Der Kraken greift an.

Wahrscheinlich möchte sich Karl rächen, rächen für seine ganzen Artgenossen, die von uns schon verspeist wurden. Todesmutig nimmt er Anlauf, und wirf sich der SEESTERN entgegen. Leider leidet Karl an totaler Selbstüberschätzung, denn Karl ist ein ca. 5cm langer Kalamari. Was aber wirklich beeindruckend ist, ist wie hoch Karl springen kann. Das kleine Fensterchen unserer Sprayhood ist wahrscheinlich ungefähr 2 Meter über der Wasseroberfläche, und auch noch in der Mitte des ca. 4m breiten Schiffs. Jedenfalls landet Karl dort mit einem deutlichen Flatsch. Er merkt wohl schnell, dass das nix für ihn ist, und macht sich in die Hose (hätte er eine an – so verteilt er etwas Sepia-Tinte auf dem Fenster). Wir fotografieren ihn, und werfen ihn wieder ins Wasser. Wachse noch etwas, Karl, dann sprechen wir weiter.

Wir sind an der Südküste Maltas unterwegs. Es hat genug Wind, und wenig Welle, so kreuzen wir Richtung Nordwesten. Hinter uns liegt ein Tag in Valletta, und ein Segeltag an die Südostspitze von Malta. Die Marina di Valletta, die unser Schiff beherbergt, haben wir hauptsächlich wegen der Lage gewählt, direkt unterhalb der beeindruckenden Altstadt von Valletta. Das ist aber tatsächlich das beste an der Lage. Wir machen uns am Morgen auf die Suche nach einem Kaffee und einem Croissant. Tatsächlich sind wir an zwei anderen Marinas im Naturhafen von Marsamxett vorbei, bevor wir endlich einen entsprechenden Laden finden. Ob’s an der Nachsaison liegt, oder an Corona (oder beidem), sehr viele Läden haben zu. Wir probieren den öffentlichen Bus aus, 2 Euro für jeden in die Altstadt. Frank war vor ein paar Jahren schon hier, deshalb muss ich mehr besichtigen. Aber vielleicht erst einmal ein Bier im Queen Victoria Pub? Ja klar, es ist Dienstag, und wir haben Urlaub. Ich suche dann das Fort St. Elmo auf. Ein Schicksalsfort für die Insel. Von den Rittern der Maltesern nach langer Belagerung durch die Osmanen im Jahr 1565 verloren, ist es nun eine Gedenkstätte und Museum. Die Schlacht war für die Osmanen allerdings sehr verlustreich, und es gab weitere Forts der Malteser. Sinngemäß wird der osmanische Führer im Museum zitiert: „Allah, wenn der Preis für den Sohn so hoch ist, wie hoch wird dann der Preis für den Vater sein?“ Seit dem Abend zuvor hat sich die Stadt beruhigt, sie schwankt nicht mehr so sehr. Als ich fertig bin, treffen wir uns wieder auf ein Getränk mit Blick über die Stadt. Schnell noch einen Markt suchen, wir haben uns zwar in Sizilien mit wirklich guten Weinen eingedeckt, aber so mal schnell was als Absacker für den Abend fehlt uns. Nach dem Essen noch einen der seltenen Convenience-Stores geplündert, und wir haben auch wieder Anleger-Biere.
Am Tag darauf fahren wir an die Ostseite der Insel. Hier soll es ein paar sehr schnuckelige Buchten haben, und mit Marsaxlokk auch ein „arabisch geprägtes Fischerdorf“. Wir finden die Buchten, sie sind schnukelig, aber auch nur vom Meer aus zu erreichen. Das ist natürlich ein großer Bringer beim Segeln – keine lästigen Landeier. Im Umkehrschluss bedeutet es aber auch, dass man von dort aus abends nicht in das nächste Dorf laufen kann. Frank erkundet schwimmend die Bucht, ich passe auf’s Schiff auf. Leider steht auch etwas Dünung in die Bucht, also Wellen von vergangenem Wetter. Es wäre eine unruhige Nacht, mit ordentlich Geschaukel. Vielleicht doch lieber in den Hafen von Marsaxlokk? Gesagt, getan. Leider ist auf der Seite des arabisch geprägten Fischerdorfs kein Platz mehr in der Bucht, deshalb wählen wir die andere Seite, Birzebbuga. Hier schnappen wir uns eine verlassene Boje und liegen sicher. Direkt hinter dem Schiff ist der Malta Freeport. Ich gebe gerne zu: nicht wahnsinnig romantisch, aber wir sind nun mal zwei technikinteressierte Segler. Wie ein kleiner Junge am Fenster, wenn nebenan eine Baustelle ist, sitzen wir in der Pflicht, und schauen dem Betrieb zu. Es liegen mehrere größere Containerschiffe im Hafen und die Containerbrücken laufen auf Hochtouren. Das größte ist die APL CHANGI, knapp vierhundert Meter lang. Offensichtlich ist sie aus LeHavre gekommen, und sie teilt sich den Hafen mit der Monte Allegre der Reederei Hamburg Süd und CMA CGM Nerval. Gegen 23:00 legt die Monte Allegre ab, eine größere Aktion mit zwei Schleppern. Interessant, das mal so zu beobachten. Die Schlepper, die sie von der Kaimauer bugsieren nehmen dann gleich den neuen Ankömmling in Empfang, und schieben die CMA CGM Leo an die Hafenmauer. Ich könnte Stundenlang zusehen, aber langsam werde ich müde. Am Morgen ist die APL Changi weg, aber die MSC Jeongmin wird gerade an ihrem ehemaligen Platz festgemacht. Witzig: Birzebbuga wird als ‚Resort-Town‘ angepriesen. Erholung für Schiffs-Spotter vielleicht, aber der Blick auf den Containerhafen ist vielleicht nicht für jedermann. Wir legen ab und fahren an der blauen Grotte vorbei – diese wäre wohl mit einem kleinen Boot beeindruckender, mit der SEESTERN trauen wir uns nicht in die Höhle, und auf Dinghi zu Wasser lassen haben wir keine Lust. Also fahren wir weiter, zu unseren schicksalshaften Begegung mit Karl.
Wir wollen eigentlich noch an ein paar bekannten Badebuchten im Westen von Malta vorbeischauen, aber diese sind sehr touristisch. Am Strand lauter Landratten, und im Wasser einige Quallen. Haben wir das nötig? Nein. Wir fahren weiter zu unserem Tagesziel – die Bucht Dwejra an der Südwestspitze von Gozo. Fast kreisförmig mit 300 Metern Durchmesser ist sie in die Klippen eingefressen, Klippen die fast die gesamte Südküste der Insel uns beide zu dem Adjektiv ‚abweisend‘ verleiten. Am Ausgang der Bucht steht ein großer Felsen, „Fungus Rock“ wegen der seltenen dort wachsenden Flechten genannt. Wir sind also fast komplett von Felsen umgeben. Erstaunlicherweise: Mobilfunk klappt noch immer, auch wenn wir hier kein einziges Licht sehen. Wir Ankern dreist genau in der Mitte der Bucht, gehen noch etwas schwimmen, und dann gibt’s Abendessen.
Mal sehen, ob es klappt, ein paar Fotos mit hochzuladen.

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