Viva Málaga!

Nicht nur ich kenne Leute an der Costa del Sol. Eine ehemalige Arbeitskollegin (Diana) von Frank wohnt mittlerweile in Málaga (der Stadt), und eine andere ehemalige Arbeitskollegin (Christina) von ihm besucht Diana in dieser Woche. So vereinbart er einen Besuch. Am Freitagnachmittag fahren wir nach Málaga. Wir wundern uns, dass Google-Maps uns keine Route zu der Adresse ausspuckt. Ein Teil klappt, aber am Ende gibt es einen durch eine gepunktete Linie bezeichneten Sprung. Es stellt sich heraus, dass Diana und Adriana direkt in der Altstadt von Málaga wohnen, in einer Fußgängerzone. Die Beschilderung ist etwas verwirrend, aber wir finden einen Treffpunkt am Rande der Altstadt, wo wir unser Gepäck ausladen, und ich finde danach ein Parkhaus wo wir den Mietwagen stehen lassen können. Die Wohnung ist genial – nicht unbedingt groß, aber im obersten Stockwerk mit einer kleinen Dachterrasse, und wenn man aus der Haustür kommt, findet man in jede Richtung auf den ersten hundert Metern mehrere Kneipen. So würde ich auch gerne einmal (vielleicht für ein Jahr) wohnen. Wir werden bei Diana übernachten, und haben etwas Wein mitgebracht, für wenn die Kneipen zumachen.

Nach der gastronomielosen Tristesse von Deutschland in Corona-Zeiten ist Málaga ein Kulturschock. Diana hat in der Bodega Bar el Pimpi einen Tisch reserviert, wir schlendern in einer belebten Fußgängerzone dorthin. Zwar müssen die Kneipen hier (nach spanischen Verhältnissen) am Nachmittag schließen – also um 23:00, aber bis dahin ist Betrieb. Es herrscht strenge Maskenpflicht im öffentlichen Raum, also auch in der Fußgängerzone, aber an allen Tischen im Außenbereich und im Innenbereich darf man die Maske abnehmen, allerdings nur zum Essen und Trinken. Da aber immer sofort ein Schälchen mit Oliven auf dem Tisch steht, ist man theoretisch immer beim Essen. Es mag auch sein, dass die Tische etwas ausgedünnt sind, aber nach einem Jahr Einschränkungen kommt es einem vor wie das pralle Leben. „El Pimpi“ ist eine sehr knuffige Kneipe, als wir dort fertig sind wandern wir weiter bis zur Bar „Las Merchanas“. Wir laufen kurz nach zehn dort ein, und haben noch Zeit für eine zügige Flasche Rotwein. Las Merchanas hat als Thema die ‚Semana Santa‘, die heilige Karwoche, die in Andalusien berühmt ist. https://de.wikipedia.org/wiki/Semana_Santa Dann laufen in sogenannten ‚Pasos‘ Prozessionen von Menschen in Kapuzen mit Altären und Abbildungen von Stationen des Kreuzweges durch die Straßen, begleitet von traurigen Märschen, die nun in der Bar gespielt werden. An Wänden und Decken hängen diverse Bilder und Paraphernalien zum Thema. Vor der Bar mit dem aufgeklebten Schild „Distanzzone“ machen wir Gruppenselfies; wir feiern. Als wir kurz vor elf zu Dianas Wohnung flüchten, sieht man immer mehr Leute, die es mit Abstand und Maske noch weniger Ernst nehmen als wir: Viva Málaga. Natürlich kann man trefflich darüber diskutieren, ob das in der Pandemie wirklich schlau ist, aber – es fühlt sich halt doch einfach mal wieder nach Leben an. Was bin ich froh, dass wir endlich wieder unterwegs sind.

Zurück bei in der Wohnung treffen wir auch Adriana, Dianas Partnerin. Frank und ich haben etwas Wein eingekauft, ein paar Flaschen zum Trinken, ein paar als Mitbringsel. Bis vier Uhr morgens sitzen wir abwechselnd im Wohnzimmer und auf der Dachterrasse und trinken viel zu viel. Es ist eine bunt gemischte Gruppe, entsprechend wild die Themenwahl. Diana kommt aus Estland, hat lange in München gearbeitet, und arbeitet nun freiberuflich aus Málaga. Adriana kommt aus Kuba, und ist Architektin an der Küste. Christina wohnt aktuell in Zürich, hat mit Frank bei der gleichen Firma gearbeitet, und kennt ihn auch noch aus der Firmen-Segelgruppe. Sprachwahl: meist Englisch oder Deutsch, aber auch ab und zu Spanisch und ein paar Trinksprüche auf Russisch. Der Samstagmorgen beginnt entsprechend verhalten.

Wir schlafen bis Mittags, und machen dann eine kleine Stadtbesichtigung: erstmal ein Kaffee, Mineralwasser und ein Croissants in einer Bar, und dann erklimmen wir einen kleinen Berg, an dessen Gipfel der Parador de Gibralfaro steht (Luxushotel nach 160 Höhenmetern). Dort genießen wir sowohl den Ausblick als auch ein Cola (nach Bier ist noch niemandem). Rückweg dann an der neu aufgewerteten Hafenpromenade. Gegen vier packen wir unsere Sachen, und machen uns zu fünft auf den Weg nach Marbella; am Sonntag ist ein Ausflug auf dem Boot geplant. Wir finden in Marbella zwar eine tolle Tapasbar, aber trotzdem fließt weniger Wein als am Vorabend.

Sonntag schaffen wir es immerhin um kurz nach 10 gefrühstückt aus dem Hafen. Es ist zwar kein Wind angesagt, aber etwas mit Motor auf dem Wasser, und vielleicht mal sinnlos die Segel rausholen. Wir sind überrascht. Es hat zwar anfangs nicht mehr als acht Knoten Wind, aber da das Meer noch spiegelglatt ist, bewegt sich die Seestern trotzdem. Dazu Sonnenschein – gute Laune pur. Nach dem Anlegebier bringe ich die Mädels zurück nach Málaga, und fahre dann etwas chaotisch durch die Städte meiner Kindheit.

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