Doro – oder: „wie ich (sie) lernte, Wellen zu lieben“

Ich laufe eine halbe Stunde zum Mietwagenbüro, bekomme einen Upgrade auf den gebuchten Fiat Panda: Einen Smart ForFour. Echt, das ist ein Upgrade? Ich sammle Frank ein, und wir fahren zum Flughafen Faro. Eine ökonomische Analyse hat Vorteile des Mietwagens gegenüber mehreren Taxifahrten ergeben. Durch eine perfekte WhatsApp-Abstimmung finden wir Doro sofort in der Abholzone. Interessant: Es müsste eigentlich einen Euro kosten, in die Abholzone zu fahren. Bei der Einfahrt hat mir das Gerät kein Ticket gegeben, sondern nur einen Hinweis ausgespuckt, den ich als „Nummernschild registriert“ interpretiert hätte. Bei der Ausfahrt ist einfach nur die Schranke aufgegangen. Vielleicht hat da ein vorheriger Mieter eine Registrierung gemacht, wie wir in Sevilla? Blöd, blöd, blöd.

Wir fahren nach Faro, finden einen Parkplatz am Hafen (Fischer- und Motorboote, nix mit Tiefgang) und beginnen Doros Urlaub mit einem Bier und einem Mittagessen. Kultur in Faro ist angesagt. Doro hat einen echten Reiseführer, also besuchen wir die Kathedrale in der Altstadt, gucken Störche an, und suchen die Kirche mit der ‚Knochen-Kapelle‘. Mit einigen Stopps an Orten, wo es Getränke gibt. Eine Nachbarin fragt, wie wir Faro fanden: es war ausgeschildert, antworte ich. Am Hafen versucht uns eine junge Dame für einen Ausflug zu begeistern, einen „small boat trip“. Um das Gespräch kurz zu halten antworte ich „no, sorry, we have a large boat“. Doro und Frank brechen fast ab, schimpfen mich ob meiner Frechheit.

Tatsächlich ist Faro selber jetzt keine Schönheit. Die Störche sind häufig vertreten. Ob die Stadt wohl kinderreich ist? Als wir später am Nachmittag in El Castelo mit Blick auf’s Wasser ein Bier genießen, verstehe ich, warum es so viel dieser Vögel hier gibt. Es ist Ebbe, und das Sumpf-/Wattgebiet liegt in der Form von schlammigen Sandbänken frei. Da staksen die Störche und jagen Salzwasserfrösche, oder was auch immer da essbares wohnt. Die Kathedrale bietet vom Turm aus einen netten Rundumblick über Stadt und Sumpf, ansonsten sieht sie ähnlich aus wie alle portugiesischen Kathedralen. Doro war schon öfters in Portugal. Ich vermute einen Grund: Portugal wurde am 1. November 1755 von einem starken Erdbeben heimgesucht, welches isb. Lissabon zerstörte, aber auch andere Städte. Scheinbar hat es auch in Faro gewütet, und sicher auch in anderen Städten – wahrscheinlich wurden danach die Kirchen nach damaligem Architekturgeschmack wieder aufgebaut, und sehen deshalb nun alle ähnlich aus. Als letzter offizieller Kulturpunkt ist die Capela dos Ossos (Knochenkapelle) in der Barockkarmeliterkirche Nossa Senhora do Carmo angesagt. Scheinbar wurden da die Gebeine von mehr als 1000 Mönchen ‚verbaut‘. Da sich die Kirche ein wenig versteckt, sehen wir auf dem Weg noch genügend andere Kirchen und Störche. Nach dem Abendessen fahren wir zurück nach Vilamoura und trinken noch ein Glas Wein an Bord.

Ende Mai kommt noch eine Freundin von Doro nach Lagos, und die beiden haben dann ein Hotel. Wir haben also sowohl einen Zeitrahmen und eine Strecke als Planungsparametern, und beides zusammen ist jetzt nicht seglerisch anspruchsvoll – auf dem Landweg sind es ca. 50km. Viel Wind ist auch nicht angesagt. Also gemütlich aufstehen, frühstücken gehen, und dann mal Raustuckern. Wir bringen Doro das Boot näher; stellen sie dazu ans Steuer. Ich bin an dem Tag total wankelmütig unterwegs. Erst schlage ich vor, dass wir nach links einen Bogen fahren, dann nach rechts, dann auf das Hochhaus zu, dann mit Kurs 180°, dann aufstoppen (anhalten), dann eine Acht. Am Ende ist Doro schwindelig, sie kaut Ingwer und nimmt Drogen, bis wir im Hafen von Albufeira sind, nur ein paar Meilen weiter. Der Hafen ist OK, pragmatisch und sicher, aber keine Schönheit. An einem der Hafenrestaurants essen wir abends Sushi. Am nächsten Tag geht’s weiter nach Portimao, mit einer sail-by Besichtigung der Höhle von Benagil.

Frank und ich waren im Frühjahr 2018 mal in der Ecke, um die Pennypincher zu besichtigen (Europareisen) . Damals hatten wir auch ein paar Tage totzuschlagen, und haben Benagil und Portimao von der Landseite gesehen. Ein Restaurant am Strand von Portimao ist uns dabei in Erinnerung geblieben, anhand eines alten Handy-Fotos identifizieren wir es genauer. So gesehen, ist dieser Teil der Reise auch eine Art ‚walk down memory lane‘, und auch wenn es bei längerem Nachdenken Quatsch ist – irgendwie schließt sich damit für mich ein Kreis (Jaja, ein echter Kreis wäre es, wenn wir die Pennypincher tatsächlich gekauft hätten, dann drei Jahre im Mittelmeer rumgefahren gewesen wären und nun wieder hier, und das trifft ja nicht zu). Aber auch als wir später in der selben Marina de Lagos mit unserer HR 42E liegen, als wir in der Altstadt von Lagos Restaurants wiederfinden, die damals gut waren; irgendwie wirkt es vertraut.

Nach Portimao wäre der nächste Hafen an der Küste Lagos, aber das ist uns noch ein Tag zu früh. Endlich spielt auch der Wind ein wenig mit – Wir kommen tatsächlich mal dazu, Doro zu beweisen, dass wir ein SEGELschiff haben. Wir segeln an Lagos vorbei, um in einer Bucht unter dem Cabo de Sagres zu ankern. Die Südwestspitze Portugals, direkt neben Cabo de Sao Vicente. Es bläst ordentlich in der Nacht, aber unser Anker hält einwandfrei. Beim Segeln hat Doro keine weiteren Probleme mit Übelkeit; sie verkündet stolz, dass sie viel lieber segelt als unter Motor zu fahren, und ich habe das Gefühl, dass da evtl. ein neuer Segelfan geprägt wurde. Der Eindruck soll sich in den nächsten Tagen noch verstärken. Am 29. segeln wir zurück nach Lagos, am 30. kommt Andrea. Entspannende Tage, wir können noch ein wenig am Schiff basteln.

Andrea hätte auch Mitsegeln dürfen, aber es wirkt so, als steht sie dem Geschaukel und der eher kompakten Größe unserer Dreizimmerwohnung mit Masten noch skeptischer gegenüber als Doro. So haben die beiden sich in einem mondänen Beach and Spa Resort eingemietet, und besuchen nur noch ab und zu die armen Freunde auf dem alten Boot. Immerhin – Abends machen wir Lagos unsicher, gehen portugiesisch spät zum Essen, aber leider müssen die Restaurants hier auch relativ früh zumachen. Hier scheint der magische Zeitpunkt 22:00 oder 22:30 zu sein. Danach gibt es aber auch immer noch etwas Wein und Snacks auf dem Schiff. Am Dienstag aber dann doch ein gemeinsamer Bootsausflug zu viert. Wir haben die Marina schon bezahlt (für eine Woche, war günstiger als die geplanten fünf Nächte) damit die nicht schockiert sind, wenn wir plötzlich auslaufen, und es hat auch etwas Wind. Doro erwägt mittlerweile, einen Segelschein zu machen, und Andrea stellen wir ans Steuer, dass ihr nicht schlecht wird. Ich bringe Doro zwischenzeitlich die acht Knoten für die Prüfung bei, und das wichtige Belegen einer Klampe (was im Segelschein nicht prüfungsrelevant war). Auch das wieder ein schöner Tag auf dem Wasser. Am Mittwoch kommen unsere beiden nächsten Gäste, aber erst abends – so probiere ich den Strand in der Nähe des Hotels der beiden aus, und am Abend gab es wieder eine leckere Mahlzeit mit Wein danach an Bord. Danke für die schönen Tage, Mädels, ich bin sicher wir sehen uns wieder (Doro – so könnt ich mir vorstellen – auf dem Boot).

Ein Gedanke zu „Doro – oder: „wie ich (sie) lernte, Wellen zu lieben“

  1. Ihr Lieben,
    Danke für die schöne und entspannte Zeit! Und ja, es gibt einen neuen Segelfan und ja, wir sehen uns definitiv auf dem Boot wieder ?.
    Grüße aus dem mittlerweile auch sommerlichen München
    Doro

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