Mit einem erotischen Hüftschwung kommt die Schönheit auf mich zu. Salzwasser perlt aus ihrem blonden Haar über den bronzefarbenen Körper, der gelbe Bikini bietet dazu einen perfekten Kontrast. Die Sonne glitzert in den Wassertropfen. Sand haftet an ihren Füßen, die Leine zu dem weißen Surfboard hinterlässt eine witzige Spur im Sand hinter ihr. Sie lächelt, zum dahinschmelzen. Sie kommt näher, immer näher, Ihre Präsenz ist schon spürbar – und geht vorbei. Wahrscheinlich warten da hinten ihr Freund. Ich schüttle alle mögliche Gedanken aus meinem Kopf und laufe weiter am Strand von Byron Bay entlang. Am Ende des Strandes, auf den Felsen, die dort ein kleines Kap bilden, ist eine Aussichtsplatform, dort postiere ich mich und schaue den Surfern zu. Sie tragen ihr Board an den Felsen entlang, und paddeln dann das letzte Stück. Die noch runden Wellen türmen sich hier auf und beginnen vor den Felsen der Landzunge zu brechen. Von diesem ‚Point Break‘ setzt sich die Welle in Richtung Strand fort. Offensichtlich kann man die Welle am längsten reiten, wenn man sie hier erwischt. Sieht aus meiner Perspektive nicht ganz ungefährlich aus, denn die Surfer paddeln nur wenige Meter vor den Felsen umher, auf denen sich die Welle dann tobend bricht. Nach einer für mich nicht erkennbaren Rangordnung dreht sich dann einer der Surfer Richtung Land und beginnt wild zu paddeln. Die Welle hebt ihn an, mit einem schnellen Schwupps schwingt sich der Surfer auf und steht auf seinem Brett. Dann fährt er an der Vorderseite der Welle ab, kommt aber nicht unten an, weil die Welle ihn dabei ständig zu überholen trachtet, und fährt schräg von der Landzunge weg, auf den Strand zu. Hier häufen sich paddelnde oder abgeworfene Surfer, die sich nicht ganz bis zum Point Break vortrauen, und der der Surfer schwingt lässig von links nach rechts um sie nicht zu überfahren. Während ich beobachte habe ich keine Kollision erlebt, aber statistisch müsste hier einiges passieren. Irgendwann ist die Welle nicht mehr aufregend genug, es wird abgestiegen, und an der Landzunge entlang wieder rausgepaddelt. Entgegen meiner durch Videos und Fotos von Surfern genährten Vorstellung sind die Wellen übrigens nicht über mannshoch, bilden auch nicht die perfekte Röhre in der gesurft wird. Offensichtlich reichen Wellen, die ungefähr 40-80 cm hoch sind auch, um cool auszusehen. Die bronzefarbene Schönheit ist nicht wieder aufgetaucht, und so gehe ich an der nächsten Bucht entlang um den Pfad zum Cape Byron Leuchtturm zu erwischen. Von einer Anhöhe dabei sehe ich einige Delfine die scheinbar auch zum Surfen hier sind, aber keinen Strand brauchen um ins Wasser zu kommen. Der weiß getünchte Leuchtturm erhebt sich majestätisch gegen den blauen Himmel, die üppige grüne Gestrüpp darunter vervollständigt das Bild. Hier ist das östlichste Ende des australischen Kontinents, und wohl auch der östlichste Punkt meiner Reise. Somit geht die Fahrt ab hier in eher nordwestlicher Richtung weiter, und da sich die Sonne schon wieder langsam dem Horizont nähert, fahre ich noch ein kurzes Stück und suche mir eine Unterkunft. Kurz hinter Byron Bay fängt Queensland an, der Küstenabschnitt nennt sich Gold Coast und ist erstmal eine Abfolge von Strandferienorten, viel in hässlicher Ferienburgbauweise. Immerhin ist so die Konkurrenz zwischen den Unterkünften groß, und da Nebensaison ist, finde ich etwas günstiges. Es ist sauber.
Als Alternativen für den nächsten Morgen bietet sich weiter die Fahrt entlang der Küste, in ewigem Urban Sprawl und Ferienbunkern an, oder ein kurzer Abstecher zum Lamington National Park, wieder ein Regenwald. Regenwald reizt mich mehr. Auch dieser wird seinem Namen gerecht, allerdings ist Regen und Nebel hier so heftig, dass ich davon absehe, die zwanzig Minuten zu dem sicherlich auch nebelumhüllten Aussichtspunkt zu laufen. Was ich mir allerdings denke: Vielleicht könnte sich ein weiterer Urlaub hier lohnen, in dem man hauptsächlich die offensichtlich reich vorhandenen Wanderwege in australischen Nationalparks macht.
Ich studiere den Reiseführer zu meinem nächsten Ziel, Brisbane. Hm. Wenn ich die Beschreibung der Stadt mit der von Sydney und Melbourne vergleiche, so mussten die Autoren hier schon arg kreativ werden, um überhaupt was zu schreiben. Das Fazit scheint zu sein: Nette Großstadt ohne extreme touristischen Highlights. Ich beschließe eine Stadtrundfahrt und Mittagessen in einem zum Kulturzentrum umgebauten Kraftwerk. Die Stadtrundfahrt kommt übrigens ganz von alleine, wenn man ‚Mautstraßen vermeiden‘ am Navi einstellt, und dann zum Restaurant bzw. weiter nach Norden fährt. Von Hildegard und Walter wurden mir die Glass House Mountains empfohlen, und dort das King Ludwig Restaurant (ja, der von Bayern). Die machen leider sechs Wochen Ferien, wohl wegen Reichtum geschlossen, aber ich finde eine sehr nette Öko-Pension (solar erwärmtes Warmwasser). Ich erlebe die Abendsonne und die Morgensonne (na ja, eher die Vormittagssonne) in den Glass House Mountains, die ihren Namen von James Cook bekamen – er fuhr hier an der Küste entlang, sah die Berge in der weiten Entfernung, und da ihn die auffälligen Kegel mitten im flachen Land an die Glashütten seiner Heimat erinnerten benannte er diese Berge von See aus.
Ein Stückchen weiter die Straße entlang ist ‚Steve Irving’s Australia Zoo‘, seit ca. 100km in immer kürzer werdenden Abständen beworben. Auch meine Gastwirtin empfiehlt ihn mir wärmstens, also why not. Ich werde nicht enttäuscht. Der Zoo ist extrem besucherfreundlich aufbereitet, und wendet sich besonders an Kinder (egal wie groß). Zu den Tieren gibt es ‚Fun Facts‘, und viel populärwissenschaftlich aufbereitete Information zum Naturschutz und der Anteil des Einzelnen daran. Außerdem gibt es offensichtlich das Lernziel: Vorsicht um Wasserwege in Queensland und der nördlichen Küste von Australien – hier gibt’s Krokodile, und wir zeigen Euch mal ganz schnell wie fix die sein können. Dazu gibt es ein Crocoseum, eine große Arena mit einem angedeuteten Flusslauf in der Mitte. Um 12:00 gibt’s die große Show: Papageien, Cockatoos, Greifvögel und ein Andenkondor fliegen durch die Arena, der Cockatoo apportiert der Trainerin eine Fünf-Dollar Note. Helfer tragen Phytons durch die Ränge. Dann wird ein Freiwilliger gesucht, zum Krokodil füttern. Das ganze mit viel Humor – als der Freiwillige am Fluss steht, verschwinden die Trainer schnell aus der Umzäunung heraus: es war nicht so gedacht, dass der Freiwillige etwas an das Krokodil verfüttert, er würde vollkommen ausreichen. Kleines Späßchen, er bekommt doch ein Fisch, spannende Musik aus dem Weißen Hai setzt ein, alle starren gebannt auf den Wassereingang, und da erscheint es schon: ein etwa meterlanges Baby-Krokodil, was vorher auf dem Arm einer der Trainerinnen spazieren getragen wurde. Alle lachen, das Krokodil wird mühsam angelockt, alles wirkt träge, aber der Freiwillige erschreckt dann doch ziemlich als der Kleine die vier Meter zwischen Ufer und dem Futterhalter mit einem Sekundenspurt zurücklegt. Danach wird der Amateur weggeschickt, und zwei Profis füttern mit gehörigem Respekt ein Vier-Meter-Krokodil. Am meisten hat mich beeindruckt, wie sich das Viech über zwei Meter senkrecht aus dem Wasser katapultieren kann, wenn dort mit einem Fisch gewedelt wird. Lernziel erreicht. Es gibt in dem Zoo auch ein paar unaustralische Tiere – Tiger, Giraffen, Nashörner und Zebras – aber der meiste Raum wird einheimischen Sorten gegeben. Auch hier kann man Kängurus füttern und streicheln, aber im Gehege sind klare Bereiche ausgewiesen „This is our rest area, please give us some peace“ wo sich die Kängurus – würden sie lesen können – vor den Kindern zurückziehen. Ein kleines Highlight waren aber die Koala-Streichelbäume. In einem größeren Gehege stehen acht ‚Bäume‘ (totes Holz & frische Eukalyptuszweige), und sechs davon sind mit Koalas besetzt. Eine Angestellte fährt im Viertelstundentakt eine kleine Treppe an die Bäume, damit die Kinder die dort sitzenden Koalas streicheln können (ich darf auch), und an den restlichen Bäumen hängt ein Schild „I’m resting, please give me some time“. Ich frage die Wärterin, wie das die Koalas vertragen, und sie überzeugt mich mit dem Hinweis, dass sie ja freiwillig da sind – in dem Gehege gibt es noch genügend andere, genügend hohe Bäume, auch einige von denen sind von streichelunwilligen aschgrauen Beutelbären besetzt. Dann noch ein paar Terrarien mit Schlangen, meist mit ‚giftig‘ gekennzeichnet, und ich verlasse den Zoo. Meinen Zeitplan habe ich wie üblich nicht eingehalten, ich werde wohl heute nicht mehr nach Hervey Bay kommen. Ich fahre bis ca. 21:00 und finde dann eine Unterkunft in Maryborough – sauber.
Am nächsten Morgen fahre ich noch die letzte halbe Stunde nach Hervey Bay, und vertraue mich dort der Tourist Information an. Wenige Minuten später habe ich einen Plan und eine Unterkunft. Die Bayshore Holiday Appartments haben einen Kampfpreis um ihre Auslastung in der Nebensaison zu erhöhen, für den gleichen Preis eines, ‚Na-ja-immerhin-sauber-Motels‘ bekomme ich ein kleines Reihenhaus. Küche, Waschküche und Wohnzimmer unten, Schlafzimmer und Bad oben. Ich nehme mir vor, hier mal wieder einiges zu schreiben, und scheitere kläglich – dafür erhole ich mich und lese endlich mal wieder mehr. Für den nächsten Tag habe ich einen Ausflug auf Fraser Island gebucht. Auf der Insel sind nur vierradgetriebene Fahrzeuge erlaubt, ich überlegte schon, ob ich mir einfach kurz ein solches zusätzlich mieten sollte (das wäre schön dekadent, gleichzeitig zwei Auto gemietet zu haben), aber statt dessen habe ich die große Busoption gewählt – vierzig Sitzplätze, die Hälfte belegt. Auf der Insel angekommen, kann ich mich überzeugen, warum Vierradantrieb notwendig wäre: Fraser Island besteht nur aus Sand, überzogen mit einer dünnen Schicht Muttererde, auf dem ein dichter Wald wächst. Alle ‚Straßen‘ bestehen weiche Sandpisten, auch unser Bus (ein Busaufbau auf einem 4WD Militärlaster) bleibt ein paar Mal fast stecken. Graham, unser Fahrer und Führer erzählt von der Hochsaison nach Weihnachten, wo hier lauter private Geländewägen die Straßen verstopfen, seiner Meinung nach wahrscheinlich weil die meisten Fahrer ihre Geländewägen erst zu Weihnachten bekommen hätten. Sehenswürdigkeiten auf Fraser Island sind: Der Regenwald, einige bemerkenswerte Seen, ein langer Sandstrand (wer hätte das gedacht) komplett mit Schiffswrack, Sanddünen und einige Frischwasserbäche. In diesem Teil von Australien ist die Konzentration an deutschen Urlaubern recht hoch, gefühlt 75% in dem Bus hat den gleichen Pass wie ich. Ich lerne Vany kennen (Vanessa getauft), aus Bayreuth. Vany kommt aus Bayreuth, ist dreiundzwanzig und schätzt mich über ein Jahrzehnt jünger als ich bin (also bleibt nach Abzug des Höflichkeitsbonus immer noch was übrig). Auf die Frage, ob ich Bayreuth kennen würde, beschreibe ich die mir in Erinnerung gebliebene Baustelle für den Tunnel an der A9. Aber der ist doch schon immer da, meint Vany; offensichtlich bin ich halt doch schon zwanzig Jahre älter als sie.
Während die Fahrt im Inneren der Insel eher mühsam wirkt, bietet der Strand fast eine Autobahn. Dennoch ist er auf 80 km/h beschränkt. Auf einmal steht am Strand ein kleines Flugzeug, für zusätzliche fünfzig Euro wird ein kleiner Rundflug angeboten. Ehrensache, so einen Scheiß mache ich natürlich mit. Nach zwanzig Minuten treffen wir den Bus wieder, an dem Wrack der SS Maheno. Das rostbraune Gerippe gibt einen tollen Kontrast zu dem Strand. Leider ist es immer von posierenden Touristen belagert, und so reihe ich mich ein, und lasse mich mit Vany vor dem Wrack fotografieren. Auf der Rückfahrt wählen wir die letzte Sitzreihe im Bus – weil da immer die coolen Leute sitzen, und weil auf den holprigen Inlandsstraßen der Insel der Platz da hinten eine wahre Achterbahnfahrt ist. Vany kann kaum aufhören zu lachen, leider sind wir nach zwanzig Minuten wieder an der Fähre zum Festland. Den Abend verbringe ich im Woolshed-Hostel, hier wohnt Vany, und mit einer hauptsächlich deutschsprachigen Gruppe quatschen wir bis tief in die Nacht.
Das ist ja putzig! Kürzlich war meine kleine Nichte zum übernachten bei uns, und sie gruselt sich seit Weihnachten genüsslich vor dem Krokodil, das bei uns im Keller wohnt (wir hatten ihr das damals erzählt, dass sie nicht vorher in den Keller läuft und die Geschenke sieht). Und jetzt hatte sie gefragt, wo denn das Krokodil sei, und ich hab ihr erzählt, dass es mit dir grad Urlaub in Australien macht :). Na, dann kann ich ihr ja mal ein Foto von dem Krokodil zeigen, unter „Tierisches“ ist ja eins drin…
Bei dem Krokodil wärst Du auch nimmer in den Keller gegangen 😀
Echt Cool … zu meinen Traumurlaub „surfen in Australien“ habe ich hier schon sehr gute Anregungen bekommen. mein erster Verdacht,dass es mich trotz hohen Wellen in eine andere Richtung verschlägt
Aborigines – Wirst du noch auf solche stoßen und muss man Angst vor ihnen haben?
😉
…Deine Geschichten in Australien sind wieder sehr interessant.
Gute Reise weiterhin.
Oh wie schön ist Panama! Bzw. Australien!
Lieber Chris, ich freu mich schon auf Tasmanien. Das hat mir arg gefallen. Tasmanische Teufel auf dem Campingplatz, Debatten im Parlament in Hobart, Wallabys in der Hochebene, kleine wüstendüne, Skorpione und Barbis mit dem lachenden Hans haben sich stark eingeprägt. Und unbedingt zur wineglasbay wandern (Achtung Schlangen).
Also ich freu mich auf ausführliche Berichte und Fotos.
Sei umarmt & viele herzliche Grüße aus der Schweiz
Sonja
Und was war dann noch mit Vany?
…