Mein Hotel in Shiraz ist wieder von der historischen Variante, das Niayesh Boutique Hotel. Auch hier ein zentraler Innenhof mit Gastronomie, umgeben von diversen Zimmern. Offensichtlich hatten die reichen Händler, die diese Häuser gebaut haben, selten Backpacker als Gäste – die Navigation durch die engen Treppenhäuser ist mit Gepäck eher schwierig. Wer sich an den Blog mit der Toman-Falle erinnert, weiß seit über zwei Jahren, dass mich in diesem Hotel ein in Teheran gekaufter Teppich erwarten sollte – wahrscheinlich seid Ihr seit zwei Jahren gespannt, ob das geklappt hat (Spoiler: wer seitdem bei mir war, hat ihn schon im Wohnzimmer gesehen, irgendwie muss es also geklappt haben). Aber langsam, es soll ja spannend bleiben. Gespannt wie ein Flitzebogen frage ich bei meiner Ankunft an der Rezeption, ob etwas für mich geliefert wurde. Die Suche im Büro hinter der Rezeption dauert etwas zu lange – ein Teppich als Paket versteckt sich nun mal nicht unter anderen Papieren auf dem Schreibtisch. Eine längere Telefoniererei mit Amon bringt irgendwann die Lösung: der Spediteur traute dem Hotel nicht, wollte den Teppich nicht längere Zeit da rumliegen lassen, und hat deshalb gewartet, bis ich da sei. Tatsächlich wird der Teppich noch am gleichen Abend geliefert.
Jetzt ist mein letzter Tag, in Iran, auf Reisen. Wie verbringt man den angemessen? Wie jeden, hätte ich gedacht. Es gibt doch diesen Spruch: „Lebe jeden Tag als wäre es Dein letzter“ – würde ich heute was Besonderes machen, hätte ich ja die ganze Reise davor was falsch gemacht. Für heute ist kein Fremdenführer gebucht, also schlafe ich entspannt aus, und bummele dann ein wenig durch die Stadt. Der Vorteil am länger ausschlafen ist ja allgemein, dass die Zeit bis zum Mittagessen nicht zu lang wird. Von einem anderen Traveller in Yazd habe ich mir die Seiten über Shiraz aus deren Lonely Planet abfotografiert, da es sich nicht bewährt hat, auf gut Glück ein leckeres Restaurant zu suchen. Das Ferdowsi Café wird als sehr nett beschrieben, in angenehmer Entfernung in einer nicht so touristischen Ecke. Im Reiseführer steht etwas von modern, etwas alternativ, freundlich. Tatsächlich werde ich schon beim Reinkommen namentlich begrüßt. Die drei Polen aus Yazd reisen offensichtlich auch mit Lonely Planet, und winken mich zu Ihrem Tisch. Danach noch ein wenig über den Basar, ich schnuppere in eine Moschee aus dem Reiseführer und treffe dann einen freundlichen Iraner der mir noch eine andere Moschee empfiehlt; er zeigt sie mir gerne, da er sich freut mit Fremden in Kontakt zu kommen. Meine Kamera muss ich am Eingang abgeben, aber aus zivilem Ungehorsam fotografiere ich drinnen mit dem iPhone weiter – wie die ebenfalls ungehorsamen iranischen Touristen. Offensichtlich hat für Ali ben Spiegel für diese Moschee einiges gespendet – im Innenraum ein konzentrierter schiitischer Schrein mit viel Glas, poliertem Metall und eben Spiegel. Mein spontaner Begleiter hat zwar offensichtlich nicht Geschichte studiert, aber er erzählt einiges aus dem täglichen Leben. Irgendwann muss er ‚zur Schule‘ – ich bin mir nicht ganz sicher was er dort tut, aber scheinbar weder Lehrer noch Schüler. Bei der Verabschiedung bittet er noch um Trinkgeld, und hat auch recht genaue Vorstellungen, was er denn angemessen findet. Oh well.
Dann zurück in den Innenhof des Hotels, welches angenehm ruhig ist nach der staubigen, quirligen Stadt. Dort schreibe ich ein paar Zeilen Blog (nicht diese hier), genieße mehr Doogh und Granatapfelsaft, futter noch etwas Kebab, packe meine Tasche ein letztes Mal und versuche etwas zu dösen. Ich bin durchaus etwas aufgeregt – die Reise war toll, aber jetzt will ich heim. Vielleicht ist auch Doogh und Grantapfelsaft keine ideale Mischung im Magen – es grummelt. Mein Flieger geht um 03:45, und ich bestelle ein Taxi um 01:00 zum Hotel. Natürlich war das deutlich überpuffert – Zeit genug ein anderes Taxi zu finden falls es mit dem ersten nicht klappt, Puffer wegen Stau (klar, um 01:00 morgens), Entfernung zum Flughafen (bestimmt acht km, vielleicht sogar sieben), und so stehe ich kurz nach eins vor dem Shahid Dastgheyb International Airport. Vor dem International Terminal ist ein kleiner Park indem ich rastlos umherlaufe; ich versuche erfolglos, mich mit einer iranischen Katze anzufreunden; ich probiere es mit am Brunnen sitzen.
Ich sorge mich ein wenig um mein Gepäck, und wie streng Turkish Airlines es mit Übergewicht (das vom Gepäck, nicht meines) nimmt. Nachdem ich den größten Teil des Urlaubs recht diszipliniert war, ab und an sogar etwas weggeworfen hab oder per Paket nach Hause geschickt, und meine Tasche bei freundlichen 15-17kg gehalten habe, ist die Disziplin in den letzten Tagen etwas gewichen. Ein Metallteller aus Isfahan, 2 kg Tee (aus der Geschenktüte des Großhändlers), zwei Teppiche (der Gabbeh aus Teheran und ein Kelim aus Isfahan, zusammen ca. 11kg), eine in Singapur gekaufte lange Hose für den Iran – es läppert sich. Zwar erlaubt Turkish Air 30kg (steht jedenfalls so in der Buchungsbestätigung), aber vielleicht sind sie dann ja richtig streng. Außerdem habe ich keine Waage, so packe ich alles was geht in meinen Tagesrucksack. Natürlich habe ich mich umsonst gesorgt; am Check-In-Schalter ist die Waage defekt.
Mittlerweile ist ein Bus vorgefahren, die Reisegruppe entpuppt sich als Studiosus, „Iran – Impressionen“. Ich trolle mich ins Gebäude, werde durch gestrenge Blicke von Ayatollah Chomeini im Terminal begrüßt und aus dem Iran verabschiedet. Die Passkontrolle ist freundlich und unproblematisch, aber danach hält mich ein uniformierter Beamter auf. Er stellt mir alle möglichen Fragen zu meinem Aufenthalt, ich wittere einen Politoffizier der mich über Kontakte mit Landsleuten aushorchen will. Ich passe sorgfältig auf, niemanden mit einer unbedachten Aussage zu denunzieren, und lobe das Land wo ich kann. Das freut ihn aufrichtig, er verabschiedet sich mit einem breiten Lächeln. Rückblickend war ihm wahrscheinlich einfach langweilig und er wollte plaudern, oder er hatte einen Auftrag vom Tourismus-Ministerium und sollte Feedback einholen. Die Minuten bis zum Abflug ziehen sich hin, und der Flughafen ist jetzt auch nicht wirklich aufregend. Endlich geht es weiter, der Bus steht am Gate und fährt uns zu einem Airbus der Turkish Air. Kurz nachdem die meisten Frauen an Bord des Flugzeugs sind, ist das Kopftuch verschwunden – gerade bei den Iranerinnen.
Das Flugzeug fliegt furchtbar langsam in Richtung Istanbul, auch die fünfeinhalb Stunden Aufenthalt in Istanbuls Atatürk Flughafen sind zäh, und dann noch ein ewig langer zweistündiger Flug nach München. Das Gepäckband ärgert mich und behält meine Tasche absichtlich lange, und dann muss ich auch noch den preiswerteren meiner beiden Teppiche verzollen. Überraschenderweise warten meine Eltern am Ausgang. Den Rest des Tages habe ich schon deutsch-diszipliniert durchgetaktet – das verliehene Auto hat Gerri meinen Eltern gebracht, und um 17:00 bekomme ich meine Wohnung von meinen Indern zurück.
Da bin ich wieder.