im Bus erklärt hat, besonders wichtig sind ihr die Treffpunkte und die Zeiten, sich dort einzufinden. Die Zeiten wiederholt sie im Bus oft, schreibt sie dann auf ein Täfelchen, welches sie allen Teilnehmern vor die Nase hält, danach schreibt sie die Zeit noch in die Gruppe und postet ein Bild davon. Vielleicht ist das Erfahrung, eine Teilnehmerin namens Sharon Ng stellt in der Gruppe auch immer wieder Fragen, die eigentlich erklärt wurden.
Auf dem Land wird noch deutlicher, dass wir hier in den Tropen sind. Bergig, mit einer wuchernden Vegetation die einen undurchdringlichen Dschungel bildet. Was der Mensch aufgebaut hat, die Natur versucht es sich wiederzuholen; das erste Zeichen ist meiste eine schwarze Schimmelsicht. Was mir sehr schnell auf die Nerven geht, ist unser Bus. Ungefähr die Hälfte der Zeit ertönt ein lautes Piepen, so wie manche Nutzfahrzeuge ihre Absicht signalisieren, jetzt rückwärtszufahren. Aber wirklich die Hälfte der Zeit, die ganz Fahrt lang.
Erster Stopp ist der Wasserfall in Shifen. Der Wasserfall ist etwas unterwältigend. Vielleicht habe ich auch einfach schon zu viele große gesehen, und dass aktuell nicht Regenzeit ist, hilft auch nicht. Ich verwende absichtlich nicht den Begriff Trockenzeit, so sieht’s nämlich nicht aus. Danach geht’s weiter nach Shifen Old Town, wo Teilnehmer eine Himmelslaterne vorbestellen konnten. Man kennt die Dinger; an einem der letzten Silvester hat damit eine Frau in Krefeld das Affengehege abgefackelt. Hier in Shifen haben sie keine solchen Sorgen; Waldbrandgefahr: SEHR gering. Pauline hat auch ein wenig erklärt, warum es unproblematisch ist, wenn jeden Tag hunderte von den Dingern in den umliegenden Wäldern landen, aber mich überzeugt das nicht. In Shifen esse ich ein paar gebratenen Teigtaschen, erst später erfahre ich aus dem Gruppenchat, dass wir besonders lange in dem nächsten Dorf bleiben, damit alle dort Zeit haben zu essen.















Jiufen, der nächste Stopp mit knapp zwei Stunden Aufenthalt ist eigentlich ein riesengroßer Souvenir- und Fressshop, der als altes Bergdorf getarnt ist. Auch wenn man mit der geschickten Wahl des Ausschnitts beim Fotografieren auch in paar schöne Motive findet – jedes Haus ist entweder ein Essenstand oder ein Shop. Die Gasse dazwischen ist überdacht, so dass auch Regen die Touristen nicht an ihrer Konsum-Mission hindert. Pikant auch hier: es gibt mindestens drei Stinky-Tofu Läden, und die verseuchen olfaktorisch jeweils so ca. 60 Meter Ladengasse. Das kann die Nachbarn nicht erfreuen. Und die Menschenmassen schieben sich weiter durch die Gasse. Vierzig Minuten vor der Zeit beende ich meinen Jiufen Ausflug und finde einen Laden der mir ein IPA verkauft. Gute Entscheidung.













Letzter Programmpunkt der Tagestour ist Yeliu. Hier ist die eine obere Schicht Steine deutlich härter als der weiche Sandstein darunter, und so bilden sich witzige Pilzförmige Strukturen. Auch ein Publikumsmagnet, wir sind nicht allein.

















Der geneigte Leser hat es schon gemerkt – die Tour bekommt im persönlichen Tagebuch keine fünf Sterne. Immerhin, etwas Landschaft außerhalb Taipehs gesehen, und nicht mit schlechtem Gewissen zu wenig unternommen.
Zu einem ähnlichen Fazit werde ich bei der nächsten Tour kommen. Hier führt uns James, der damit offensichtlich seine Rente aufbessert. Auch er hat eine einschläfernde Sprachmelodie, und die Verständlichkeit wird ein wenig durch die Maske beeinträchtigt, die James die ganze Tour lang trägt. Programm hier: National Palace Museum (wo die Taiwanesen bei der Flucht ein paar der wichtigsten Kulturschätze ganz Chinas gerettet haben. Die Mainland-Chinesen sagen geklaut, aber ganz ehrlich – die hätten das meiste während der Kulturrevolution zerdeppert). Danach der Chiang Kai Shek Memorial Park, mit einem riesigen Monument und etwas Museum. Es ist übrigens kein Mausoleum, der Kollege ist woanders begraben.





















Danach knappe zwei Stunden im XiMen-Viertel, recht nah an meinem Hotel, Essenfassen in Eigenregie. Danach der LongShan Tempel mit etwas Erklärung, noch ein Markt, und dann zum Taipei 101. Das war eine Zeit lang das höchste Gebäude der Welt, und macht schon was her. Im 89 Stock gibt es eine Aussichtsplattform; und in Erdnähe eine Shopping Mall. Was ich offensichtlich nicht richtig gelesen habe bei der Tourbeschreibung: Die Aussichtsplattform ist nicht in der Tour inbegriffen. Wir bekommen eine Stunde für die Mall, und dann wäre wieder Treffen, damit uns James hilft mit U-Bahn heimzukommen. Ich verzichte auf die Hilfe, auf die Mall, und kaufe mir selber eine Karte für den Ausblick. Nachteil: der 101 ist im Osten der Altstadt, und so ist das meiste Interessante um 16:30 im deutlichen Gegenlicht.































Aber auch hier das Fazit: Auch wenn die Tour nicht begeisterte, immerhin glaube ich jetzt, nicht allzu viel verpasst zu haben. Danach mache ich mich auf nach Neu-Taipeh, um einem Restaurant-Tipp von Claudia zu folgen.