Der Eintritt zu Saadis Mausoleum beträgt 150.000 Rial, wie die meisten Sehenswürdigkeiten in Shiraz. Das sind nur drei Euro, an sich nicht tragisch, aber irgendwie ärgert es mich. Es gibt einen Garten, wie er hier um jedes Monument steht, dann ein hohes Gebäude, dem Vierzig-Säulen-Palast in Isfahan nachempfunden, mit dem Sarg drinnen (ein großer Marmorblock jedenfalls, da könnte alles mögliche drunter sein). Persische Schrift schmückt die Wände, und Mehdies erzählt etwas über das Leben des großen persischen Poeten. Was genau, weiß ich nicht mehr, und so überragend ist das Mausoleum auch nicht. Ich bin irgendwie angegrantelt, und rechne im Kopf nach, ob ich noch genügend Rial habe. Basierend auf meinem Ausgabeverhalten der letzten Tage dachte ich die letzten zwei Tage mit dreißig umgetauschten Euros gut auszukommen, aber irgendwie läppert es sich. Zehn Sehenswürdigkeiten, und das Geld ist weg, und ich musste ja auch noch das Mittagessen für die Fremdenführerin und den Fahrer zahlen, und die haben sich ganz selbstverständlich die guten Kebabs gegönnt; es zahlt ja alles dieser seltsame Typ aus Deutschland. Mehdies nervt mich mit ihrer leicht gewöhnungsbedürftigen Interpretation der englischen Sprache gerade, und ich erkenne, dass man es mir wohl nicht mehr wirklich recht machen kann. Also schauen wir noch das Quran-Tor an, und dann lass ich mich ins Hotel fahren. In 35 Stunden startet mein Heimflug, und es wird auch langsam Zeit.
Die letzten beiden Tagen waren etwas nervig, aber vielleicht bin ich auch einfach nicht mehr geduldig genug. Mein offizielles Programm sieht für Montag die Fahrt nach, die Besichtigung von, und die Übernachtung in Pasargard vor, Unesco Weltkulturerbe. Einer Empfehlung von Omids Vater folgend möchte ich zwischen Yazd und Pasargard noch Taft, Abu Kuh# und Abaneh angucken, die würden auf dem Weg liegen, so habe ich mich gestern dazu entschlossen, gute fünfzig Euro für ein Privatauto hinzublättern, statt geschätzter drei Euro für einen Bus. Den Deal mit dem Auto habe ich mit Reza ausgemacht, er nimmt auch Euro, und holt mich morgens um sieben ab. Um sieben ist er zwar da, aber hat noch andere Kunden gefunden, er vertröstet mich auf einen anderen Fahrer, der bestimmt gleich da ist. Also sitze ich eine halbe Stunde in der Hotellobby rum, wer mich und mein Unwillen zu frühem Aufstehen kennt, kann sich meine Begeisterung vorstellen. Ali der Fahrer ist an sich nett, ihm wurde aber nur die Fahrt nach Pasargard angeschafft, nicht aber der kleine Umweg nach Abaneh – der würde extra kosten. Sein Englisch reicht im Gegensatz zu Rezas nicht für Verhandlungen aus, und so vertagen wir das Thema. Per Telefon nehme ich mit Mehdies Kontakt auf, damit das Treffen in Pasargard reibungslos klappt. Auch sie findet die Idee mit Abaneh bescheuert, und da mir nur empfohlen wurde dorthin zu fahren, aber nicht warum, beerdige ich die Idee. Nebenbei, so denke ich mir, entfällt so eine Nachverhandlung des Preises. Während wir an der Abzweigung nach Pasargard warten, zähle ich 55 Euros ab (2.500.000 IR / 45.000 = 55.55€). Ali rechnet nach, setzt einen anderen Kurs an, und will weitere fünf Euro. Innerlich platzt mir der Kragen, und wir warten auf Mehdies Übersetzungskünste. Es ist zwar sicher nicht Alis Schuld, aber eine halbe Stunde später als vereinbart losgefahren, Route um einen Stopp gekürzt, und jetzt noch eine leidige Diskussion um Wechselkurse – ich sehe es nicht ein.
Dann unterhalte ich mich mit Mehdies über das Programm der nächsten beiden Tage – Pasargard, Persepolis und Shiraz. Sie schlägt vor, jetzt die 100km nach Shiraz zu fahren (Dienstag wäre Feiertag, und alles zu), abends wieder zurück nach Pasargard, Dienstag dann Pasargard und Persepolis. Total bescheuert. Ich dachte, heute wäre Pasargard angesagt, und dann morgen weiter auf der Strecke über Persepolis nach Shiraz. Sie zögert ein wenig, und lenkt dann ein. Als ich die ehemalige Metropole Pasargard, Unesco Weltkulturerbe, dann sehe, begreife ich das Problem. Hier gibt es das Grab von Cyrus dem Großen (Einfamilienhaus-groß, zehn Minuten, fünf Fotos), die Reste eines Palastes (fünf Säulen, zehn Minuten, zehn Fotos weil man ein wenig mit anderen Perspektiven bei den Säulen spielt) und ein Hügel mit den Grundmauern eines anderen Palastes (zwanzig Minuten, mit wohlwollend langsamen Erklimmen). Danach muss man Hobbyarchäologe sein, um hier glücklich zu werden, alles andere wurde vor 1400 Jahren von den bösen Arabern zerstört. Nur durch eine List der Perser wurde das Grab verschont – man erzählte den Arabern dass es das Grab von Solomons Mutter wäre, und das wollte sie nicht schänden. Noch fünf Stunden Tageslicht, und nix mehr zu sehen – ich rufe die Reiseagentur an, die ändert zügig meine Hotelreservierung von Pasargard auf Persepolis, und das Problem ist gelöst.
Auf dem Weg nach Persepolis halten wir noch an den Felsengräber einiger Könige in Naqsch-e Rostam mit dem ‚Würfel des Zarathustra‘ dessen Zweck allerdings nicht wirklich bekannt ist; und dann geht’s in das kurzfristig arrangierte Hotel, welches sich als etwas verlassene Feriensiedlung an einer Allee nach Persepolis entpuppt. Aber mei, der Bungalow ist sauber, und ich treffe einen Schweizer, der hier mit dem Motorrad unterwegs ist, mit dem schwätze ich ein wenig, aber er ist recht müde, und so mache ich einen ruhigen Abend in dem eher reizarmen Umfeld. Immerhin, kein FOMA. Der Begriff stammt von Caroline, und ist eine wichtige Triebfeder beim Reisen – fear of missing out. Wegen FOMA zieht man abends mit anderen Travellers durch Restaurants und Bars, obwohl man eigentlich mal wieder seine Ruhe haben will. Es schiebt einen auch noch in den nächsten Tempel, obwohl man schon ein wenig ‚templed out‘ ist. Häufig ist ja zu erwarten, dass man hier nie wieder hinkommen wird, und will ja nix verpassen.
Persepolis war eine Hauptstadt des antiken Perserreiches, was recht schlüssig erscheint; der Name stammt aus dem Griechischen und bedeutet eben ‚Stadt der Perser‘. Deutlich vor Christus erbaut, wurde sie weniger deutlich vor Christus von Alexander dem Großen zerstört, der damit der zukünftigen Tourismusindustrie einen Bärendienst erwies – nicht auszumalen wie toll das hier wäre, wenn noch alles intakt wäre. So sieht man reihenweise Fundamente, ein paar Säulen und viele Reliefs. Interessant ist auch die Rolle von Persepolis in der Zeit vor der iranischen Revolution – 1971 feierte der Schah (=König) das 2500-jährige Bestehen der Monarchie in Persien. Er hoffte so ein wenig seine eigene Herrschaft zu legitimieren, durchaus ein valides Anliegen für einen König, dessen Vater aus einfachsten Verhältnissen stammte. Er ließ vor den Ruinen eine luxuriöse Zeltstadt in einer Parklandschaft für die geladenen Staatsgäste errichten; auch diese Zeltstadt ist nur noch in Ruinen erhalten – in dem Park stehen dafür nun einige Pavillons, die Souvenirs an Touristen verkaufen. Wir verbringen einen langen Vormittag in Persepolis, und dann geht’s weiter nach in die Provinzhauptstadt Shiraz.
Shiraz kannte ich bislang hauptsächlich in Flaschen, und ich fand Shiraz immer gut. Offensichtlich hat die Stadt aber nicht wirklich viel mit der Rebsorte zu tun, schade eigentlich. Berühmt ist die Stadt wegen ihrer Gartenkultur, so zählt der Bāgh-e Eram Garten mit eingebautem Palast zu den großen Sehenswürdigkeiten. Auch die Zitadelle des Karim Khan in der Stadtmitte, und natürlich die Mausoleen der berühmten persischen Dichter, für je 150.000 Rial zu besichtigen.