Questing in Warszawa

Für die Nicht-Nerds: Quests sind in Rollenspielen Aufgaben, die die Spielnarrative voran bringen – Gehe hin, töte die feuerspeiende Prinzessin und befreie den jungfräulichen Drachen. Häufig müssen dabei aufwändige Rätsel gelöst werden, bis man endlich die Truhe geöffnet hat, in der das für die obige Aufgabe notwendige magische Schwert liegt. Daran erinnert mich die Willkommensmail meiner Unterkunft:

„Please note that I have left the key for you in a safe box, instructions as follows. Your adress is Mariensztat 9 flat 8. The entrance is from street side . There are 3 doors in the building MARIENSZTAT 9 . Yours door is the first one. Flats 1-11. To open building door use an intercom pad by the door. press the [1][0][0] buttons followed by the [picture of the key] then enter [4][2][0][8]. If anything goes wrong press button [KAS] and start from beginning. When you hear a sound push the door. Find apartment 8 on the second floor . Then open safe box on flat’s door using numbers 4381. To open the box, pull the flap slightly. The key is inside the box. The black-silver one opens the lock.“

Als Side-Quest kann die Suche nach dem Lichtschalter im Treppenhaus gelten.

Wie üblich habe ich mich nicht rechtzeitig um Unterkunft in Warschau gekümmert, ein paar Tage vorher hatte Google noch viel Freies angezeigt. Manchmal bekommt man überraschend günstige Last-Minute Angebote, denke ich mir. Heute nicht. Das Internet im Zug funktioniert in Polen ähnlich zuverlässig wie in Deutschland, und meine Nachbarin nimmt an meinem Problemen Anteil – das wäre ein gutes Stadtviertel; nee das ist wirklich übertrieben. Am Ende scheint die Wahl auf die Hiltonklasse für 200€ die Nacht oder eine der vielen Privatunterkünfte hinauszulaufen. Jaja, meint Karolina, viele Leute brauchen das Geld. Dabei brauche ich eigentlich keine ‚gesamte Ferienwohnung‘. Ich buche die Stone Steps direkt in der Altstadt. Nach kurzer Zeit ein aufgeregter Anruf – so sorry, es gab ein Fehler, die Unterkunft wäre gar nicht verfügbar, es wäre sooooo nett von mir, wenn ich die Buchung stornieren würde, denn sonst – o graus – würden sie im booking.com Ranking sinken. Sooooo Sorry! Na gut, ich warte auf das nächste stabile Netz, der Zug macht dazu im Bahnhof von Białystok extra eine ungeplante zwanzigminütige Pause, und ich buche das „2 Swans“. Karolina empfiehlt noch, Uber zu verwenden; stimmt, das habe ich ja eigentlich in Brasilien schätzen gelernt.

Als mich der Fahrer in der Uliza Mariensztat absetzt muss ich mich erstmal orientieren. Am Ende ist es tatsächlich das lange Gebäude mit abblätterndem Putz. Das kann ja heiter werden. Ich setze die Quest von oben um, und lande in einer sauberen, modernen Zwei-Zimmer-Wohnung. Gut, dass man aus dem Fenster raus schaut, da sieht man die Fassade nicht. Es ist mittlerweile nach 21:00, aber ich finde noch ein bis 23:00 geöffnetes Lokal in der Nähe. Der Weg dorthin bei Nacht etwas abenteuerlich, durch Hinterhöfe, Garageneinfahrten, dann eine Treppe hoch. Ich stehe auf einer der Straßen die – so werde ich es morgen lesen – die Königsfahrt ausmachen, finde das authentische polnische Restaurant, welches mir gebratene Piroggen serviert. Ein Bier haben sie auch. Alles wieder gut.

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