Von gebratenen Büffeln, verliebten Japaner und gequälten Elefanten

Wieder ein Markt. Eine sinnvolle Idee, den Kochkurs am Markt beginnen zu lassen, da sieht man dann was man zum Verkochen hat, und findet es in Deutschland im Asiamarkt wieder. Erste Station: Grünzeug. Kräuter und diverses Blattzeug, das ich auch hier nicht auseinanderhalten kann. Lao Basilikum, Basilikum mit geriffelten Blättern, Minze (natürlich die spezielle in Laos vorkommende), Bananenblüten, und noch viel mehr. Ich würd’s Euch ja sagen, aber mir fehlt die Erinnerung. Danach geht’s über den Fisch (Highlight: Ein Flusswels wagt einen Fluchtversuch aus seinem Bottich, kommt aber mangels Kenntnisse in der wasserlosen Welt nicht weit) weiter zur Fleischtheke. Einige Vegetarier (und ein paar Leugner dessen, dass Fleisch wirklich von toten Tieren kommt, sondern in Styroporschalen zu Welt kommt) wenden sich ab. Dann fahren wir im TucTuc zu der Kochschule per se. Ländlich gelegen, mit offenen Unterständen, paradiesisch. Meine Begleiter: vier pensionierte Amerikaner und sechs Jugendliche (meist aus Australien), die hier auf Freiwilligen-Basis Englisch unterrichten, eine davon ist allerdings Deutsche. Wir lernen die Zubereitung von vier Gerichten. Die Vielfalt an der heimischen Kräuter und Kochutensilien treibt mich zur Verzweiflung. Wie soll ich das nur in München nachmachen? Ich kann nur hoffen, dass die Winters nicht gewinnen, und ich ein Pokerface bei der Erklärung behalte. Dann merkt’s keiner, dass ich kein Wasserbüffelfleisch beim Edeka bekommen habe. Oder ich muss hunderte Euro Übergepäck zahlen. Das fängt bei dem eimergroßen Mörser mit oberarmgroßen Stößel an, und natürlich braucht’s auch noch das gebrannte Stöfchen um die Wärme herzubekommen (spießen Sie Zwiebeln, Chilies und Auberginen auf, und legen Sie sie direkt auf die glühenden Kohlen – ja klar, ich zünd‘ einfach mein Parkett an), um über die Bananenblätter und -blüten gar nicht erst zu reden. Und dann noch der besondere Lao Sticky Rice…. Vier Gerichte habe ich erlernt, zwei davon würde ich evtl. annähernd wieder hinbekommen, halt mit Pokerface, dass das genau so gehört.

 

Positiver Nebeneffekt: ich stelle den Australiern meine Planvariante vor und werde vollumfänglich bestätigt: Also im Februar nach Australien, von Süd nach Nord, und erst danach Indonesien und Malaysia. So fügt es sich langsam. Nebenbei ein Date mit Beth und zwei unbekannten Freunden von ihr – die ca. 50-jährige Biofarmerin aus Ost-Oregon brauchte einen vierten Teilnehmer für’s Lao BBQ im Tamarind am Montag. Bin ich da noch da? Jetzt ja.

 

Fast beiläufig erfahre ich von den Festivitäten zum Hmong-Neujahrsfest, welches gerade in LP stattfindet: Glückspiel und bunte Kostüme. Klar lasse ich mich schnell mit einem TucTuc hinfahren. Zwar etwas spät, aber dennoch ein paar geglückte Aufnahmen echter Hmong-Kostüme (so wie echte Bayern ganzjährig nur in Lederhosen rumrennen). Mit ein paar der jüngeren Teilnehmern des Kochkurses wünschen wir „Happy New Year“. Das schaffe ich diesen Winter also dreimal, Neujahr zu feiern. Auch was Neues.

 

Danach ein weiteres kulturelles Highlight: Das Luang Prabang Filmfestival. Das Filmfest zeigt Filme aus allen Asean-Ländern, mit Untertiteln. Na toll, denke ich mir, indonesischer O-ton mit laotischen Untertiteln, aber nein – die Untertitel sind auf Englisch. Oder zumindest in der Sprache, die ein Nicht-Native-Speaker für Englisch hielt. Sehr drollig. Um 19:00 läuft der erste Film, laut Programm eine laotische Produktion über vier Teenager in den Irrungen und Wirrungen der Liebe. Zehn Minuten zuvor darauf aufmerksam geworden, haste ich durch den vielgelobten aber leider engen Nachtmarkt, komme kaum zu spät zur kostenlosen Vorführung. Ich erkenne im Film aber nur einen geirrten und gewirrten. Man hat wohl kurzfristig einen anderen Film für die Eröffnung auserkoren. Die Handlung ist innovativ und komplex: „Boy meets girl, they fall in love, complications, reunification, happy end with marriage“. Genauer? Ein japanischer Anfang-zwanziger fährt für seine Textilhandelsfirma auf Dienstreise zum Produzenten in Laos. Dort kommt er der laotische Kultur und der jungen, adretten, laotischen Designerin näher. Das einfache Leben in Laos wird von mehreren Seiten gepriesen. Überraschenderweise verlieben sich Yuki (Anfangs in Untertiteln Youki) und Phim (bzw. Pim im späteren Teil des Films). Plötzlich merkt Yuki, dass sein Visum abgelaufen ist (meins gilt noch bis 3.1., weist mich darauf hin, wenn ich bis dahin immer noch von hier schreibe), und verschwindet sofort. Phim stirbt fast vor Herzschmerz, aber Yuki kehrt nach abwechselnden Tränenszenen und Rückblenden zurück, mit Familie im Schlepptau, damit seine Eltern Phims Eltern um die Hand ihrer Tochter für ihren Sohn bitten können. Phim lehnt entrüstet ab. Ach nee, doch nicht, also Happy End wie zu erwarten. Der Film wäre in D ein absoluter Blockbuster. Besonders die Szene, wo Yuki vorschlägt, den Baumwollanbau mit Chemikalien gegen Insekten vorhersehbarer zu machen, und von Phim sanft auf das Miteinander von laotischen Bauern und der Natur hingewiesen wird, ist vor Propaganda zum Brüllen. Aber irgendwie berührt mich der Film dennoch. Yukis Kulturschock in Anbetracht der laotischen Kultur wird gezeigt („Was ist das für ein Fleisch?“  „Domestic deer.“ Die Kamera schwenkt auf ein etwa hundgroßes Tier auf dem Grill {habe ich gestern auf dem Markt auch gesehen, evtl. Opossum?}, dann auf einen Hund, Yuki hebt’s fast, die Laoten im Publikum brüllen vor Lachen), einige Stimmungsaufnahmen von Wasserbüffeln, immer lächelnde Laoten (welches ich bestätigen kann) und so. Kann ich gerade ganz gut nachvollziehen, das Land zieht einen in seinen Bann. Noch fehlt mir die laotische Designerin, aber ich bin ja noch ein paar Tage da. Der Film heißt übrigens „I Love Savanh“, falls er Euch im Cinemaxx unterkommt.

 

Nach dem Film ist es zu spät zum Essen; das selbstgekochte um 14:00 war aber auch reichlich, so reichen mir ein Nutella-Crepe (keine echte Nutella, aber so angepriesen), und danach ein Besuch im Icon Klub (Cocktails und Wein). Dort sammle ich wertvolle Informationen zu Angkor Wat, die mir in den nächsten Tagen per e-mail zukommen sollen. Auf dem späten Heimweg noch ein Schreck: meine Visa-Karte geht nicht, ich habe nur noch 70.000 Kip. Am nächsten Tag erfahre ich, dass man am Automaten nicht auf einmal zweifacher Millionär werden kann, sondern sich auf einfach beschränken muss.

 

Neben dieser Erkenntnis ist der nächste Tag etwas reizarm, und das passt mir gut. Ich schlafe aus, gehe in einem französischen Café gemütlich frühstücken, plane meine weitere Reise, und lese den in meinem Hotelzimmer liegenden Krimi „Todeshauch“ von Arnaldur Indridason. Endlich ein Island-Krimi; von den mordlustigen skandinavischen Länder fehlt mir jetzt nur noch der Finnland und der Faöerinsel-Krimi. Der Montag wird wieder touristisch genug.

 

Ich habe die Elefanten-Quäl-Tour gebucht. Natürlich nicht so betitelt, es gibt Eco-Trek-Labels, alles nur zu unser aller Besten, mit glücklichen freilaufenden Elefanten. Dennoch finde ich solche Veranstaltungen immer etwas traurig. Wurde mir aber empfohlen, also – here goes. Das Elefant-Village, ca. 30 Minuten außerhalb Luang Prabang, ist ein luxuriöses Gelände, auf dem ein noch luxuriöseres Hotel untergebracht ist. Das überall sichtbare Mission-Statement verkündet den Wunsch, Elefanten zu retten. Also mal sehen. Es gibt drei Tourismus-Einheiten mit den Elefanten:

 

a) Einweisung. Wir bekommen eine Schnelleinweisung in Elefanten und in der Kunst des Mahout sein. Ich orientiere mich – Bremse, Gas, Lenkung. Meiner ist ein bewährtes Modell, schon 40 Jahre alt, aber hat einige durchaus moderne Features: Automatik-Getriebe (deshalb kein Kupplungspedal), serienmäßiger Schnorchel für Tiefwasser-Passagen, eine rudimentäre Sprachsteuerung und die Easy-Entry-Option. Man geht auf den Elefanten zu, sagt „Seung“, der Elefant hebt das rechte Vorderbein. Rechte Hand an rechtes Ohr, rechter Fuß auf das erhobene Bein, das linke lässig über den Elefanten schwingen, und fertig. Das links lässig drüber klappt nicht ganz, ich liege bäuchlings über dem Elefantenhals, und der Mahout zerrt mein fehlendes linkes Bein auf die richtige Seite. Sehr elegant, Garfield. Aber immerhin sitze ich. Nun zur Lenkung. Nach rechts: Fuß an linke Elefantenschulter tippen, Körper nach rechts orientieren. Verstanden. So geschult, werde ich dem Elefanten meinen Willen aufzwängen. Ich werde gegen den Uhrzeigersinn um das Gebäude reiten, wo alle bislang IM Uhrzeigersinn ritten. Obwohl – mit dem Uhrzeigersinn ist auch ganz schön, das meint jedenfalls mein Elefant. Um dem Tier nicht noch mehr seelische Gewalt anzutun, lasse ich ihn gewähren.

 

b) Nutzung. Geboten wird ein einstündiger Ausritt. Dazu wird dem Elefanten eine Parkbank aufgeschnallt, er läuft zum Aufstiegsgebäude, der Tourist steigt auf die Parkbank, und los geht’s. Bis zum Fluß hinunter und hindurch steuert der Mahout. Danach überlässt er mir das Biest. Er holt sich meine Kamera und fotografiert fröhlich drauflos, während ich peinlichst genau darauf achte, dass der Elefant nicht von dem Weg abkommt, den er im letzten Jahr wahrscheinlich tausend Mal gelaufen ist – aber man sollte sich nicht auf das Gedächtnis von Elefanten verlassen, oder? Die richtige Sitzhaltung ist auf dem Hals, die Knie hinter den Ohren eingeklemmt, die Füße nach hinten an die Elefantenschultern gestützt. Geht so. Prekär wird’s, wenn der Elefant die Ohren nach vorne wedelt, denn plötzlich haben die Knie keinen richtigen Halt mehr. Aber ich meistere auch das. Auf dem restlichen Rückweg führe ich den Dickhäuter so schneidig, dass sich der Mahout ständig an meinen Schulter festhalten muss, dass ich ..äh.. er nicht runterfällt. Nach der Rückkehr dürfen wir (preiswert) Bananen kaufen, um uns bei den Elefanten zu bedanken. Obschon die Tiere recht geschickt sind, schälen sie die Bananen vor dem Verzehr nicht.

 

c) Wartung und Pflege. Der Elefant ist grau, deshalb wahrscheinlich schmutzig, und da ich deutscher Staatsbürger bin, erfordert das… ein Wäsche. Ohne Parkbank besteige ich den Elefanten wieder über’s rechte Bein, und er läuft im Autopilot-Modus zum Fluss hinab. Um den Tier Selbstvertrauen zu geben, greife ich nur minimal ein. So baut man das notwendige Chris-Tier-Vertrauen auf. Mit mir reiten übrigens Renata und Axel aus Mexiko. Als die Tiere im Fluss stehen, werden uns grobe Bürsten gereicht, damit wir den Elefant auch schön schrubben können. Renatas Elefant freut sich und prustet mit dem Rüssel ordentliche Ladungen Wasser nach hinten. Renata wird sauberer als der Elefant. Meiner hingegen taucht gerne, und so werde ich auch pitschnass. Axel ist derweil mehrfach in den Fluss gefallen, aber ich bin mir nicht sicher warum. Insgesamt eine Riesengaudi.

 

Außerdem bei der Tour noch dabei: ein Besuch bei Maxi, dem 8 Monate alte Elefantenbaby, ein Mittagessen und eine kurze Flussfahrt zu einem Wasserfall zum Baden. Um den Titel Elefantenquälerei zu relativieren: Offensichtlich haben die meisten Elefanten hier eine Art Gnadenbrot nach langen Jahren anstrengender Forstarbeit; einige tragen auch Narben von Landminen-Verletzungen. Und obwohl es sicherlich eine Zumutung ist, jemanden wie mich rumzutragen, glaube ich, dass es für die Elefanten recht leichte Arbeit ist. Und mir, mir hat’s wirklich Spaß gemacht, die Tiere sind nicht nur von den Ausmaßen gigantisch, sondern faszinierend sanftmütig, mit ihren paar borstigen Haaren auf dem Kopf, der wirklich dicken Haut, den Riesenaugen, und der ganzen Futteraufnahme (Mir wurde gedeutet, dem Elefanten die Banane nicht nur zum Rüssel zu geben, sondern gleich in den Mund zu stecken, und da hätte auch mein ganzer Arm reingepasst -was wenn der zugebissen hätte?). Fazit: Lohnt sich, auch wenn’s kitschig touristisch klingt.

 

4 Gedanken zu „Von gebratenen Büffeln, verliebten Japaner und gequälten Elefanten

  1. Oh mei, das Bild im Kopf ist ja noch schlimmer als bei der Lektüre der Zugfahrtschilderung. Mei, was bin ich auf die Fotos gespannt. Ich komme mit Schlafsack zur mehrtägigen Diashow, versprochen!

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