Brügge sehen und st…ravanzen

„It’s Tuesday, this must be Belgium“ – mit zwei Filmtiteln geht dieser Beitrag los. Wir machen eine Spontantour durch Belgien. Unser Schiff haben wir in Oostende geparkt. Der Merkatorhafen dort liegt mitten in der Stadt und ungefähr 200m vom Bahnhof entfernt. Theoretisch ist auch Brügge über Flüsse und Kanäle angebunden, aber wir haben uns informiert: mit Mast geht es dorthin nicht. Also haben wir den nahegelegenen Bahnhof genutzt, und sind 13 Minuten nach Brügge gefahren. Dort treffen wir Saskia und Ihren Sohn Niki, meine Nachbarn aus der Kiesmüllerstraße. Die machen ein paar tage Urlaub in Belgien und den Niederlanden, und wir haben das Treffen so abgestimmt. Wir treffen uns um halb elf auf dem Marktplatz, trinken erst einmal einen Kaffee, und ich werde über die neuesten Geschichten von daheim aufs laufende gebracht. Die sollen jetzt aber nicht der Inhalt werden. Auf dem Weg hat Frank die These formuliert, wie man als Stadt zur Touristenattraktion wird: Zwei Jahrhunderte ökonomisch uninteressant zu sein. Dann lohnt es sich nicht, die historischen Bauten mit modernen zu ersetzen, als man deren Charme noch nicht verkaufen konnte, und auch im Krieg lohnt sich die Munition nicht. Ähnliches ist mir auf meiner langen Reise durch Asien auch schon passiert – Hoi An war auch eine blühende Hafenstadt, bis der Fluss versandete. Brügge kennt das. Wir besuchen die Liebfrauenkirche, und wandern etwas ziellos durch Brügge. Am Ende machen wir die faule Tour. Eine halbe Stunde in einem Touristenboot durch die Kanäle von Brügge (schon wieder ein Venedig des Nordens), und dann noch ein paar Spezialitäten (immer mit Fritten, dafür sind die Belgier berühmt) gefuttert. Dann machen wir uns auf den Weg zurück nach Oostende mit dem Zug, Saskia und Niki fahren in ihrem Mazda Cabrio. So ganz richtig ist das Wetter nicht dafür, im Hafen regnet es, und unsere Besucher können sich so von dem Komfort unseres Salons überzeugen. Etwas Kaffee für die Autofahrer (ach ne, Niki hat ja noch keinen Führerschein), Bier für Frank und mich. Als sich die beiden zurück auf den Weg nach Brüssel machen (dort haben sie ihre Unterkunft) machen wir ein Nickerchen – schließlich sind wir im Urlaub. Für den nächsten Tag wollen wir alle vier Antwerpen besuchen.

Nachdem erhebliche Nebenwirkungen von der Impfung ausblieben (müde sind wir immer), sind wir weiter nach Dünkirchen gefahren. Den großen Fährhafen von Calais lassen wir dabei aus, aber auch Dunquerque ist eine echte Hafenstadt. Die Marina liegt im ersten großen Becken links, direkt neben dem Museum über „Dunkirk 1940“. Über diverse Apps haben wir mittlerweile mitbekommen: Teile von Frankreich sind für die Belgier ein Risikogebiet, wären wir dort gewesen, hätten wir einen Covid-Test gebraucht. Auf alle Fälle müssen wir in einem Personal Locator Form (PLF) angeben, wo wir die letzten zwei Wochen waren. Wir beschließen, die Normandie zu verheimlichen (Risiko!), aber geben an, in Paris gewesen zu sein. Nach einiger Zeit bekommen wir eine SMS – wir müssen in Belgien sofort einen Test machen, und in Quarantäne gehen bis wir ein negatives Resultat haben. Unser Verhängnis: die Île de France ist ein Risikogebiet, und darin liegt Paris – hab ich übersehen. Wir disponieren um. Wir bleiben einen Tag länger in Dünkirchen, und lassen uns dort testen. Am nächsten Mittag bekommen wir das Ergebnis, und dürfen damit auch wieder in ein Restaurant (der vorherige Pass Sanitaire war am frühen Abend des Vortags abgelaufen). Im Restaurant ruft uns die belgische Gesundheitsbehörde an, wollen wissen, dass wir uns auch brav haben testen lassen, und bis dahin niemanden sehen. Den PLF kann man leider nicht zurückziehen oder ändern. Also erklären wir den Sachverhalt, alles kein Problem. Nieuwpoort ist nicht weit entfernt, es reicht, dass wir um 14:00 losfahren.

Nieuwpoort ist der Heimathafen von der Zara von Louise und Patrick, mit denen wir weiterhin per Whatsapp in Kontakt sind – klar, dass wir da mal vorbeischauen. Kurz vor dem Hafen bekommen wir einen kleinen Schreck: wir werden angefunkt, obwohl wir nichts falsch machen. Die Zara macht auch gerade einen Ausflug, Patrick hat uns erkannt. Wir reservieren einen Platz in deren Marina, bekommen einen Platz drei Boote weiter. Kurzes gemeinsames Einkaufen (die beiden haben ja ein Auto vor Ort), und dann kochen und trinken und ratschen wir auf deren Boot bis ein Uhr morgens. Sie haben uns auch empfohlen, in Oostende zu bleiben, besser als Zeebrügge. Und so sagen wir am nächsten Tag Adieu (nächstes Treffen in München), und fahren zwei Stunden die Küste weiter. Der Plan hier: Belgien per Zug, danach weiter in die Niederlande.

Der Zug nach Antwerpen braucht zwar 1:40, aber wir konnten es mit ein paar Sachen geschickt kombinieren. So sehen auch die Niederländer ihren südlichen Nachbarn seit sechs Tagen als Risiko, wir brauchen wieder einen PCR Test, nochmal 50€. Was bin ich froh, wenn ich meine 14 Tage Wartezeit nach der Impfung durch hab. Anyway, in Antwerpen am Hauptbahnhof gibt es ein Testzentrum, und das besuchen wir nach der Ankunft. Wieder treffen wir Saskia und Niki, wieder gibt’s erst einmal ein Kaffeetscherl. Antwerpen ist total verregnet, so einigen wir uns auf zwei Museen, und machen uns auf die Socken. Das P.P.Rubens Museum hat erst in ein paar Stunden einen Besuchs-slot für uns, deshalb kommt als erstes das Druckerei-Museum „Plantin-Moretus-Museum“ – auch Weltkulturerbe. Über sieben Generationen hat die Familie am Vrijdagmarkt ab 1555 eine Druckerei betrieben, und damit ordentlich Geld verdient, das Museum ist Wohnhaus einer wohlhabenden Patrizierfamilie und Industriebetrieb gewesen, und bietet somit Einblick in die feine Gesellschaft und frühe Technik. Insgesamt ist das Museum gut gemacht – jeder bekommt ein geliehenes Büchlein, in dem jeder Raum und seine Exponate anschaulich erklärt sind. Dann noch ein paar Multimedia Bildschirme, und einige ‚hands-on‘ Exponate die ohne Corona wahrscheinlich auch zu bedienen wären. Danach eilen wir durch den unveränderten Nieselregen zu einem Restaurant um die Ecke vom Rubens-Museum, und wieder ein paar Spezialitäten (nein, keine Moules frites – an denen haben wir uns in Frankreich wohl für einige Zeit satt gegessen). Dann, pünktlich um 15:30 treten wir unsere Tour des nächsten Museums an. Rubens war nicht nur Maler, sondern auch Sammler, und der hat halt nicht sein eigenes Zeug gesammelt (tatsächlich waren die meisten der frühen Portraits im Plantin-Moretus-Museum von Rubens). Auch dieses Museum recht gut gemacht, und ein paar Neuigkeiten habe ich auch gelernt: Bei manchen Gemälden kooperierten zwei Maler (Bauern auf dem Weg zum Markt); der eine malte besser Menschen, der andere Gemüse. Auch neu war mir, dass Rubens diverse Schüler hatte, die Bilder für ihn vorgemalt haben. Rubens vollendete sie dann – ‚das besondere Funkeln in ihren Augen‘, und danach war es ein echter Rubens, und wurde auch so abgerechnet.

Nach dem Museum verabschieden wir uns, und wir machen uns auf den Weg nach Oostende zurück. Vom Preis-Leistungsverhältnis der belgischen Küche sind wir bislang nicht so überzeugt, heute wird’s indisches Take-away.

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