„Sailing Vessel Seestern, this is Olbia Pilot“

Uiiii – das erste Mal, dass uns irgendjemand per Funke anspricht. Ganz korrekt und wie sich’s gehört. Wir sind gespannt, und antworten entsprechend. Wir werden darauf aufmerksam gemacht, dass hinter uns ein Frachtschiff in den Hafen von Olbia unterwegs ist, und… Alles verstehen wir nicht, aber wir bestätigen, dass wir den Frachter sehen, und sowieso vorhatten, erst hinter ihm in den Hafen einzulaufen. Wir reduzieren erst etwas die Geschwindigkeit, machen dann aber noch ein Kringel in dem Bereich, wo der Frachter definitiv nicht hin kann. Der Lotse ist offensichtlich glücklich, bittet uns „stand by on Channel 11“, was wir auch die nächsten drei Stunden machen. Allerdings liegen wir zu dem Zeitpunkt schon einige Zeit an der alten Hafenmole von Olbia. Wir sammeln in Olbia Tatjana ein, eine gute Freundin von PKF. Hätte ich zu Beginn unseres Sabbaticals Geld setzen müssen, auf die wahrscheinlichsten Gäste während der Zeit, wäre Tatjana nicht an der ersten Stelle gewesen – da waren immer ‚disclaimer‘ wegen möglichen Unverträglichkeiten mit schaukelnden Schiffen. Heute – zwei Tage später – fresse ich Kreide. Tatjana steuert bei 25 Knoten (starker Wind) am Wind die Seestern durch den Golf von Olbia. Gut, die potenziell eingreifende Hand sitzt hinter ihr, aber kann eigentlich nur ab und zu beruhigend wirken: Ja, der Wind ist wirklich beschissen böig und dreht ständig. Auch ich gebe danach keine bessere Figur ab, als ich es selber versuche.

Aber wie üblich bei meinen Blogs: wir fangen im kurz vergangenen heute an, machen dann die Rückblende, wie wir hierher kamen, und (da bis dahin meist etwas Zeit vergangen ist) schildere ich, wo wir jetzt gerade sind.

Wir haben also in Arbatax noch etwas frische Brot gekauft, ein paar Elektrogeräte, das Auto zurückgegeben, getankt, und uns dann auf den Weg nach Norden gemacht. Die Küste ist hier reizvoll, besonders, wenn man einsame Strände in unzugänglichen Bereichen mag, die mit lauter gleich-denkenden Individualisten gefüllt sind. Da es schon deutlich Nachsaison ist, halten sich die Massen in Grenzen, aber im Sommer muss es hier grausam sein. Wir machen etwas „drive-by sightseeing“, und fahren weiter nach Norden. Als Tagesziel haben wir La Caletta ausgemacht, einem Hafen, der bei der Aufteilung der Konzessionen für den Hauptpier das Kopfende vergessen hat. Wir legen in Dunkeln dort an, letztendlich erfolgreich, aber nicht wirklich so wie geplant. Anfangs dachten wir noch, dass uns jemand am Steg hilft, am Ende müssen wir den Plan revidieren, und Frank muss an Land springen. Es hat kaum Wind, deswegen hat am Ende alles geklappt, aber das wäre auch besser gegangen. Wir suchen die Pizzeria aus dem Revierführer auf – „sorry, chiuso“ – aber das fünfte Lokal von Google-Maps hat tatsächlich auf. Als original sardische Spezialität bekommen wir hier eine Pasta-Heizerpfanne aufgetischt. Die speziellen sardischen Gnochetti (die ein wenig aussehen wie Insektenleiber), mit einer Tomatensauce mit unterschiedlichen Fleischstücken – das perfekte Resteessen. Natürlich wurde im Ristorante alles „fatto al mano“, also speziell haus- und handgemacht, aber … egal. Am nächsten Morgen legen wir mit der aufgehenden Sonne ab – leider konnte noch niemand für den Liegeplatz kassieren kommen. Wir segeln weiter nach Norden, nach Porto Taverna – ein Liegeplatznamen nach meinem Geschmack – auch wenn wir keine Taverne besuchen.

Am gleichen Mittwoch ist Tatjana gelandet, wollte erstmal ins Hotel – ist ja auch nix, nachts um 22:00 auf ein unbekanntes Segelboot zu kommen – deshalb fahren wir erst Donnerstagmorgen ab sieben in den Hafen von Olbia. Die offizielle Marina hat 82 Euro für die Nacht aufgerufen; hust, hust – spinnt Ihr? Nebensaison, letztendlich im Industriehafen – wir versuchen die alte Mole an der Altstadt. Der Revierführer warnt davor, dass einen die Hafenbehörden da öfters wegschicken, aber das passiert uns tatsächlich nicht. Dafür ist die Anfahrt hässlich; ein Regenschauer, und 30 Knoten Wind von vorne. Brillenschlange Chris hat hier ein kleines Handicap.

Tatjana ist ‚a sight for sore eyes‘; es tut unglaublich gut, wieder Freunde(*innen) aus München zu sehen, anyway, ich freu mich einfach. Neben der rein persönlichen Freude – Tatjana ist bepackt mit lauter Goodies (Noch schnell im Versandhandel bestellt, als der Plan klar wurde) an Bastel-Equipment fürs Boot, und mit einem neuen Mobiltelefon für Frank. Zu oft wurde in den letzten Tagen über das unzulängliche Betriebssystem des alten Telefons geschimpft (Frank normales Mobiltelefon fiel leider einem Wasserschaden in Malta zum Opfer – war doch nicht wasserdicht wie gedacht. Ich bin mir durchaus bewusst, dass einige der Beiträge hier (in Nics Worten) nicht unbedingt dazu geeignet sind, neue Mitsegler zu gewinnen (Tatjana behauptet zwar, den Blog zu lesen, aber hat sie „puh! – rev1“ nicht abgeschreckt?), deswegen hier eine andere Darstellung: Nördlich von Olbia ist der Archipel de la Maddalena, ein absoluter Tourismusmagnet, zumindest in der Saison – aber da hier für morgen etwas viel Wind angesagt ist, fahren wir gästefreundlic nach Süden. Es gibt eine komplette Sicherheitsanweisung – hat sich Tatjana alles gemerkt? – und eine Rettungsweste. Potenziell empfindliche Reisende stellt man schnell ans Steuer – wenn man’s nicht gewohnt ist, ist auch geradeausfahren bei Wind und Welle eine Herausforderung, und wenn man sich dieser stellt, vergisst man auch, dass einem vielleicht schlecht werden könnte. Abends ankern wir dann in Porto Brandinghi; Highlight hier ist als das Nachbarboot mit ihrem Beiboot vorbeikommt, um sich etwas Olivenöl für ihre Pfanne auszuleihen. Der Wind lässt nach, und trotz hässlichen Wetters im Laufe des Tages sitzen wir bis spät an Deck und trinken Wein.

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